Faktencheck: Altholzinseln

Einleitung

Im Heft 21 der Zeitung AFZ – Der Wald hat Ulrich Mergner, Leiter des Forstbetriebs Ebrach, 2015 einen Artikel veröffentlicht mit dem Titel „Waldtrittsteine statt Großschutzgebiete“. Viele darin gemachte Behauptungen halten einem Faktencheck nicht stand. Im siebten Teil meiner Artikelserie überprüfe ich Mergners Angaben zur Größe von Altholzinseln.

Mergner und die Größe von Altholzinseln

Mergner behauptet:

“Auch Schweizer Untersuchungen über das ökologische Potenzial von Altholzinseln und die Herleitung von Minimalflächen […] zeigen, dass in Buchenwäldern 75 % der für die Artenvielfalt wichtigen Totholz- und Habitatstrukturen bereits ab einer Größe von 0,6 ha und der entsprechende Wert für Spechtbäume ab 0,9 ha erreicht werden.” ((Waldtrittsteine, S.  21))

Er präsentiert die Abbildung unten rechts und beschriftet sie wie folgt:

“Schweizer Untersuchungen zeigen, dass in Buchen-Altholzinseln ab einer Fläche von 0,6 ha mit mindestens 75 % Wahrscheinlichkeit eine Dichte der Gesamtstrukturen oberhalb des Schwellenwerts von 12,3 Strukturen pro 500 m2 zu erwarten ist. Die Linie markiert den Grenzwert von 75 %. Die Zuwachsrate wird aber dieser Flächengröße immer geringer.” ((Waldtrittsteine, S.  20))

Wahrscheinlichkeit? Dichte? Gesamtstrukturen? Schwellenwert? Grenzwert? Zuwachsrate? Hallo? Der Sinn dieser Sätze und der Zweck der Abbildung dürfte sich den wenigsten Lesern erschlossen haben. Im schlimmsten Fall missverstehen sie die Abbildung so, als sei damit der wissenschaftliche Beweis erbracht, dass man keine großflächigen Stilllegungen wie Nationalparke braucht, sondern nur Altholzinseln von 0,9 ha Größe. Und fast drängt sich der Eindruck auf, dass Mergner es genau darauf anlegt. Nur gut, dass die Publikation der Schweizer Wissenschaftler Markus Müller, Thibault Lachat und Rita Bütler aus dem Jahr 2012 online frei verfügbar ist: Wie groß sollen Altholzinseln sein? Eine Langversion mit dem Titel Auswahlkriterien für Altholzinseln steht ebenfalls im Internet zum Download bereit.

Altholzinseln sind ein wichtiger Bestandteil des Trittsteinkonzepts. Deshalb werde ich zunächst den Inhalt dieses Konzepts erläutern. Dann widme ich mich dem Aufsatz der Wissenschaftler und der Frage, was eine gute Altholzinsel ausmacht und wie man mit Hilfe der Statistik ihre Mindestgröße berechnet. Im Anschluss daran werde ich zeigen, dass Mergner den Aufsatz erstens falsch versteht und zweitens in seinem Sinn zurechtbiegt. Dazu nutze ich auch die warnenden Hinweise, die die Schweizer Autoren selbst vor einem Missbrauch der Ergebnisse geben. Zum Schluss beunruhigt mich die Frage, warum niemand im Umfeld von Mergner ihn auf seine Fehler hingewiesen hat.

Mein Artikel ist gegliedert in folgende Absätze:

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