Umstrittene Klage von Peter Wohlleben und Pierre Ibisch gescheitert

„Natürlich sind es die anderen, die verrückt sind. Aber das denken die anderen von uns auch.“
Joachim Steinhöfel1NIUS Live am 8.4.2025

Abgelehnte Klage – Peter Wohlleben in heikler Sackgasse

Hinweis: Beim folgenden Text über Peter Wohlleben in der Sackgasse handelt es sich um meine  ganz persönliche Meinung. Der Text ist weder ein juristisches noch ein biologisches Fachgutachten. Ich verwende die folgenden Abkürzungen: Oberstaatsanwältin OStA, Staatsanwaltschaft StA, Umweltinformationsgesetz UIG, Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität MKUEM

Die Ablehnung der Klage erfolgt am 9. Dezember 2021. Am 22. Dezember reagiert Peter Wohlleben ein erstes Mal:

Wohlleben merkt offensichtlich sofort, dass sein „Beweisfoto“ ein ganz schlechter Beweis ist. Nicht nur, dass es ein sehr trauriges Bild ist von einem toten Fichtenforst. Hinzu kommt, dass auf dem angeblich beschatteten Boden nichts wächst. Außerdem kann man durch die entnadelten Baumskelette den blauen Himmel sehen. Das Argument der Oberstaatsanwältin ist mitnichten widerlegt:

„Völlig unberücksichtigt bleibt auch, dass die Totbäume, die in fortschreitendem Zerfall die Fläche prägen, in Ermangelung einer Benadelung und Ästen keine Beschattungswirkung mehr entfalten und dem Boden somit keinen Schutz vor Austrocknung bieten.“2siehe Strafanzeige gegen [geschwärzt] wegen der Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete., S. 3

Weil Wohlleben um die anekdotische Evidenz seines Fotos weiß, schiebt er „wissenschaftliche Untersuchungen“ nach. Die aber hatte er in der Anzeige merkwürdigerweise nicht erwähnt. Dort war zum Beweis der Behauptung von „thermischen und hydrischen Randeffekten“ auf das „Zeugnis“ von Wohlleben und Ibisch und auf „Thermobilder“ verwiesen worden, nicht aber auf „wissenschaftliche Untersuchungen“ und schon gar nicht auf eine Kühlung um „8 Grad“.3siehe Strafanzeige wegen des Verdachts der wiederholten Gefährdung eines schutzbedürftigen Gebiets gemäß § 329 Abs. 4 StGB (Natura-2000-Gebiet „Montabaurer Höhe“ in Rheinland-Pfalz., S. 10 Zeugnis und Bilder hatten die Oberstaatsanwältin so gar nicht überzeugt, im Gegenteil: 

„Soweit durch die Fichtenkahlhiebe und Räumung von Fichtenbeständen […] thermische und hydrische Randeffekte beigemessen werden, handelt es sich nicht nur um einen hypothetischen, auf bloße Vermutungen basierenden Verlauf, sondern auch um eine einseitige und unvollständige Betrachtungsweise, die mehr als unreflektiert und blauäugig erscheint und der nicht gefolgt werden kann.“

Es ist mehr als fraglich, ob mit angeblichen „wissenschaftlichen Studien“ bei der Staatsanwaltschaft ein Blumentopf zu gewinnen wäre. Sie würde einfach verweisen auf die erfolgreiche „Wiederbewaldung der Flächen mit gezielter Einbringung sich als klima-resilient erweisender Baumarten“.4siehe Strafanzeige gegen [geschwärzt] wegen der Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete., S. 3

Am 9. Februar 2022 folgt dann ein 2-minütiges Video:

Hier ist das Transkript:

