Die Seite ist gegliedert in folgende 6 Abschnitte:
- Einleitung
- Hintergrundwissen: Durchforstung
- Planlose Durchforstung
- Fällen von Randbäumen
- Altholz und Biotopbäume
- Fazit
1. Einleitung
In einem Teil des Heissiwalds in Essen-Werden wurde im Frühjahr 2013 eine von Grün-und-Gruga-Essen sogenannte “Waldpflegemaßnahme” durchgeführt. Das dreieckig geformte Waldstück befindet sich an westlich der Straße “Weg zur Platte” und nördlich des Wildparks. In der Nähe liegen die beliebten Ausflugslokale Villa Vue und Zum Purzel (siehe rote Umrandung auf der Karte):
Dabei wurden viele Bäume gefällt. Die folgenden 3 Holzpolter standen auf dem Parkplatz an der Straße “Weg zur Platte” und an dem Forstweg nördlich des dreieckigen Waldstücks:
Bemerkenswert ist, dass dieser Holzeinschlag im Wirtschaftsplan 2013 im Stadtbezirk IX nicht vorgesehen und folglich vom Stadtrat nicht genehmigt ist.
Ich kritisiere an der Maßnahme, dass deren Zweck nicht erkennbar ist: Es handelt sich nicht um eine “Durchforstung“, bei der schlechte Bäume gefällt werden, die gute Bäume in ihrem Wachstum behindern könnten.
2. Hintergrundwissen: Durchforstung
Es gibt zwei verschiedene Methoden der Durchforstung (siehe Peter Wohlleben, Der eigene Wald – Privatwald optimal bewirtschaften, Stuttgart 2010, S. 70 ff.):
- die Z-Baum-Methode
- die Plenterwald-Methode
zu 1: Die Z-Baum-Methode
Z-Baum ist die Abkürzung für Zukunfts-Baum: Das sind “besonders schöne, also gerade gewachsene, gesunde … Bäume mit großen Kronen” . Pro ha werden 25-40 Z-Bäume ausgesucht und markiert: “Diese Bäume sollen ein hohes Alter erreichen und dann wertvolle, dicke Stämme liefern” (Wohlleben, S. 72).
Schlechte Bäume erkennt man an folgenden Merkmalen:
- Krümmung
- Drehwuchs (spiralförmig verlaufende Rillen in der Rinde)
- Spannungsrisse (Risse von der Rinde tief ins Holz)
- Steiläste (steil nach oben gerichtete dicke Äste)
- Zwiesel (gegabelter Baum mit 2 Höhentrieben)
- Grobastigkeit (Äste im unteren Stammbereich mit Durchmessern größer als 3 cm)
- Wasserreiser (kleine Äste, die in dichten Büscheln am Stamm auftreten)
- Stammschäden (Rindenschäden, die den Holzkörper freilegen)
Die Durchforstung besteht nun darin, dass im Idealfall alle 5 Jahre, “jeweils ein bis zwei Nachbarbäume, die die Kronen der Z-Bäume berühren, entfernt” werden. Ziel ist es, dass die Z-Bäume “ausreichend Platz zur Ausdehnung ihrer Kronen erhalten … Alle anderen Bäume werden nicht beachtet. (Wohlleben, S. 74).
Bei der Z-Baum-Methode entsteht ein sogenannter Altersklassenwald: Alle Bäume sind gleich groß und gleich alt. Ein solcher Wald ist nicht naturnah und von einem Urwald sehr weit entfernt, in dem “auf kleinster Fläche große und kleine, dicke und dünne Bäume innig gemischt” (Wohlleben, S. 76) vorkommen.
zu 2. Die Plenterwald-Methode
Bei der Plenterwald-Methode werden gezielt die schlechten Bäume gefällt: und zwar zunächst “die schlechtesten, dicksten und größen Bäume”. So entstehen unregelmäßig überall im Wald verteilt kleine Lücken, die von den guten Bäumen genutzt werden. Kleinere Bäume bekommen eine Chance, sodass ein ungleichaltriger und vielfältiger Wald entsteht. Dicke alte Bäume sind umringt von halbwüchsigen und kleinen. Im Idealfall steigt der Wert des Waldes ständig an, “weil nun qualitativ hochwertigeres Holz nachwächst” (Wohlleben, S. 77).
