Plünderung nach Plan

“Ein Wald zeigt wie ein blanker Spiegel dir der Gemeinde Spiegelbild.”
Gottfried Keller (1)

 

Einleitung

Im März und April 2014 wurde ein 4 ha großer und 190 Jahre alter Buchenwald in Bottrop geplündert. Diesen Waldfrevel habe ich ausführlich dokumentiert: Zerstörung des Stadtwalds.

Die Plünderung erfolgte nach Plan: Eine zentrale Rolle spielte der Forstbetriebsplan aus dem Jahr 2002. Ich beschreibe zunächst, was ein Forstbetriebsplan überhaupt ist und welche verhängnisvolle Rolle er in der Stadtverwaltung spielte. Dann erkläre ich, wie man die kryptischen Bestandestabellen des Betriebsplans liest. Anschließend unterziehe ich den Plan einer scharfen Kritik – und zwar sowohl aus forstwirtschaftlicher als auch naturschutzfachlicher Sicht. Zum Schluss diskutiere ich, welche alternativen Optionen die Stadt gehabt hätte, mit ihrem wertvollen Naturerbe umzugehen. Im Anhang dokumentiere ich meine Aussagen mit Fotos.

Die Seite ist gegliedert in folgende Abschnitte:

 

Das Dezernat IV der Bottroper Stadtverwaltung und der Forstbetriebsplan

Die lokalen Gruppen von BUND und NABU waren vor der Abholzung des Buchenwalds nicht informiert worden. Auch der Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde wusste von nichts. “Eine Beteiligung des Landschaftsbeirats ist nicht erforderlich, da es sich um Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft handelt”, erklärt mir der Technische Beigeordnete Norbert Höving in einem Brief vom 8. Mai 2014.

Höving leitet das Dezernat IV der Stadt Bottrop, zu dem auch der Fachbereich “Umwelt und Grün” gehört. Und zu diesem Fachbereich gehört die Abteilung “Grünflächen- und Friedhofsmanagement” mit Klaus Arentz als Abteilungsleiter. Der Stadtwald fällt eigentlich in seinen Zuständigkeitsbereich. Deshalb steht auf dem Briefrand auch: “Auskunft erteilt: Herr Arentz” und dessen Email-Adresse und Telefonnummer. Aber wenn ein so berüchtigter Blogger wie ich eine Anfrage stellt, antwortet auch schon mal der Dezernatsleiter höchstpersönlich.

Es gehört zu den Absurditäten des Bottroper Umgangs mit seinem Stadtwald, dass mir mit Höving ein “Bauassesor und Diplom-Ingenieur der Raumplanung” antwortet. Ein Technokrat, der sich verdient gemacht hat um “städtebauliche Sonderprojekte”. Andererseits ist der Mann ein Experte für “Flächennutzung”. Das macht ihn empfänglich für “Teilendnutzungen” von Buchenwäldern, denn so nennt man deren Zerstörung im Amtsdeutsch.

Einen Abteilungsleiter für Wälder gibt es in Bottrop nicht. Wälder werden in Bottrop als “grüne Flächen” geführt. Es trifft sich allerdings sehr gut, dass Herr Arentz auch Friedhöfe managt: Schließlich ist der Bottroper Stadtwald ein Friedhof alter Buchenwälder.

Zurück zum Brief von Herrn Höving: Der Technische Beigeordnete versteht unter “ordnungsgemäßer Forstwirtschaft” folgendes:

  1. Der Bottroper Stadtwald ist größer als 100 ha. Deshalb muss der Wald einen Betriebsplan haben. Ganz so wie ein Kraftwerk, ein Zug oder eine Zeche. Das steht so im § 33 Landesforstgesetz. Ein Forst ist im übrigen ein wirtschaftlich genutzter Wald. Der Name “Stadtwald” beschönigt die Tatsachen.
  2. Der Betriebsplan wird laut Höving alle 10 Jahre von “einem unabhängigen Büro mit kompetenten Forstsachverständigen” erstellt. Diese legen fest, welche “Maßnahmen” durchgeführt werden müssen. Dazu kann dann auch schon einmal die “Teilendnutzung” eines 190 Jahre alten Buchenwalds gehören.
  3. Die “Waldpflegemaßnahme” wird dem Bau- und Verkehrsausschuss “zur Kenntnisnahme vorgelegt”. Gebäude und Verkehr sind nicht betroffen. “Widersprüche ergaben sich nicht.”
  4. Stadtförster Markus Herber führt dann im letzten Schritt die Maßnahmen durch, die der Betriebsplan ihm vorschreibt. Dazu beauftragt er die Firma Siepmann-Forst, die dann die Kettensäge schwingt.

Verantwortung tragen weder Höving noch Arentz noch Herber noch Siepmann-Forst: Alle sind nur Befehlsempfänger irgendwelcher “Sachverständiger”.

Diese haben sich im August 2014 in Luft aufgelöst: Das Büro “greenhorn”, das den Betriebsplan 2002 aufgestellt hat, hatte seinen Sitz in der Roonstr. 6 in 45525 Hattingen. Es existiert nicht mehr. Das Internet kennt unter diesem Namen und dieser Adresse lediglich eine Büroservice-Firma. Die angegebene Telefonnummer ist tot.

“Von dem Büro “greenhorn” liegen mir keine weiteren Unterlagen bzw. Kontaktadressen vor. Ich habe auch im Internet recherchiert und weiter nichts gefunden. Es ist nicht auszuschließen, dass dieses Büro nicht mehr existiert.” (Arentz in einer Email vom 10.9.2014)

 

Fußnote

1: zit. n. Wilhelm Mantel, Wald und Forst, Hamburg 1961, S. 63 f.

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