„Guten Morgen!
Es gibt Neuigkeiten in Sachen Montabaurer Höhe. Ja, wenn die Verantwortlichen dort gedacht haben, es wäre jetzt Ruhe, nachdem die Staatsanwaltschaft die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt hat, dann haben sie sich getäuscht. Also das wollen wir so nicht stehen lassen. Und wir wollen vor allem diese Praxis stoppen, Kahlschläge zu machen. So – was ist passiert? Die Staatsanwaltschaft hatte die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt u. a. mit der Begründung, dass von toten Bäumen keine Beschattungswirkung ausgehen würde. Mmh. Das kann jeder selber nachprüfen, dass auch tote Bäume Schatten werfen, ja. Und ähnlichen Dingen, die wir sehr merkwürdig fanden. Und uns hat mal interessiert: wo hat denn die Staatsanwaltschaft ihre Begründungen her. Sie ist ja keine Fachbehörde und normalerweise würde man dort auch keine Fachleute vermuten. D. h., sie sollte sich dann ja eigentlich Rat bei den zuständigen Behörden eingeholt haben und die haben wir gefragt. Da gibt es ja ein Landesinformationsgesetz, da haben wir nachgefragt und die haben auch Auskunft gegeben. Nein, sie hätten keinerlei Kontakt mit der Staatsanwaltschaft gehabt. Mmh! Interessant! Wir haben u. a. auch das Agieren der Staatsanwaltschaft in diesem Fall in eine Ergänzung unserer Beschwerde an die EU-Kommission beigefügt. Das liegt dort auch auf dem Tisch. Und wir sind ganz optimistisch, dass es dort Bewegung geben wird, weil die EU-Kommission ja genau wegen ähnlicher Dinge die Bundesrepublik Deutschland verklagt; dass eben die FFH-Bestimmungen nicht vernünftig umgesetzt werden. Und kommen wir noch mal zur Montabaurer Höhe zurück. Diese Kahlschläge sind in keinem Managementplan und es hätte eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Stattdessen ist es dort zur teilweisen oder vollständigen Vernichtung von Arten gekommen, zur teilweisen oder vollständigen Vernichtung von Habitaten und ja – das kann man nicht auf sich beruhen lassen. Also wir werden mit unserer gGmbH –  also Wald und Wildnis gGmbH, die wir gegründet haben dank Eurer Spenden – dran bleiben und nicht locker lassen, bis diese Praxis – diese aus unserer Sicht illegalen Kahlschläge – endlich aufhört.

Ich möchte einige von Wohllebens Aussagen kommentieren:

  1. Wohlleben „bleibt dran“
  2. Vernichtung von Arten und Lebensräumen
  3. Fehlende FFH-Verträglichkeitsprüfung
  4. Beschwerde bei der EU-Kommission
  5. Staatsanwaltschaft und der Rat von Fachbehörden

1. Wohlleben „bleibt dran“

Ich weiß nicht, was Wohlleben drei Jahre nach dem Video bei der StA Koblenz erreicht hat. Ich weiß nicht, ob er weiterhin „dran bleibt“ und „nicht locker lässt“ Zumindest berichtet er auf X darüber nichts mehr. Eine Suche „from:PeterWohlleben Staatsanwaltschaft“ bleibt nach dem 9. Februar 2022 ohne jede Ergebnisse. Auch im Downloadbereich von Wohllebens Wald und Wildnis keine neuen Dokumente. Auch keine Neuigkeiten zu diesem Projekt.

2. Vernichtung von Arten und Lebensräumen

Auf den 19 DIN-A4 Seiten der Klage kommt das Wort „Vernichtung“ nur ein einziges Mal vor.5siehe Strafanzeige wegen des Verdachts der wiederholten Gefährdung eines schutzbedürftigen Gebiets gemäß § 329 Abs. 4 StGB (Natura-2000-Gebiet „Montabaurer Höhe“ in Rheinland-Pfalz, S. 9 In dem kurzen Video dagegen spricht Wohlleben gleich zweimal von der „teilweisen oder vollständigen Vernichtung“. Vielleicht hört sich „Schädigung“ nicht dramatisch genug an. „Vollständige Vernichtung“ ist eindrucksvoller.

