Stellungnahmen von drei Anwohnern

Einleitung

In der gedruckten Ausgabe der WAZ vom 26.2.2014 mit der Überschrift “Baumpatenschaften als Ausweg?” kommen drei Anwohner mit jeweils ein oder zwei Sätzen zu Wort. Vielleicht wurden die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen. Vielleicht wurde ihr Sinn entstellt. Vielleicht lege ich die Sätze zu sehr auf die Goldwaage. Deshalb nenne ich die Namen der Anwohner nicht. Ich kritisiere die Inhalte, nicht die Personen. ((Die Stellungnahmen der Anwohner wurden in der WAZ übrigens durch zahlreiche Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler verhunzt. Ich habe diese korrigiert.))

Stellungnahme von Herrn K.

Herr K. sagt: “Ich finde es logisch, was der Förster sagt.” Was Förster sagen, klingt häufig logisch – beim ersten Hören. Man nehme als Beispiel die oben erwähnte Hochglanzbroschüre “Waldblick – Einblick in die nachhaltige Forstwirtschaft”. Das hört sich auch alles logisch an. Noch dazu mit diesen hübschen bunten Bildchen. Beim Gang durch unsere Wälder mögen einen dann erste Zweifel beschleichen. Und wenn man dann die oben ebenfalls schon erwähnte Kritik von Bibelriether liest über Forst- und Holzmärchen heute, erhärtet sich der Verdacht, dass viele Förster ein sehr eigenartiges Verständnis von Wahrheit haben. Förster Herber hätte auch sagen können, das die Weißfäulepilze, die den Kern alter Buchen zersetzen, bei vielen Kindern lebensbedrohliche Asthmaanfälle auslösen. Auch das klingt logisch, obwohl es blühender Blödsinn ist.

 

Herr K. sagt noch einen zweiten Satz: “Wächst der Wald, ist es gut.” Es gibt ein Sprichwort, das die alten Förster noch kennen: “Holz wächst nur an Holz.” Nur dicke Bäume produzieren auch viel Holz. Man kann das vergleichen mit einem Anleihedepot. Nur große Depots werfen auch viele Zinsen ab. Wenn ich den Großteil meiner Anleihen verkaufe, fallen auch die Zinserträge viel geringer aus. Genauso ist es im Wald: Wer viele dicke Bäume fällt, vernichtet seine Produktionsbasis. Er vernichtet sein Kapital. Das wird übrigens auch der Eigentümer Heinrich Becker feststellen. So eine Kapitalvernichtung wie jetzt kann er noch einmal – mit viel Glück noch zweimal – machen. Dann sind alle Bäume weg und erst seine Ururenkel können in 120 Jahren wieder alte Buchen ernten.

Stellungnahme von Herrn M.

Herr M. sagt: “Es gibt sicher kranke Bäume; umso wichtiger, gesunde Bäume zu erhalten.” Der Satz setzt als selbstverständlich voraus, dass kranke Bäume nicht erhalten werden können. Das ist falsch wie ich oben dargestellt habe: Kranke Bäume können zum einen jahrzehntelang stabil sein und auch große vitale Kronen mit gesunden Blättern ausbilden, zum andern können sie mit baumpflegerischen Maßnahmen gezielt stabilisiert werden, wenn sie an ausgezeichneten Wanderwegen stehen.

Stellungnahme von Frau M.

Frau M. sagt: “Wir wohnen direkt am Wald. Uns ist wichtig, dass neu gepflanzt wird.” Das Problem mit Neupflanzungen ist, dass sie auch jahrzehntelang so aussehen wie Neuanpflanzungen. Nicht nur, dass solche künstlichen Försterwälder ökologisch ungefähr so wertvoll sind wie Maisfelder, sie sehen auch genauso deprimierend aus:

 

Die zwei Fotos wurden in einem kleinen Wäldchen im Osten des Waldstadions Rothebusch aufgenommen. Dort hat man vor 30 – in Worten: dreissig – Jahren Buchensetzlinge künstlich angepflanzt – hübsch ordentlich in Reih und Glied. Die ehemalige Buchenkultur hat nun die zweite Altersklasse erreicht: Der Fachmann spricht von Buchenjungwuchs. Dürre Stämmchen mit einer Höhe von maximal 6 m. Bis hier wieder ein Buchenaltbestand mit Brusthöhendurchmessern von 50 cm und Höhen von 30 m stehen wird, werden noch 100 Jahre vergehen. Weder die Kinder noch die Enkelkinder von Frau M. werden zu ihren Lebzeiten wieder so einen Wald neben ihrem Haus sehen, wie er dort bis Februar 2014 stand.

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