Kahlschlag im Naturschutzgebiet: Wann ermittelt der Staatsanwalt?

Die Klage von Peter Wohlleben gegen den Kahlschlag im Wald auf der Montabaurer Höhe wurde abgelehnt, weil die Staatsanwaltschaft nicht davon überzeugt werden konnte, dass das Naturschutzgebiet wirklich beschädigt worden war: es fehlten „zureichende konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Schädigungen“1Strafanzeige gegen [geschwärzt] wegen der Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete. Das folgende Foto aus dem Nationalpark Harz wäre für einen Staatsanwalt vermutlich bestenfalls ein Anhaltspunkt für die „bloße Beeinträchtigung“ eines Lebensraums, aber keinesfalls für eine „erhebliche Schädigung“

Beeinträchtigung, nicht Schädigung

Wie aber beweist man „eine erhebliche Schädigung“? Ich habe dazu einen fiktiven Dialog zwischen einem Staatsanwalt und einem Zeugen geschrieben. Der Dialog ist selbstverständlich frei erfunden. Ähnlichkeiten mit der Wirklichkeit sind natürlich in keiner Weise beabsichtigt.

Lesen Sie hier: Wie weist man die Schädigung eines Lebensraums nach?

Abgelehnte Klage: Peter Wohlleben in heikler Sackgasse

Die Klage von Peter Wohlleben gegen den Kahlschlag auf der Montabaurer Höhe wurde abgelehnt. Aber Wohlleben will „dran bleiben und nicht locker lassen“. Das sagt er in einem 2-minütigen Video auf X im Februar 2022:

Ich analysiere das Video ausführlich und behaupte, dass Wohlleben in einer Sackgasse steckt. Die von ihm im Video angekündigten Wege führen alle in eine Sackgasse. Sein Antrag nach dem Umweltinformationsgesetz bringt nichts. Und auch von der EU-Kommission hat er eine Abfuhr bekommen.

Lesen Sie hier: Abgelehnte Klage – Peter Wohlleben in heikler Sackgasse.

Kein Erfolg für Peter Wohlleben

Fast täglich fahre ich an dem Kahlschlag im FFH-Gebiet gegenüber dem Bahnhof von Porta Westfalica vorbei. Ich habe mit meinem Protest leider keinen Erfolg gehabt. Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen!

Peter Wohlleben

Beim Aufstehen kann es helfen, davon zu hören, dass auch andere hinfallen. Peter Wohlleben und Prof. Pierre Ibisch zum Beispiel. Mit ihrer Strafanzeige gegen ein Forstamt wegen eines Kahlschlags sind sie gescheitert. Böse Zungen behaupten, sie seien krachend gescheitert. Denn die Staatsanwaltschaft hat ihre Klage abgewiesen.

Lesen Sie hier den ersten Teil meines neuen Artikels: Umstrittene Klage von Peter Wohlleben und Pierre Ibisch gescheitert.

4K-Video zur Stellungnahme des Umweltministeriums

Zur Verkehrssicherungsmaßnahme im FFH-Gebiet Porta Westfalica wurden viele Briefe geschrieben. Der längste und auch differenzierteste Brief kam vom Umweltministerium in Person von Dr. Luwe. Ich halte seinen Brief für typisch und könnte mir vorstellen, dass immer dann, wenn Bürger sich über – in ihren Augen skandalöse – Maßnahmen im Wald beim Umweltministerium beschweren, sie ähnliche Antwortschreiben erhalten: freundlich, verständnisvoll, objektiv, abwägend, seriös, fachmännisch.

Ich bin nicht enttäuscht über die Antwort von Dr. Luwe. Mehr kann und mehr darf man von einem Beamten in einer Spitzenposition des Umweltministeriums nicht erwarten. Es ist vielleicht sogar möglich, dass Dr. Luwe privat zu vorgerückter Stunde bei einem Glas Bier zugestehen würde, dass die Maßnahme in Porta ein ganz kleines bisschen speziell war. Vielleicht. Weil ich also den Brief für absolut typisch und hoch signifikant halte, habe ich ihn vertont und mit aktuellen Filmaufnahmen bebildert. Dass ich manchmal vielleicht ein bisschen zu pädagogisch, zu ironisch und zu sarkastisch geworden bin, möge man mir verzeihen. Wem angesichts dieser Bilder nicht das Herz blutet, der hat keines.

Das letzte Wort zur Verkehrssicherung in Porta Westfalica

Zur Verkehrssicherung im FFH-Gebiet bei Porta Westfalica sind viele Worte gewechselt worden. Das letzte Wort hat die Forstbehörde in Düsseldorf, genauer gesagt das Referat III.3 Forsthoheit, Planung und Waldnaturschutz im Landwirtschaftsministerium (MLV). Das letzte Wort hat Ministerialrat (MR) Herr Hueck.

Der in meinen Augen entscheidende Abschnitt lautet:

„Ein Abrutschen von umgestürzten Bäumen oder abgebrochenen Baumteilen in Hangbereichen über eine Distanz größer 30 m hangabwärts wird in Einzelfällen als realistisches Szenario eingeschätzt. […] Aus forstbehördlicher Sicht sehe ich keinen Anlass, die Maßnahme vor Ort zu prüfen.“

Sie finden die Stellungnahme von MR Hueck hier.