Ob teilweise oder vollständig. Ob vernichtet oder geschädigt. Welche Arten betroffen waren, sagt Wohlleben im Video nicht. Die Klage behauptet auch an keiner einzigen Stelle, dass eine Art „vernichtet“ worden sei. Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Raufußkauz, Schwarzspecht und Sperlingskauz werden zwar genannt. Aber was genau mit ihnen geschehen ist, wird offen gelassen. Immer wieder findet sich in der Klage: „Beweis: Zeugnis des [geschwärzt]“

Was ist da von wem wie bezeugt worden?6siehe meinen Exkurs auf der nächsten Seite: Wie weist man die Schädigung eines Lebensraums nach? Wir wissen es nicht. Die Anlagen zur Anzeige fehlen. Auf jeden Fall reichte dieses Zeugnis der Oberstaatsanwältin nicht:

„Zureichende konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Schädigungen sind indes nicht gegeben und lassen sich auch aus der Strafanzeige nicht herleiten.“7siehe Strafanzeige gegen [geschwärzt] wegen der Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete., S. 3

Auch welche Habitate beschädigt wurden, lässt Wohlleben im Video offen. Die Anzeige ist konkreter: Es ging um Moore, Quellfluren, Bäche, Borstgrasrasen, Hainsimsen- und Waldmeister-Buchenwälder:

„[V]on erheblichen Schädigungen oder sogar Vernichtungen [ist] infolge der 2020/2021 erfolgten Maßnahmen auszugehen“.8Strafanzeige wegen des Verdachts der wiederholten Gefährdung eines schutzbedürftigen Gebiets gemäß § 329 Abs. 4 StGB (Natura-2000-Gebiet „Montabaurer Höhe“ in Rheinland-Pfalz, S. 8 ff

Die Staatsanwaltschaft ging nicht davon aus. Anhaltspunkte für eine Beschädigung bzw. Vernichtung bzw. Gefährdung von Arten oder Lebensräumen haben sich nicht ergeben. Punkt. Aus. Ende. Dass Wohlleben nun dieselben Vorwürfe wiederholt, ist zwecklos. Er steckt in einer Sackgasse:

3. Fehlende FFH-Verträglichkeitsprüfung

„Ja, wenn die Verantwortlichen dort gedacht haben, es wäre jetzt Ruhe, nachdem die Staatsanwaltschaft die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt hat, dann haben sie sich getäuscht.“

Wäre man böswillig, könnte man auch sagen: Wohlleben verhält sich wie ein trotziges Kind. Die Eltern sagen „Nein!“, aber das Kind stampft wütend mit den Füßen auf den Boden und sagt: „Doch!“ Die Oberstaatsanwältin kann noch so überzeugend begründen, dass eine Verträglichkeitsprüfung nicht notwendig war9siehe Strafanzeige gegen [geschwärzt] wegen der Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete., S. 2, Wohlleben sagt: „Doch!“

4. Beschwerde bei der EU-Kommission

Die EU-Kommission, auf die Wohlleben im Video noch so große Hoffnungen setzt, hat bereits geantwortet. Die Antwort ist kein Geheimnis und nicht irgendwo versteckt. Man findet sie im Downloadbereich von Wald und Wildnis. Die Kommission antwortete bereits am 14. Februar – also nicht einmal eine Woche nach dem Video. Das Schreiben umfasst nur knapp zwei DIN-A4-Seiten und ist damit noch einmal kürzer als die ohnehin kurze Antwort der Staatsanwaltschaft.10Ihre Beschwerde vom 12.8.2021 – CHAP(2021)03147 Die Antwort aus Brüssel ist aber mindestens ebenso niederschmetternd:

„Bezüglich des Entfernens der Fichtenbestände aus dem Gebiet sehen wir dagegen keinen Verstoß gegen die Vorgaben der FFH-Richtlinie.“

Im Video hatte Wohlleben gesagt:

