Kontinuität des Lebensraums
Mit Kontinuität des Lebensraums bzw. der Kontinuität des Habitats (engl. habitat continuity) meinen Lachat und Müller folgendes:
“Ein anderes Merkmal von Urwäldern ist die kontinuierliche Versorgung mit großen Mengen an Totholz und alternden Bäumen über mehrere Jahrhunderte und länger. Diese Kontinuität des Habitats konzentriert sich auf die Notwendigkeit für Arten, sich kontinuierlich in einem Bestand fortzupflanzen.” ((S. 589, Hervorhebungen von F.-J. A.))
Einfacher gesagt: Käfern, die wie der Eremit auf große Baumhöhlen angewiesen sind, reicht es nicht, wenn diese gerade jetzt in einem Waldstück verfügbar sind; sie müssen dort über viele Jahrhunderte ständig vorhanden gewesen sein. Dies hat schwerwiegende Konsequenzen für das Überleben von Totholzinsekten:
“Viele sogenannte alte Wälder [engl.old-growth forests] beherbergen [heute] Totholzmengen und Habitatstrukturen, die denen von Urwäldern ähneln. In ihnen ist es aber in der Vergangenheit zu einer Unterbrechung der Versorgung mit Totholz gekommen wegen der Bewirtschaftung und der Holzernte. Eine Folge davon ist, dass einige Arten von Totholzinsekten verschwunden sind und heute immer noch abwesend sind, obwohl die gegenwärtige Struktur für sie günstig wäre.” ((ebd., Hervorhebungen von F.-J. A.))
So wurden beispielsweise im Steigerwald in der Vergangenheit viele Urwaldreliktarten ausgerottet: Unvollständige Liste der ausgerotteten Urwaldreliktarten im Steigerwald. Sie sind bis heute nicht zurückgekehrt, obwohl die Naturwaldreservate Brunnstube und Waldhaus durchaus old-growth forests sind. Woher auch sollten sie zurückkehren? Und wie? Denn:
“Besonders spezialisierte Insektenarten mit geringer Mobilität, wie z. B. einige, die in Baumhöhlen vorkommen, könnten empfindlich sein gegenüber einer Unterbrechung der Kontinuität des Habitats, weil sie nicht rechtzeitig ein alternatives Habitat finden können innerhalb der [engen] Grenzen ihres Ausbreitungsraums.” ((ebd., Hervorhebungen von F.-J. A.))
Deshalb fassen Lachat und Müller zusammen:
“Nicht nur die räumliche, sondern auch die zeitliche Kontinuität von Totholz und alten Strukturen, wie sie in Urwäldern vorhanden sind, stellen Schlüsselfaktoren dar für den Schutz von Totholzinsekten mit hohen Habitatanforderungen und geringer Mobilität.” ((ebd., Hervorhebungen von F.-J. A.))
Nach oben
Zurück zur Einleitung
Nächste Seite: Natürliche Störungen