Förstermärchen zum Waldumbau

Förster verfügen über einen wundervollen Schatz von großtönenden Phrasen, die um jeden Holzeinschlag eine blendende Aureole von Naturschutz verbreiten.*

Einleitung

Seit Einrichtung des Nationalparks Eifel verkündet dessen Verwaltung gebetsmühlenartig, dass im Süden des Nationalparks der Wald “entwickelt”, “umgebaut” und “gemanagt” werden muss. Ich stelle dieses Dogma in Frage.

“Waldumbau” südlich Erkensruhr

 

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Waldumbau in den Leistungsberichten

Förster haben den Naturschutz seiner Sprache beraubt: Das Nationalparkforstamt z. B. spricht von “naturschutzfachlichen Aufwertungsmaßnahmen”, “Artenvielfalt” und “Schutz heimischer Baumarten”, meint aber die Produktion von Fichtensägeholz für die Sägewerke I.B.H. in Schleiden, Eigelshoven in Würselen und Hermes-Holz in Stadtkyll. Die Forstwirtschaft hat den Naturschutz kolonisiert. Besonders deutlich wird das in den alljährlichen Leistungsberichten.

Bereits 2004 verkündete Nationalparkchef Hennig Walter im Vorwort des sogenannten “Leistungsberichts” das Dogma vom Waldumbau: “Im Süden des Nationalparks werden, so wie auch in diesem Jahr, in den folgenden Jahrzehnten (sic!) Managementmaßnahmen erforderlich sein, um den Schutz der angrenzenden Wirtschaftswälder zu gewährleisten und den Anteil an Laubbäumen, insbesondere der Buchen, zu erhöhen” (2004, S. 3). Das Ziel, “die Nationalparkfläche der natürlichen Dynamik zu übergeben” (ebd.), wird auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Denn die “schützenswerten .. Buchenwälder” (ebd.) fehlen in den Nationalparkbezirken Dedenborn und Wahlerscheid, sodass es “einer langen Entwicklungszeit” bedarf, bis die dortigen Fichtenwälder “in ihren natürlichen Kreislauf und ihre natürliche Artenzusammensetzung zurückgefunden” haben (ebd.). Das ist das Schöne an einem “Entwicklungsnationalpark”: Die “notwendigen Waldentwicklungsmaßnahmen” (2005, S. 11) sind eine ideale Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für vom Arbeitsplatzverlust bedrohte Förster.

Das Kapitel mit der bizarren Überschrift “Wildnis mit Konzept” plädiert für “Hilfsmaßnahmen zur Entwicklung von Biotopen” (2004, S. 6). Denn diese sind angeblich in den “naturfernen, gleichaltrigen Fichtenreinbeständen” (ebd.) unbedingt notwendig. Der hilf- und konzeptlose Wald muss durch “aktive Initialisierungsarbeiten … bei seiner Entwicklung hin zu naturnäheren Formen unterstützt” werden (ebd). Darunter versteht die Eifeler Forstpartie 2 Maßnahmen:

  1. Buchenvoranbau
  2. Fällen von Fichten

Buchenvoranbau

Mit der natürlichen Verjüngung der Buche hapert es aufgrund “fehlender Buchensamenbäume” (2006, S. 12). Adolf Hitler ist an allem schuld! Dessen “Ardennen-Offensive” hat den Wald zerstört (2007, S. 12). Deswegen werden künstlich “junge Buchen unter älteren Buchen gepflanzt” (2004, S. 7). Der Buche wird “auf die Sprünge” geholfen (2008, S. 17). Dagegen haben “Bergahorn, Birke oder Eberesche” keine Probleme mit der “natürlichen Verjüngung”. Ihnen bleibt “genug Raum” (2004, S. 7). “Entlang der Grenzen” zu den benachbarten Privatwäldern soll ein “buchenreicher Mischwaldgürtel” (2007, S. 12) entstehen. Es ist ein “aufwändigeres Verfahren … Technisch einfacher wäre eine vollständige Entnahme der Fichte mit anschließender Buchenpflanzung auf der Freifläche” (ebd.) Dieser irrwitzige Riesenkahlschlag ist uns erspart geblieben, denn: “Die Buche benötigt .. den Halbschatten unter der Fichte, um gegenüber der Fichtennaturverjüngung konkurrenzfähig zu sein” (ebd).

