Serrahn

Einleitung

Der Serrahner Buchenwald ist ein 268 ha großes Totalreservat im westlichen Teil des Nationalparks Müritz. Er liegt etwa 10 km östlich von Neustrelitz und 4 km südlich des Ortsteils Zinow der Gemeinde Carpin. Die forstwirtschaftliche Nutzung ist verboten. Seit dem 25. Juni 2011 ist er Teil des UNESCO-Weltnaturerbes “Buchenurwälder in den Karpaten und alte Buchenwälder in Deutschland”

Die Seite ist gegliedert in folgende Abschnitte:

Schweingartensee am östlichen Rand des Serrahner Buchenwalds

Danksagung: Ich bedanke mich bei Revierförster Ralf Pauli, der das Revier Serrahn leitet und dessen Büro im Forsthaus Serrahn ist, für ein angenehmes und sehr informatives Telefonat.

Geschichte

Der Serrahner Buchenwald war vermutlich immer ein Waldstandort: er wurde nie gerodet, um landwirtschaftlich genutzt zu werden. Ein Urwald ist er aber nicht, denn es wurden immer wieder Bäume gefällt und auch Waldweide wurde betrieben. Dem setzte der Großherzog Georg von Mecklenburg (1779 – 1860) ein Ende:

1849: Der Großherzog zäunt um das Dorf Serrahn ein 2.150 ha großes Gebiet mit einem Wildgatter ein, um dort Rot- und Damhirsche und Wildschweine zu jagen. In diesem Wildpark verhindert der Großherzog eine intensive forstwirtschaftliche Nutzung. Die Wilddichten sind enorm und erreichen bis zu 5 Rot- und 28 Damhirsche pro 100 ha ((Nationalparkamt Müritz (Hg.), Forschung und Monitoring 1990 – 2006, Hohenzieritz 2006, S. 14))

1945: Ende des Wildparks

1952: 325 ha werden zum Naturschutzgebiet „Großer Serrahn und Schweingartensee”. In mehreren Schritten wird es auf 865 ha vergrößert. ((für ausführliche Informationen über die Geschichte des Serrahner Buchenwalds im 20 Jh. und genaues Kartenmaterial siehe: Spieß, H.-J. (2015): Geschichtlicher Abriss des Naturschutzes im Serrahner Gebiet. – In: Kaiser, K., Kobel, J., Küster, M. & Schwabe, M. (Hrsg.): Neue Beiträge zum Naturraum und zur Landschaftsgeschichte im Teilgebiet Serrahn des Müritz-Nationalparks. – Forschung und Monitoring, Bd. 4, Geozon Science Media, Berlin, S. 191–202))

1953: Die Vogelschutzstation Serrahn wird gegründet.

1957: 211 ha werden zum Totalreservat erklärt und jegliche Holznutzung verboten. Das Totalreservat wird schrittweise ausgeweitet.

1960: Die Vogelschutzstation Serrahn wird in eine Biologische Station umgewandelt. Serrahn wird ein Zentrum der wissenschaftlichen Forschung.

1990: Ein Jahr nach der Wende wird Serrahn am 1. Oktober Teil des Nationalparks Müritz.

2011: Die UNESCO erklärt am 25. Juni Serrahn zusammen mit 4 weiteren deutschen Buchenwäldern zu einem Teil des Weltnaturerbes “Buchenurwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands”.

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Fehler im Buch Urwälder Deutschlands von Sperber

In seinem Buch Urwälder Deutschlands schreibt Dr. Georg Sperber:

“Ab 1984 wurde Serrahn Staatsjagdgebiet und zum ‘Wildforschungsgebiet’ erklärt.”

Es stimmt: Das Naturschutzgebiet „Großer Serrahn und Schweingartensee” wurde Wildschutzgebiet – allerdings nicht 1984, sondern bereits 1957. In seinem Aufsatz Geschichtlicher Abriss des Naturschutzes im Serrahner Gebiet schreibt Spieß dazu:

Jahrzehntelang wurden sowohl naturschutzfachliche als auch wildökologische Forschungen auf der gleichen Fläche betrieben. Daneben gab es Arbeiten z. B. zum Birkhuhn, Auerhuhn und zur Großtrappe, in denen sich Wildforschung, Ornithologie und Naturschutzforschung gegenseitig ergänzten.”

Zum Staatsjagdgebiet wurde Serrahn allerdings nie. Das von Sperber genannte Jahr 1984 spielt insofern eine Rolle, als in diesem Jahr das Jagdgesetz der DDR alle Wildforschungsgebiet der Inspektion Staatsjagd unterstellte. ((Die Inspektion Staatsjagd war eine “Arbeitsgruppe, die zentral Bauvorhaben und Einweisungen der Jagdgäste in den Staatsjagd- und Diplomatenjagdgebieten vornahm.” (Wikipedia – Volksjagd) Sie war von Erich Honecker, dessen Hobby die Jagd war (Wikipedia – Erich Honecker – Privatleben), unmittelbar nach seinem Amtsantritt 1971 gegründet worden. (siehe auch: Meike Haselmann, Die Jagd in der DDR – Zwischen Feudalismus und Sozialismus, in: Stiftung Aufarbeitung (Hg.), Reader des 8. Stipendiatenkolloquiums 6. – 8. März 2008, Berlin, S. 39 – 43, hier 42))

“Es gab Hinweise, […] möglicherweise auch das NSG „Serrahn“ in ein neues Staatsjagdgebiet zu überführen.”

Gemunkelt wurde, Egon Krenz solle hier sein Jagdgebiet bekommen. ((persönliche Mitteilung von Ralf Pauli, Leiter des Forstreviers Serrahn)) Krenz war 1984 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates und so zum zweiten Mann hinter Erich Honecker geworden. Die politische Wende 1989 setzte allen gemutmaßten Planungen ein Ende.