„Also wir werden mit unserer gGmbH –  also Wald und Wildnis gGmbH, die wir gegründet haben dank Eurer Spenden – dran bleiben und nicht locker lassen, bis diese Praxis – diese aus unserer Sicht illegalen Kahlschläge – endlich aufhört.“

Die EU-Kommission attestiert Wohlleben ebenso wie die Staatsanwaltschaft, dass seine Sicht falsch ist. Nur aus seiner Sicht sind die Kahlschläge illegal. Aus Sicht der EU-Kommission sind sie legal. Da nützen die ganzen Spenden gar nichts. Und das Stampfen mit den Füßen auch nichts.

5. Staatsanwaltschaft und die Beratung von Fachbehörden

„Und uns hat mal interessiert: Wo hat denn die Staatsanwaltschaft ihre Begründungen her?“

Wen interessiert das? Dass die OStA ihre Begründungen sich nicht selbst ausgedacht hat, ist doch völlig klar. Sie muss sich mit Urteilen und Gesetzen auskennen, aber doch nicht mit dem Lebensraum des Großen Mausohrs! Natürlich hat sie angefragt bei den Verantwortlichen z. B. des Forstamts Neuhäusel oder der Landesforsten oder des Umweltministeriums. Was spielt das für eine Rolle? Eine OStA muss auch nicht die neuesten wissenschaftlichen Studien über Totholzmengen in Naturschutzgebieten kennen. Das Schreiben einer OStA ist keine wissenschaftliche Studie aus dem Fachbereich Ökologie. Was also soll diese Frage von Wohlleben? Das ist doch eine Sackgasse!

Und es kommt noch schlimmer! Im Downloadbereich von Wohllebens Wald und Wildnis finden sich 4 Dokumente, die Wohlleben noch tiefer in die Sackgasse führen:

  1. 22. Dezember 2021 – Rechtsanwältin Dr. Ziehms an das MKUEM – Antrag nach dem UIG/Landestransparenzgesetz
  2. 12. Januar 2022 – MKUEM an Rechtsanwältin Dr. Ziehms – Ihr Antrag nach dem UIG/Landestransparenzgesetz
  3. 11. Februar 2022 – MKUEM an Rechtsanwältin Dr. Ziehms – Korrespondenz mit der Staatsanwaltschaft Koblenz
  4. 3. Dezember 2021 – E-Mail des MKUEM an die StA Koblenz – Anzeige gegen das Forstamt Neuhäusel, die Zentralstelle der Forstverwaltung und das MKUEM

Wohlleben hat die Antwort auf seine Frage bekommen! Und zwar schon zwei Tage nach seinem Video. Sie steht im dritten Schreiben und nimmt direkt Bezug auf das Video:

„Zwecks Richtigstellung des in der Videobotschaft dargestellten Sachverhalts möchte ich ergänzend darauf hinweisen, dass wir nach Bekanntwerden der von Ihrem Mandanten erhobenen Vorwürfe in den Medien Anfang Dezember proaktiv mit der Staatsanwaltschaft Kontakt aufgenommen und eine fachliche Stellungnahme zu den öffentlich erhobenen Anschuldigungen dorthin übermittelt haben.“

Die Übermittlung geschah mit einer E-Mail, dem vierten Dokument:

„Ich nehme Bezug auf unser Telefonat vor einer Woche und übersende Ihnen auf diesem Weg die im MKUEM erstellte rechtliche Einschätzung zu der Strafanzeige […].“

Den Vorwurf eine Gefährdung von Naturschutzgebieten hält das MKUEM „in mehrfacher Hinsicht für unbegründet“.

„Die rechtliche Einschätzung ist in Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Fachleuten und dem hiesigen Rechtsreferat erfolgt. Zur Veranschaulichung liegen Dokumente insbesondere des Forstamts Neuhäusels und Kartenmaterial bei“.

Meine Oma hätte Wohlleben vermutlich gefragt: „Und nun? Bist Du nun dicker?“

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