Fällen von Fichten

Zur “Förderung des Buchenanteils” muss die Fichte “reduziert” werden (2004, S. 8 ). So wie Cato dereinst vor dem römischen Senat ständig sein “Centerum censeo Carthaginem esse delendam” wiederholte, wiederholt die Nationalparkverwaltung seit nunmehr 10 Jahren, dass die Fichte “entnommen” werden muss (2009, S. 18). Selbstverständlich nicht wegen der 1,4 Millonen (ebd, S. 18) oder 2,04 Millionen Euro Einnahmen (2010, S. 16), sondern “aus Naturschutzgründen” (ebd): entweder zur “Begünstigung gepflanzter Buchen” (2009, S. 18) oder “zur Vorbereitung für weitere Buchenpflanzungen” (2010, S. 16) oder zur “Talrenaturierung” (2009, S. 18).

zur “Begünstigung gepflanzter Buchen” gefällte Fichten nähe Forsthaus Rothe Kreuz

 

Wenn die Nationalparkverwaltung von der Fichte spricht, dann durchgängig negativ. Die Fichte ist im Süden des Nationalparks “standortfern”, “naturfern” (Informationen, S. 2) und “nicht heimisch”. Sie ist nicht einmal von Einheimischen angepflanzt worden, sondern von den Preußen (“Prüsseboom”, Preußenbaum, siehe “Was ist denn hier los?”-Schild). Trotzdem zeigt die Fichte gerade im Süden des Nationalparks wegen der “höheren Niederschläge und niedrigeren Temperaturen” (2006, S. 12) eine “enorme und vitale Naturverjüngung” (2004, S. 7). Die “gleichaltrigen, reinen Fichten-Riegel” (Informationen, S. 1) zeichnen sich aus wahlweise durch “monolithische Dominanz” (Informationen, S. 2), “erhöhte Konkurrenzkraft” (2006, S. 13) oder “außerordentliche Wuchskraft” (2007, S. 12). “Nichteingreifen” ist da für einen Förster keine Option: Dann “würde die Rückkehr eines naturnahen Buchen-Mischwalds wegen fehlender Buchensamenbäume und der enormen Vitalität der Fichte viele hundert Jahre dauern” (2006, S. 12).

Borkenkäferbekämpfung

Eine große Gefahr, die abzuwehren die Förster gesetzlich verpflichtet sind, ist die Ausbreitung des Fichtenborkenkäfers auf benachbarte Privatwälder. Dies dient zur “Akzeptanzsicherung für den Nationalpark Eifel” (Workshopbericht, S. 9).Würde man Natur Natur sein lassen, wie es naive Laien in ihrem Unverstand fordern, könnte es schon “nach wenigen Jahren zu einer Massenvermehrung von Borkenkäfern kommen” (2006, S. 12). 2007 heißt es kurz und bündig: “Prozessschutz … würde über kurz oder lang zu einer Massenvermehrung von Borkenkäfern führen” (2007, S. 12). Und der würde “übergreifen” auf den Stadtwald Monschau, das “Königreich (sic!) Belgien” und den “südlich angrenzenden Großprivatwald” (2006, S. 12). Da tut eine “intensive Borkenkäferüberwachung in den gefährdeten Gebieten” not (2004, S. 7): Alle vom Borkenkäfer befallenen Fichten müssen sofort “entnommen” werden (Workshopbericht, S. 10).

* frei nach Friedrich Meinecke: “Der Franzose hat seit der französischen Revolution einen wundervollen Schatz von großtönenden Phrasen, die um jeden Akt seiner Realpolitik eine blendende Aureole von Zivilisation und Kultur verbreiten.” zit. n. Herfried Münkler, Der Grosse Krieg – Die Welt 1914-1918, Berlin 3. Auflage 2013, S. 256

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