3. Planlose Durchforstung
Die soeben beschriebene Z-Baum-Methode wurde im Heissiwald nicht angewandt. Dazu 5 Beispiele:
Beispiel 1:
Im Vordergrund wurden drei junge dünne Bäumchen entfernt. Sollen diese etwa den im Hintergrund stehenden dicken Z-Baum, der an seinem orangefarbenen Ring erkennbar ist, “bedrängt” haben, sodass sein Kronenwachstum eingeschränkt wurde?
Beispiel 2:
Im Vordergrund wurden zwei dicke ältere Bäume gefällt, ohne dass ein Z-Baum, den sie bedrängen könnten, erkennbar ist. Im Hintergrund steht einer am Forstweg rechts neben der Eibe, aber der ist viel zu weit entfernt.
Beispiel 3:
Auch hier ist im weiten Umkreis kein bedrängter Z-Baum zu sehen.
Beispiel 4:
Im Hintergrund (siehe Pfeil) wurde ein vermeintlicher Bedränger des rechts im Vordergrund stehenden Z-Baums gefällt. Warum aber verschont man den viel näher stehenden Baum links, der noch dazu einen Zwiesel (siehe Pfeil) aufweist?
Beispiel 5:
Im Hintergrund rechts steht ein dicker älterer Z-Baum. Die zwei gefällten Bäume vorne rechts und links im Hintergrund bedrängen diesen aber nicht: Dafür sind sie zu jung und ihre Krone reicht nicht an die höhere Krone des Z-Baums heran.
Der Wald wurde auch nicht nach der Plenterwald-Methode durchforstet. Zum einen wurden unzählige junge Bäume entnommen (siehe Beispiel 1), zum anderen können unmöglich so viele schlechte alte Bäume im Heissiwald stehen.
4. Fällen von Randbäumen
Im Forstbetriebsplan von Grün-und-Gruga-Essen lese ich auf S. 34:
“Zur naturnahen Waldpflege gehört in Einzelfällen auch die Entwicklung von stufig
aufgebauten Waldaußenrändern. Sie schützen das Innere des Waldes, bieten einer Fülle von Tier- und Pflanzenarten einen vielfältigen und eigenständigen Lebensraum und dienen in besonderer Weise der Biotopvernetzung.”
Nur in “Einzelfällen”? Braucht das Innere des Heissiwaldes vielleicht keinen Schutz? Benötigen Tiere und Pflanzen dort diesen Lebensraum etwa nicht? Warum dann wurde dieser Baum am Rand des Wäldchens entfernt? Noch dazu auf so rabiate Weise, dass die umstehenden jungen Bäumchen gleich mit abgeknickt wurden!
Dieser Baum ist kein Einzelfall. Der Einschlag von Randbäumen am Heissiwald hat System. Die folgenden 6 Fotos dokumentieren jeweils einen gefällten Randbaum:
Eine Fällung ist besonders bizarr: Eine Birke wurde gefällt, die zu einem Waldlehrpfad gehört:
5. Altholz und Biotopbäume
In dem Wäldchen gibt es nicht einen einzigen dicken stehenden Totholzbaum, ebensowenig wie einen liegenden. Alle gefällten Bäume wurden entfernt. Nur ein Teil des Kronenabfalls wurde im Wald belassen – und dies v. a. als kurze Knüppel, um die Fahrspuren der Rückegassen zu stabilisieren. Auch Biotopbäume für Spechte – dicke alte Bäume, in denen sie ihre Höhlen bauen können – sind Mangelware.
6. Fazit
Eine nachvollziehbare Methode ist beim Holzeinschlag im Heissiwald nicht zu erkennen. Es drängt sich der Eindruck von Willkür auf. Ziel ist nicht die Pflege von Zukunftbäumen oder die Umwandlung in einen Plenterwald, sondern die Ernte von möglichst viel Holz.