Das Fiasko der Auenwald-Renaturierung

Einleitung

Ein zentrales Ziel des LIFE-Projekts “Lebendige Bäche in der Eifel” war es, “Auwälder zu entwickeln” (Poster Fichtenforste). Zu diesem Zweck wurde eine unglaublich große Fläche von Fichtenwäldern kahlgeschlagen: 92 ha, was sage-und-schreibe 121 Fußballfeldern entspricht (Life-Maßnahmen). Davon wurden nur 19,4 ha “initial” aufgeforstet. Weitere 29,1 ha wurden in “Grünland” umgewandelt, indem man mit einem tonnenschweren Forstmulcher kreuz und quer über den empfindlichen Auenboden bretterte. Und die restlichen 43,5 ha hat man einfach den Rehen überlassen. Ein schlechtes Gewissen wegen der Kahlschläge hat man nicht. Im Gegenteil: Auf dieses Bubenstück scheint man stolz zu sein und präsentiert fröhlich Fotos von Harvestern. Auch zu diesen bodenzerstörenden Monstern hat man ein ganz entspanntes Verhältnis.

zerstörter Wildschutzzaun am oberen Fuhrtsbachtal

 

Argumente der Projektträger

Die Argumente gegen die Fichte sind folgende:

1.
Die Fichte ist “nicht heimisch” in der Eifel. Sie ist “standortfremd”. Fichtenforste sind “naturfern”. Das stimmt zweifelsohne. Die Aufforstung mit standortfremden und naturfernen Bäumen hat in der deutschen Forstwirtschaft eine lange unheilvolle Tradtion: Ob Roteichen, Hybridpappeln, Douglasie oder jetzt – und das ist bitterer Ernst – Mammutbäume – die Forstpartie ersinnt immer neue Heilsbringer für den deutschen Wald.

Warum aber lassen sich die Biologischen Stationen Aachen und Euskirchen just von der Forstwirtschaft beraten, die die Fichten in der Eifel überhaupt erst angepflanzt hat? Warum glaubt man den Förstern vor Ort, dass große Kahlschläge mit Harvestern das Mittel der Wahl ist, um das Ziel der Auenwälder zu erreichen? Warum vertraut man den selbsternannten Naturschutzexperten der Forstämtern, dass Kahlschläge alternativlos seien? Experten, die sich durch den Anbau von Fichtenwäldern mit all ihren Problemen gründlich blamiert haben und die in der Eifel seit Jahrzehnten keinen Waldumbau hin zu Mischwäldern hinbekommen?

 

“Bachrenaturierung” am oberen Fuhrtsbachtal

2.
“So beschatten Fichtenforste ganzjährig den Bach.” (Laienbericht, S. 5) Durch die Kahlschläge wird die Situation der Bäche verschlimmbessert: Die Beschattung der Bäche durch Fichten im Sommer ist kein Problem – im Gegenteil: Unbeschattete Bäche heizen sich im Sommer stark auf und das mögen Groppe, Bachneunauge und Flussperlmuschel überhaupt nicht. Im Winter allerdings verhindern die ganzjährig begrünten Fichten, dass die Bäche durch die Sonne erwärmt werden können. Die Bäche werden zu kalt.

Durch die Kahlschläge werden die Bäche aber leider nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer total freigestellt, sodass nirgendwo Schatten ist. Es passiert genau das, was man eigentlich verhindern will: “In zu offenen, länger unbeschatteten Gewässerabschnitten wird in den Sommermonaten das Wasser unnatürlich erwärmt.” (Laienbericht, S. 6) Und das für Jahrzehnte – denn die mickrigen Bäumchen, die stellenweise angepflanzt werden, spenden eben eines nicht: Schatten. “Salamander und Co sind damit vom Regen in die Traufe gekommen” (Peter Wohlleben, Naturschutz ohne Natur, S. 67 f.).

“Bachrenaturierung” am oberen Fuhrtsbachtal

3.
“Die Fichtennadeln können das lebenswichtige Laub als Nahrungsgrundlage für viele  Bachbewohner nicht ersetzen.” Richtig, nur – das Rohrglanzglas, was nun auf den Kahlschlägen wuchert, kann das auch nicht. Wo bleiben die versprochenen Auenwälder, die das Laub liefern? Es stimmt einfach nicht: “Fichtenforste wurden in naturnahe Wälder … umgewandelt.” (Laienbericht, S. 1) Die Wahrheit ist: Auf riesigen Kahlschlagsflächen macht sich Röhricht breit und die künstlich angepflanzten Buchen werden gnadenlos von Rehen verbissen. Die fachmännische Wiederaufforstung von Kahlschlägen ist sündhaft teuer, arbeitsintensiv und mit einer Fülle von Problemen behaftet: Vergrasung, Verkrautung, Fehler bei der Pflanzung, Frostschäden, Mäuse, Kaninchen, Rehe. Das hätte man wissen können. Kilometerlang sind jetzt die Bachufer, wo nur ein paar kümmerliche Erlen wachsen. Derartige Misserfolge aber werden in den Hochglanzbroschüren und Werbefilmen natürlich nicht gezeigt.

“Bachrenaturierung” am oberen Fuhrtsbachtal

4.
“Insgesamt können sich auf  65 ha wieder natürliche Wälder, Brachen und  Hochstaudenfluren entwickeln.” Brachen und Hochstaudenfluren? Erst schafft man durch Kahlschlag Mondlandschaften und dann etikettiert man diese flux zu Brachen um. Und statt von Schlagflur spricht man von Hochstaudenflur und freut sich über das neue Nahrungshabitat für Schmetterlinge. Dumm nur: “Laubgehölze siedeln sich in einer solch
dichten Vegetation allerdings nur zögernd  an.” (Flyer Rurroute, S. 1, Station 5) Aber wie “natürlich” sind dann die Wälder, wenn man “Schwarzerlen, Eschen und  Berg-Ahorn als ‘Start-Hilfe’ ” (ebd.) künstlich aus Baumschulen anpflanzen muss? Wie viele “Start-Hilfen” braucht man eigentlich noch? Erst Kahlschläge, dann “Beseitigung” (Poster Fichtenforste) von Jungfichten, dann Anpflanzungen? Wie viele Jahrzehnte wird es noch dauern, bis auf den durch die Kahlschläge zerstörten Flächen Auenwälder wachsen? Und wenn es sowieso noch Jahrzehnte dauert, wieso dann diese Hektik mit den Kahlschlägen? Wieso läßt man nicht Borkenkäfer und Stürme die “Entfichtung” bewerkstelligen. Das wäre nicht nur billiger, sondern auch schonender für Boden und Bach.

 

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