Zur Vorgeschichte des Kahlschlags im FFH-Gebiet – die Waldkontrolle April 2020

Zu dem Kahlschlag im FFH-Gebiet „Wälder von Porta Westfalica“ habe ich bislang zwei wichtige und aufschlussreiche Dokumente veröffentlich:

Nun kommt ein drittes Dokument hinzu:

Von diesem Dokument hatte ich mir Hinweise auf die Vorgeschichte des Kahlschlags erhofft. Denn die „erheblichen Schäden an Buchen und Eschen im gesamten Bestand unterhalb der Pinselburg“1Stellungnahme der Bürgermeisterin konnten ja nicht plötzlich und unerwartet entstanden sein. Ein Baum wird nicht über Nacht zu einer „Megagefahr“2Landesbetrieb Wald-und-Holz NRW, FAQ – Verkehrssicherung bei Waldbäumen, S. 2. Zumindest einzelne Bäume mit „Anzeichen auf Defektsymptome“3a. a. O., S. 3 hätten auch schon im Jahr 2020 auffallen müssen.

Nach langem Hin und Her hielt ich endlich das vom damaligen Umweltschutzbeauftragten Dr. von Lochow verfasste Dokument in den Händen. Ich überflog es kurz und legte es dann mit spitzen Fingern zu den Akten. Nein, damit würde ich mich nicht beschäftigen! Ich würde es auch nicht veröffentlichen. Nicht so etwas! Es hat drei Monate gedauert, bis ich mich umentschieden habe.

Lesen Sie hier meinen neuen Artikel: Kritische Auswertung der dokumentierten Waldkontrolle

Stellungnahme des Umweltministeriums NRW zum Kahlschlag im FFH-Gebiet

„Das alles klingt bitter und ist bitter.“
Wolf Jobst Siedler1Tagesspiegel im Oktober 1961, zit. n. Wir waren noch einmal davongekommen – Erinnerungen, München 2004, S. 247

Anfang Februar d. J. hatte ich das Umweltministerium NRW um eine Stellungnahme zum Kahlschlag im FFH-Gebiet „Wälder bei Porta Westfalica“ gebeten: Brief an MR Dr. Kiel, Leiter des Referats III-3 im Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW. Die Antwort habe ich Ende April erhalten:

Umweltministerium_Verkehrssicherung_FFH-Gebiet

 

 

„Kern-Gefährdungsfläche“ im FFH-Gebiet Porta Westfalica

Aktuelle Fotos von der sogenannten „Kern-Gefährdungsfläche“ 5 Monate nach der „vollständig abgeschlossenen Maßnahme“ im November 2023:

Offenbar sind nur stehende Bäume eine „Gefahr“ für die Bundesstraße am Fuß des „extremen Steilhangs“. Sind die Bäume dagegen gefällt, ist der Verkehr „sicher“ und die Lage nicht mehr „dringlich“. Nur ein liegender Baum ist ein sicherer Baum. Weiterlesen

Der sogenannte „Dominoeffekt“

Dass man 30 m links und rechts einer Bundesstraße bruchgefährdete Bäume fällen muss, bestreitet niemand. Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht darum, dass Bürgermeisterin Grotejohann auch jenseits dieser „Kern-Gefährdungsfläche“ alle Bäume hat fällen lassen – in einer Entfernung von bis zu 100 m von der Straße entfernt. Bürgermeisterin Grotejohann begründet diesen Kahlhieb so:1siehe Antwort von Bürgermeisterin Anke Grotjohann

„Deshalb wurden im Hinblick auf die am Fuß des Jakobsbergs verlaufenden Bundesstraße auch oberhalb der Kern-Gefährdungsfläche Fällungen durchgeführt. Um einem sogenannten Dominoeffekt vorzubeugen, hat man hier den Sicherheitsbereich erweitert.“

Die 12 Fotos dieses Beitrags zeigen jeweils Baumstämme „oberhalb der Kern-Gefährdungsfläche“. Sie liegen dort seit November 2023. Trotz Stürmen. Trotz Dauerregen. Sie sind nicht auf die Straße gerollt. Weiterlesen

Keine Nachricht von Roland Schockemöhle (Regionalforstamt Hochstift)

Roland Schockemöhle muss meinen Brief bekommen haben. Laut Sendungsverfolgung der Deutschen Post wurde mein Einschreiben am 7.2.2024 zugestellt. Aber der Leiter des Regionalforstamts Hochstift hat auch nach 2 Monaten nicht geantwortet. Ganz überraschend ist das freilich nicht. Ich hatte bereits Anfang November letzten Jahres, als der Kahlschlag im FFH-Gebiet begann, versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Ich ging damals noch davon aus, dass sein Regionalforstamt zuständig wäre. Mehrmals rief ich an und landete immer bei seiner Sekretärin. Die mich immer abwimmelte: „nicht im Haus“, „in einer Besprechung“, „ruft zurück“. Mit Herrn Büscher vom Forstbetriebsbezirk Porta Westfalica genau dieselbe Erfahrung. Telefonisch nicht erreichbar. E-Mails werden nicht beantwortet.

Die Behauptung, die Bürgermeisterin Frau Anke Grotjohann über Schockemöhle und sein Forstamt macht, steht im Raum: Es hat zugestimmt. Oder was soll „Handlungsbedarf bestätigt“ anderes bedeuten? Weiterlesen