Streit zwischen Steuer, Panek und Mergner

“Die Buche im Steigerwald ist so schützbedürftig wie ein Reisfeld in China.”
(Daniel Steuer, Forstamt Ebrach)

 

Einleitung

Ich liebe Streitgespräche. Wenn Argument und Gegenargument aufeinandertreffen, läßt sich sehr genau feststellen, wer die besseren Argumente hat. Im Streit um den Nationalpark Steigerwald haben sich drei Kontrahenten einen argumentativen Schlagabtausch geliefert.

Es begann am 3. Juni 2014 mit einem Leserbrief im Steigerwald-Kurier von Daniel Steuer, dem stellvertretenden Leiter des Forstamts Ebrach. Darauf antwortete am 19. Juni Norbert Panek, einer der führenden Buchenwaldexperten in Deutschland. Den vorläufigen Abschluss bildete ein Leserbrief vom 3. Juli vom Leiter des Forstamts Ebrach Ulrich Mergner.

Ich stelle Ihnen zunächst alle drei Leserbriefe im Wortlaut vor. Dann mische ich mich selbst mit einigen Argumenten in die Diskussion ein.

Die Seite ist gegliedert in folgende Abschnitte:

 

Der ‘geklaute’ Wald oder die Gier nach dem Titel – Leserbrief von Daniel Steuer  vom 3. Juni 2014

Zum Abschied hat sich Ex-Landrat Denzler ohne politische Legitimation und gegen den Willen des Eigentümers, dafür aber unter dem Beifall des Bund Naturschutz und des fränkischen Heimatkolumnisten Michael Wehner mit der Schutzgebietsausweisung bei Ebrach ein Denkmal setzen wollen.

Das Schutzgebiet „Hohe Buchene” bei Ebrach ist gerade vier Wochen alt. Schon hat Ministerpräsident Seehofer das Vorhaben politisch zu Grabe getragen. Dieser Schritt kommt nicht unerwartet, zu sehr hat Denzlers undiplomatisches Vorgehen der letzten Wochen und Monate die Region gespalten. Nun ist der Aufschrei in der Ökoszene schrill und heftig, patriotische Heimatschützer wie Michael Wehner vorn Fränkischen Tag (1) oder anerkannte Naturschutzexperten wie Christian Sebald von der SZ in München (2) überbieten sich im Stundentakt mit Artikeln über diesen unerhörten „Waldfrevel”.

Betrachtet man die Situation emotionsloser, fällt auf, dass die die permanenten Einlassungen Denzlers, das Schutzgebiet sei „juristisch einwandfrei” zu Stande gekommen, an die Statements des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Karl Theodor zu Guttenberg erinnern, der solange behauptete seine Doktorarbeit sei kein Plagiat, bis die Universität Bayreuth ihm den Doktortitel aberkannte.

Zu einem Richterspruch in Sachen Schutzgebiet wird es nun aller Voraussicht nach nicht kommen. Die Tatsache, dass ausgerechnet Experten des Umweltministeriums, die die Schutzgebietsausweisung sicher wohlwollend begleitet und bei dessen Konzeption beratend zur Seite gestanden haben, „rechtliche Bedenken” äußern, lässt vermuten, dass eine Klage gegen die Gebietsausweisung wahrscheinlich erfolgreich gewesen wäre.

Neben dem formal fragwürdigen Vorgehen lohnt sich auch ein Blick auf die fachlichen Begründungen, die Denzler und seine Mitstreiter vorn Bund Naturschutz vorbringen. Es geht Ihnen um den Schutz von alten Buchenbeständen. Leider sind die Wälder des Schutzgebiets im Schnitt gerade mal 90 Jahre alt, also weit weg von den Altersstadien, die Buchenwälder ökologisch interessant werden lassen. Daran ändert auch der Schutzstatus nichts. Die „Baumgiganten”, vor denen sich die selbsternannten Naturschützer gerne fotogen ablichten lassen, stehen im angrenzenden Naturwaldreservat, in dem mittlerweile zahlreiche Trampelpfade vom stetigen Besuch der Naturschützer und ihrer Anhängerschar zeugen. Ansonsten ist das Gebiet zwar laubholzreich und weist damit eine naturnahe Waldzusammensetzung aus, für den Steigerwald ist das jedoch nichts Besonderes. Man muss auch kein Experte sein, um festzustellen, dass Buchenwälder im Steigerwald alles andere als selten sind. Im Gegenteil. Die Ergebnisse der 2011 im Forstbetrich Ebrach durchgeführten Waldinventur belegen, dass die Fläche der Buchenwälder in den kommenden Jahrzehnten weiter deutlich zulegen wird. Bereits jetzt sind knapp 4.000 ha der Staatswälder mit Buche vorausverjüngt, das Potential für die künftigen Waldgenerationen. Übrigens der Spitzenwert aller bayerischen Forstbetriebe. Vor diesem Hintergrund ist die Buche im Steigerwald so schutzbedürftig wie ein Reisfeld in China.

