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„Es ziemt dem Untertanen […] nicht, die Handlungen des Staatsoberhauptes an den Maßstab seiner beschränkten Einsicht anzulegen und sich in dünkelhaftem Übermute ein öffentliches Urteil über die Rechtmäßigkeit derselben anzumaßen.“
Gustav von Rochow (1792 – 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister
Einleitung
2021 reichen Peter Wohlleben und Prof. Dr. Ibisch Klage bei der Staatsanwaltschaft Koblenz ein: Strafanzeige wegen des Verdachts der wiederholten Gefährdung eines schutzbedürftigen Gebiets gemäß § 329 Abs. 4 StGB (Natura-2000-Gebiet „Montabaurer Höhe“ in Rheinland-Pfalz.1siehe auch Wald und Wildnis – Downloads, § 329 StGB siehe hier, Natura-2000-Gebiet „Montabaurer Höhe“ siehe hier
Westerwälder Zeitung vom 18.11.2021
Im Zentrum steht das Forstamt Neuhäusel in Rheinland-Pfalz. Wohlleben und Ibisch klagen nicht nur gegen dessen Leiter. Auch gegen alle seine verantwortlichen Mitarbeiter klagen sie. Und gegen alle Verantwortlichen in der Zentralstelle der Forstverwaltung. Und gegen alle Verantwortlichen im Umweltministerium. Zuvor schon haben beide eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Sie lassen wirklich niemanden aus: Forstamt, Forstverwaltung, Ministerium, EU-Kommission.2siehe auch Wohlleben stellt Strafanzeige, Holzkurier vom 25.11.2021 und Peter Wohlleben stellt Strafanzeige, Forstpraxis vom 24.11.2021 und War Fällung toter Fichten auf Montabaurer Höhe illegal? Promi-Förster Peter Wohlleben erstattet Anzeige, Westerwälder Zeitung vom 18.11.2021
Gliederung
Der Artikel ist gegliedert in folgende Kapitel:
- Der Inhalt der Klage
- Die Ablehnung der Klage
- Wohllebens Wald und Wildnis
- Abgelehnte Klage – Peter Wohlleben in heikler Sackgasse
- Schluss – Am Ende des Tunnels kein Licht
Der Inhalt der Klage
Formuliert wird die Strafanzeige von Rechtsanwältin Dr. Cornelia Ziehm. Es geht um einen großen Kahlschlag in Montabaur. Daran ist 2021 eigentlich nichts ungewöhnliches, denn es sind Borkenkäferfichten, die abgeholzt worden sind. Schlimm muss es ausgesehen haben. Schlimm. Und doch: Riesige Kahlhiebe wie den in Montabaur gibt es 2021 hunderte in Deutschland. Auch dass das Abholzen in einem FFH-Gebiet – also einem Naturschutzgebiet der EU – stattgefunden hat, ist nicht weiter ungewöhnlich. Denn ob Stadtwald, Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet oder Nationalpark – wenn es um den Käfer geht, ist praktisch alles erlaubt.3siehe meine Artikelserien zur Borkenkäferbekämpfung in Nationalparks: Ödland und Ultraviolence Trotzdem: Für Wohlleben und Ibisch ist eine rote Linie überschritten worden.
Fasst man es mit einfachen Worten zusammen, so klagen sie gegen die Beschädigung von Lebensräumen. Einige seien nicht nur beschädigt, sondern sogar komplett zerstört worden. Das böse Wort „Vernichtung“ fällt. Schuld sei die „großflächige Räumung mit schwerem Gerät“. Die Liste der Schäden ist lang:
- Bodenverdichtungen,
- metertiefe Furchen und Gräben,
- neue Monokulturen mit nicht heimischen Baumarten (Douglasien),
- chemische Behandlung der neu gepflanzten Bäume,
- Verluste von Humus und Nährstoffen,
- Zerstörung von Borstgrasrasen,
- Erhöhung der Oberflächentemperaturen,
- Erhöhung der Verdunstung und
- Schädigung des Buchenwalds.
Es versteht sich von selbst, dass die Schäden immer „großflächig“ sind oder „erheblich“ oder „massiv“ oder sogar „vollständig“. Dabei wären sie zu vermeiden gewesen. Unvermeidlich waren sie nicht. Es gab mindestens eine Alternative:
„Durch das Belassen von Totholz bzw. absterbenden Bäumen wäre es möglich gewesen, den Boden vor übermäßiger Erwärmung und Verdunstung zu schützen […].“
Dann wären auch die vielen „besonders geschützten Arten“ nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Auch deren Liste ist lang:
- Bechsteinfledermaus,
- Großes Mausohr,
- Raufußkauz,
- Schwarzspecht,
- Sperlingskauz,
- Eisvogel.
Die Frau Rechtsanwältin hat sich wirklich viel Mühe gegeben. Sie hat alles versucht und alle schweren Geschütze aufgefahren. Denn sie beklagt nicht nur die „erhebliche(n) Schädigungen bzw. Zerstörungen“ durch die „großflächige(n) Räumungen mit schwerem Gerät“. Sie hat noch einen weiteren Pfeil im Köcher: Sie wirft Forstamt und Forstaufsicht auch Pflichtverletzungen vor: „Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“. Und zwar „bewusst“ und „vorsätzlich“. Denn es fehlen „FFH-Verträglichkeitsprüfungen“. Die aber hätten unbedingt erfolgen müssen – und zwar vor den Hieben. Sind sie aber nicht: „explizit nicht“.
Zum Schluss der Strafanzeige ist viel die Rede von Forsteinrichtungen, Forstbetriebsplänen, Anhängen, Projekten, FFH-Recht und FFH-Schutzregime. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich! Denn Fachmann und Laie werden förmlich überschüttet mit Urteilen, Vorschriften, Paragraphen, Richtlinien und Zielen. Mit EuGH, ECLI, BWaldG, BVerwG, BNatSchG, StGB, ABI, EU, NuR, EWG und OVG. Doch es lohnt nicht, hier in die Details zu gehen. Es war sowieso alles umsonst.
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