„Heutzutage sind in Deutschland die Wildbestände wesentlich höher,
als sie von Natur aus wären.“
Nationalparkverwaltung
Einleitung
Im November 2020 hatte ich einen offenen Brief an Simone Bauling geschrieben. Simone Bauling ist nicht irgendwer; sie ist die stellvertretende Leiterin des NLPs Harz und gleichzeitig Leiterin des Fachbereichs 3. Damit ist sie verantwortlich für Waldbehandlung, Wildbestandsregulierung, Flächenmanagement und genau die richtige Ansprechpartnerin für mich. Mein Brief enthielt 5 Fragen zu einer Fläche nahe Braunlage, deren Fichten vollständig abgeräumt worden waren. Sie können den Inhalt des Briefes und auch seine Vorgeschichte hier lesen: Zweiter offener Brief.
Frau Bauling hat meinen Brief dann im Februar 2021 ausführlich beantwortet. Leider fiel ihre Antwort mitten in die Zeit der Corona-Maßnahmen und damit in die Zeit, wo ich keine neuen Artikel mehr schreiben wollte. Nun aber veröffentliche ich ihren Brief, der auch 2 Jahre später nichts von seiner Aktualität verloren hat.
Für den Laien vielleicht unverständliche Teile des Briefes werde ich erklären und auch deutlich machen, wo ich anderer Meinung bin. Wie an der Überschrift deutlich wird, halte ich die Maßnahmen des NLPs zur Waldentwicklung für gescheitert.
Der Text wird veranschaulicht durch Fotos und auch Videos, die ich im Juli 2023 vor Ort gemacht habe.
Die Seite ist gegliedert in folgende Abschnitte:
- Anfahrt und Wanderweg
- Die Antwort von Frau Bauling
- Fotos der Fläche im Juli 2023 – Teil 1
- Fotos der Fläche im Juli 2023 – Teil 2
- Fotos der Fläche im Juli 2023 – Teil 3
- Fotos der Fläche im Juli 2023 in 4K
- Antwort auf die 1. Frage
- Antwort auf die 2. Frage
- Antwort auf die 3. Frage
- Antwort auf die 4. Frage
- Antwort auf die 5. Frage
- Bayerischer Rundfunk: Werden Hirsche zu wenig gejagt?
- Video der Fläche an der B4
- Schluss
Anfahrt und Wanderweg
Die Fläche, um die es geht, erreichen Sie am einfachsten und schnellsten, indem Sie ganz bis zum Ende der von-Langen-Straße in Braunlage fahren. Parken können Sie z. B. am Sportplatz oder noch weiter am Abzweig zur Jugendherberge. Dann geht es am Umspannwerk vorbei Richtung B4. Sie unterqueren die Bundesstraße und sehen dann auf der linken Seite die besagte Fläche.
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Nächste Seite: Die Antwort von Simone Bauling
Wohin wurde das Holz aus dem Nationalpark Harz D verkauft?
Angeregt durch Ihre Schilderungen haben wir im Juni 2020 die Region Harz besucht. Die Feldlerchen, Kornblumen, Hasen, Baumpieper, Kulturlandschaften, die Geschichte bis hin zu kapitalen Hirschen, riesige Flächen mit abgestorbenen Fichten und der Horror-Forstwirtschaft haben uns beeindruckt. Enttäuschend präsentierten sich die Informationen, Beschilderungen und Prospekte über die Landschaft. National- und Regionalparks, die mit viel identischer Eigenwerbung immer mehr Länder überziehen, finde ich zunehmend doof. Sie ziehen Leute an. Sie vermitteln auf eine linear-dogmatische Art einen Fächer von Behauptungen und Aktivitäten, die mit Natur und naturkundlichen Realitäten wenig zu tun haben. Als Besucher fühlt man sich gegängelt. Man merkt die Absicht und wird angespannt-verstimmt. In den touristisch erschlossenen Gebieten kommt nirgends so etwas wie ein Gefühl der inneren Ruhe auf. Man braucht viel Erfahrung und noch mehr eigenen Willen, damit man Beobachtungen einordnen, komplexe Zusammenhänge in Raum und Zeit erkennen und würdigen kann.
Das Thema Harz ruhte in der Corona-Pause. Der Ukrainekrieg, die neuerliche Ankurbelung des Wachstums, die Energiewende und die mitteleuropäischen Missionen der globalen Klimarettung befeuerten im eigentlichen Sinne des Ausdrucks die Forstwirtschaft auf ihrem Holzweg.
Wirtschaftlich erfolgreiche Forstreviere im Aargauer Jura (Schweiz, südlich des Rheins) verkaufen 75 Prozent ihres nachwachsenden Holzes als Holzschnitzel an Heizkraftwerke. Weil die Landesregierung (im Einklang mit der EU) unter dem Druck der Forstlobby das CO2 aus der Holzverbrennung als klimaneutral bezeichnen, boomen Bau und Betrieb von Holzheizkraftwerken. Der physikalische Unfug ermöglicht die buchhalterische Einhaltung von Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen. Der globale CO2 Gehalt und die Temperatur steigen unbeeindruckt weiter an. Hitzeinseln wachsen unvermindert weiter. Waldareale werden so malträtiert, dass ihre Kahlschlagflächen den klimawandel sogar unterstützen. Modernste Lastwagen holen Hackschnitzel direkt im Forst ab. Sie karren sie in grossen Mengen durch ganz Europa. Lastwagenfahrer berichteten in Zeihen, dass sie für die Industriellen Werke Basel IWB (www.iwb.ch) Holzschnitzel aus Deutschland holten. Entfernung 650 km (Fahrstrecke ein Weg). 650 km entsprechen genau der Strassenlänge Basel CH – Harz. Die Kommunikationsabteilung der IWB bestritt weder die Distanz noch die Lieferung der Holzschnitzel aus Deutschland. Man beruft sich in Basel auf „aussergewöhnliche Umstände“. Ich nehme an, es handelte sich um Holz, das nach den Waldbränden geschlagen und preiswert verkauft wurde. Über die Lieferanten hüllte sich die IWB in Schweigen. Weder im Internet noch im Geschäftsbericht 2022 der IWB habe ich dazu Informationen gefunden.
Die Fragerei bei Unternehmen und Verwaltungen ist generell mühsam und ernüchternd. Die Angestellten versenden wohlformulierte Texte, neu erfundene Begriffe, Begriffskombinationen und Begriffsinhalte. Einfachste Realitäten, wirtschaftliche Zwänge und politische Vorgaben werden verschleiert. Nationalparkmythen und Ansehen von Unternehmen müssen geschützt werden. Um Gerüchten und Kritikern vorzubeugen, nutzen die Verantwortlichen Erzählungen (Narrative) und ständige Wiederholungen. Die Forstwirtschaft kann mit schematischen Buchenanpflanzungen im Harz einen neuen Wald begründen. Holzverbrennung und CO2 Buchhaltungen tragen zu einem klimaneutralen Wirtschaftswachstum bei (IWB von Natur aus klimafreundlich). Nationalparks dienen der Natur und der Waldentwicklung.
Heiner Keller, CH Zeihen, 08.08.2023