Anfahrt und Wanderwege

Die beste Karte für Wanderwege zum Serrahner Buchenwald habe ich nicht im Internet, sondern auf einer Informationstafel am Schweingartensee gefunden:

Mit dem Auto fährt man auf der B 198 bis zum Wanderparkplatz Zinow (Carpin). Von dort gelangt man auf dem rd. 4 km langen Wald-Erlebnis-Pfad zum Dorf Serrahn. Der Pfad führt vorbei am Großen Serrahnsee. Auf dem Aussichtsturm kann man mit einem Fernglas und etwas Glück See- und Fischadler und auch Kraniche beobachten. Am Ende des Pfads ist in der Nationalpark-Information in Serrahn eine Ausstellung zum Weltnaturerbe Serrahner Wald zu sehen.

Etwas bizarr ist, dass nur ein winziger Teil des Wald-Erlebnis-Pfads direkt am Weltnaturerbe vorbeiführt. Deswegen lohnt es sich, von Serrahn aus auf dem Forstweg bis zur Halbinsel am Schweingartensee zu wandern. Es ist der einzige Weg, der mitten durch das Weltnaturerbe führt.

Als Rückweg empfehle ich nicht den Wald-Erlebnis-Pfad, sondern zunächst den in der Karte oben blau markierten Weg, der von Serrahn immer entlang der nördlichen Grenze des Welterbes verläuft. An einer Wegkreuzung folgt man nicht dem blau markierten Weg nach links, sondern erreicht geradeaus in kurzer Zeit wieder den Parkplatz.

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Biologie

Der Buchenwald wächst auf einem basenarmen sandigen Boden. Der größte Teil des Buchenwalds befinden sich in der späten Reife- bzw. Optimalphase; (( S. Winter, H. Schumacher, M. Flade und G. Möller: Naturschutzstandards für die Bewirtschaftung von Buchenwäldern im nordostdeutschen Tiefland, Eberswalde 2003, S. 138)) die nächste Waldentwicklungsphase wäre die Alters- bzw. Terminalphase und in der übernächsten, der Zerfallsphase, stirbt die Buche. Die dicken Buchen sind mittlerweile über 200 Jahre alt:

„Am Ende des 18. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es innerhalb der Serrahner Berge zu großflächigen Naturverjüngungen, aus denen die Altbuchenbestände hervorgegangen sind.“ ((H. Tempel, G. von Oheimb, A. Friedel, Sukzessionsforschung in naturnahen Buchenwäldern mit langjährig ungestörter Walddynamik im norddeutschen Tiefland, Universität Lüneburg, Institut für Ökologie und Umweltchemie, 2003; zit. n. Nationalparkamt Müritz (Hg.), Forschung und Monitoring 1990 – 2006, Hohenzieritz 2006, S. 13))

Die alten Buchen haben sehr viele Mikrohabitate, d. h. kleine Lebensräume für Pilze, Käfer oder Vögel : Zwiesel, Kronenabbrüche, Stammbrüche, Faulstellen, Krebswucherungen, Risse, Spalten, Höhlen, usw..

“Bereits in den 1980er Jahren standen jedem Specht-Pärchen 50-60 Höhlen zur Verfügung!” ((G. Sperber, S. Thierfelder, Urwälder Deutschlands – Nationalparks, Naturwaldreservate und andere Schutzgebiete, München 22008, S. 45))

Die Buche ist der absolut dominierende Baum, es gibt nur noch einige einzeln stehende Trauben-Eichen, die mittlerweile 300 Jahre alt sind. Es werden immer weniger, denn sie werden von der Buche verdrängt und sterben ab.

im Vordergrund rechts eine liegende abgestorbene Eiche

Auch sehr wenige Kiefern, die hier einmal gepflanzt wurden, stehen noch einzeln herum.

vorne links eine der versprengten Kiefern

Liebhaber der Frühjahrsblüte in Buchenwäldern seien allerdings gewarnt: Eine üppige Blüte von Frühjahrsblühern wie z. B. dem Buschwindröschen findet man im Serrahn nicht. Die Laubschicht ist zu dick und der sandige Boden ist zu arm an Nährstoffen.

Dank des rund 60-jährigen Nutzungsverzichts zählt der Serrahner Buchenwald zu den am längsten nutzungsfreien Buchenwäldern Deutschlands. Das macht ihn wertvoll und einzigartig; sein Totholzvorrat ist sensationell hoch und beträgt 142 m3. Das ist über 20mal mehr als in bewirtschafteten Buchenwäldern; dort beträgt der Totholzanteil laut dritter Bundeswaldinventur nur 6 m3. ((Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (Hg.), Ergebnisse der Bundeswaldinventur 2012, Berlin 2016, Tabelle 8.3 Totholzvorrat nach Baumartengruppe, S. 212)) Es gibt in Deutschland nur zwei Buchen-Totalreservate, die noch höhere Totholzmengen haben: die Heiligen Hallen und der Faule Ort mit 244 und 219 m3. Beide sind mit über 100 Jahren aber auch noch länger nutzungsfrei. ((Winter, S. 177))

Totholzreichtum im Serrahner Buchenwald

Auch der Vorrat an lebendem Holz ist sehr hoch: 554 m3. ((ebd.)) Das ist rd. 200 m3 mehr als in bewirtschafteten Buchenwäldern. Laut dritter Bundeswaldinventur beläuft sich der Holzvorrat dort auf nur 356 m3. ((BMEL, 3.3.2 Vorrat [m³/ha] nach Baumartengruppe und Baumaltersklasse (rechnerischer Reinbestand) S. 110))

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Fotos

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