Die Inventurergebnisse und die laufenden Forschungsarbeiten zeigen noch weitere Fakten, die gar nicht so recht in die Theorie der Schutzbedürftigkeit der Wälder passen. Durch die maßvollen aber gezielten forstlichen Eingriffe der letzten Jahre sind nachweisbar wichtige ökologische Parameter wie Totholz oder Biotop- und Höhlenbäume vermehrt worden bzw. erhalten geblieben. Aktuelle Untersuchungen belegen sogar, dass die einstmals gravierenden ökologischen Unterschiede zwischen den Vollschutzflächen der Naturwaldreservate und den Wirtschaftswäldern dahin schwinden. Mittlerweile sind Wirtschaftswälder und Vollschutzflächen, in einigen wichtigen ökologischen Parametern wie beispielsweise Bäume mit Konsolenpilzen oder Totholzvorrat nahezu gleichwertig.

Statt sich mit diesen Tatsachen auseinander zu setzen, wurde zur fachlichen Legitimation des Schutzgebietes ein fachlich zweitklassiges Gutachten präsentiert, dessen Erkenntnisse sich im Wesentlichen auf die welken Erinnerungen eines pensionierten Forstamtsleiter stützten. Weil das alleine nicht ausreicht, wurden und werden gezielt Unwahrheiten und Lügen über die Bewirtschaftung im Steigerwald verbreitet.

In einem BR 2 Interview behauptet der Ex-Landrat beispielsweise, „dass die Buchenhölzer aus dem Steigerwald nach China oder Russland exportiert werden, so dass für die Wertschöpfung in der Region nichts übrig bleibt”. Eine Unterstellung, die der Bund Naturschutz auf seinen Werbefeldzügen. für einen Nationalpark ebenfalls beständig wiederholt. Fakt ist, kein einziger Kubikmeter Holz aus den Staatswäldern im Steigerwald wird nach China oder Russland exportiert wird. Im Gegenteil, nahezu 100 % des Laubstammholzes wird an bayerische Sägewerke geliefert, die allermeisten dieser Werke liegen im direkten Umfeld des Steigerwaldes. Deren Wertschöpfung scheint in der Gesamtbetrachtung keine Rolle zu spielen. Besonders unverschämt ist in diesem Zusammenhang die Behauptung Denzlers, er habe Belege dafür, dass im Staatsfort permanent Biotopbäume gefällt werden. Die Belege dafür ist er jedenfalls bis heute schuldig geblieben. Mit dieser Vorgehensweise wollte sich Denzler den Titel „Weltnaturerbe” ergaunern und ist damit gescheitert. Die Schuld daran tragen er und seine Mitstreiter vom Bund Naturschutz.

In der Diskussion um ein Schutzgebiet im Steigerwald geht es auch nur vordergründig um ökologische Aspekte. Dass es derzeit wenige Forstbetriebe gibt, denen es gelingt in Ihrem Betriebsvollzug ökologische und wirtschaftliche Aspekte derart ausgewogen unter einem Hut zu bringen ist unter Fachleuten unbestritten. Es geht vielmehr um Macht und Einfluss auf ökologisch interessanten Flächen, um Selbstverwirklichung von ehemaligen Ikonen der Naturschutzszene. Und es geht um die grundsätzliche Frage, ob der ländliche Raum mehr sein darf als Erholungskulisse für stressgeplagte Groß- und Vorstadtbewohner. Ob künftig die Wertschöpfung im ländlichen Raum ausschließlich in Übernachtungskapazitäten gemessen wird und nachhaltige Bewirtschaftung nur dort gesellschaftlich opportun ist, wo es die Freizeitidylle der „Urbanisierungsopfer” nicht stört. Denzler hat diese Frage klar und deutlich beantwortet.

Daniel Steuer
76157 Ebrach

 

1: siehe “Sägen dürfen wieder kreischen” von Michael Wehner im Fränkischen Tag vom 28. Mai 2014

2: siehe “Zwischen den Fronten” von Christian Sebald in der Süddeutschen Zeitung vom 18. Juni 2014

Hier können Sie den Leserbrief von Steuer im Original herunterladen: Leserbrief Steuer.

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