Antwort auf die 3. Frage
Meine Frage:
“Wie hoch ist der Terminaltriebverbiss der gepflanzten Buchen hier?”
Antwort Frau Bauling:
“Der Terminaltriebverbiss im NLP- Revier Oderhaus beträgt durchschnittlich 52%.”
Anstelle die Verbissergebnisse für die Unterflächen 482d2 und 482d3 der Abt. 482 nennt sie die Zahl für das gesamte NLP-Revier Oderhaus. Für die bepflanzten Unterflächen hat sie diese Zahlen auch gar nicht. Das Verbissgutachten gibt sie nicht her; keiner der 16 Aufnahmetrakte führt mitten durch die Unterflächen. Der nächste Trakt verläuft entlang des Silberteichs:
Ausschnitt aus der Karte mit den Aufnahmetrakten (1: Kaiserweg, 2: Silberteich)
Zum Vergleich ein Ausschnitt aus Google-Maps:
52%. Sie meint das nicht ernst. Sie kann das nicht ernst meinen. Die Zahl stimmt nicht. Jeder kann das mit eigenen Augen sehen. Und selbst wenn sie stimmen würde, wäre es eine Bankrotterklärung: 11.000 Buchen gepflanzt, die Hälfte verbissen.
Man stelle sich einen Revierleiter bei den Niedersächsischen Landesforsten vor, dem Ähnliches passierte. Was antwortet er dem Forstamtsleiter, wenn der ihn zur Rede stellt: “Kommen Sie bitte in mein Büro. Auf meinem Schreibtisch liegt da dieses Verbissgutachten. 52%?” – “Tut mir leid. Ich bin nicht schuld. Die Hirsche… Die Jagdgenossenschaft… Der Jagdpächter… Die Untere Jagdbehörde… Die Höhere Jagdbehörde… Das Ministerium…” – “Ach so! Na dann ist ja alles gut!” Würde das so laufen?
Wie läuft das im NLP? Ist Frau Bauling – als Leiterin der Fachbereichs 3 hauptverantwortlich für die Wildbestandsregulierung – irgendjemandem rechenschaftspflichtig? Liest irgendeiner ihrer Vorgesetzten Verbissgutachten? Was sagen Politiker, wenn sie offiziell den NLP besuchen und dann eine Fläche wie die an der B4 sehen? “Wie nannten Sie das? Laubbauminitialen? Aha! Waldumbau? Soso! Viel zu tun, nicht wahr? Na! Frau … wie war noch mal der Name? Bauling? Frau Bauling! Gute Arbeit! So weitermachen!”
In den Augen ihrer Vorgesetzten leistet Frau Bauling sicherlich gute Arbeit. Sie wäre sonst nie Fachbereichsleiterin und auch nicht stellvertretende Leiterin des NLP geworden. Und doch – auffällig ist der Aufwand, den sie bei ihrer Antwort betreibt. Fast so, als habe sie ein schlechtes Gewissen: sie legt die Powerpoint-Präsentation zum Verbissgutachten bei, beginnt im Brief extra ein neues Kapitel zum “Thema Wildverbiss” und verweist auf eine Fülle von Gesetzen, Maßnahmen, Schutzzielen, Plänen, Grundsätzen, Abschnitten und Punkten. So als wolle sie sagen: “Ich mache alles richtig. Ich kenne die Vorschriften und ich halte mich genau an sie!”
Was sie nicht erwähnt, sind die Abschusszahlen. Sie fallen.Tätigkeitsbericht NLP Harz 2020, S. 48
Die Abschusszahlen fallen und die Verbissrate steigt.
Anlage Verbissergebnisse, S. 7
Ein Desaster. Ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen darf. Wie aus dem Lehrbuch. “Wie nannten Sie das? Wildbestandsregulierung? Aha! Soso! Viel zu tun, nicht wahr? Na! Frau … wie war noch mal der Name? Bauling? Frau Bauling! Gute Arbeit! So weitermachen!”
Nach oben
Zurück zur Einleitung
Nächste Seite: Antwort auf die 4. Frage
Wohin wurde das Holz aus dem Nationalpark Harz D verkauft?
Angeregt durch Ihre Schilderungen haben wir im Juni 2020 die Region Harz besucht. Die Feldlerchen, Kornblumen, Hasen, Baumpieper, Kulturlandschaften, die Geschichte bis hin zu kapitalen Hirschen, riesige Flächen mit abgestorbenen Fichten und der Horror-Forstwirtschaft haben uns beeindruckt. Enttäuschend präsentierten sich die Informationen, Beschilderungen und Prospekte über die Landschaft. National- und Regionalparks, die mit viel identischer Eigenwerbung immer mehr Länder überziehen, finde ich zunehmend doof. Sie ziehen Leute an. Sie vermitteln auf eine linear-dogmatische Art einen Fächer von Behauptungen und Aktivitäten, die mit Natur und naturkundlichen Realitäten wenig zu tun haben. Als Besucher fühlt man sich gegängelt. Man merkt die Absicht und wird angespannt-verstimmt. In den touristisch erschlossenen Gebieten kommt nirgends so etwas wie ein Gefühl der inneren Ruhe auf. Man braucht viel Erfahrung und noch mehr eigenen Willen, damit man Beobachtungen einordnen, komplexe Zusammenhänge in Raum und Zeit erkennen und würdigen kann.
Das Thema Harz ruhte in der Corona-Pause. Der Ukrainekrieg, die neuerliche Ankurbelung des Wachstums, die Energiewende und die mitteleuropäischen Missionen der globalen Klimarettung befeuerten im eigentlichen Sinne des Ausdrucks die Forstwirtschaft auf ihrem Holzweg.
Wirtschaftlich erfolgreiche Forstreviere im Aargauer Jura (Schweiz, südlich des Rheins) verkaufen 75 Prozent ihres nachwachsenden Holzes als Holzschnitzel an Heizkraftwerke. Weil die Landesregierung (im Einklang mit der EU) unter dem Druck der Forstlobby das CO2 aus der Holzverbrennung als klimaneutral bezeichnen, boomen Bau und Betrieb von Holzheizkraftwerken. Der physikalische Unfug ermöglicht die buchhalterische Einhaltung von Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen. Der globale CO2 Gehalt und die Temperatur steigen unbeeindruckt weiter an. Hitzeinseln wachsen unvermindert weiter. Waldareale werden so malträtiert, dass ihre Kahlschlagflächen den klimawandel sogar unterstützen. Modernste Lastwagen holen Hackschnitzel direkt im Forst ab. Sie karren sie in grossen Mengen durch ganz Europa. Lastwagenfahrer berichteten in Zeihen, dass sie für die Industriellen Werke Basel IWB (www.iwb.ch) Holzschnitzel aus Deutschland holten. Entfernung 650 km (Fahrstrecke ein Weg). 650 km entsprechen genau der Strassenlänge Basel CH – Harz. Die Kommunikationsabteilung der IWB bestritt weder die Distanz noch die Lieferung der Holzschnitzel aus Deutschland. Man beruft sich in Basel auf „aussergewöhnliche Umstände“. Ich nehme an, es handelte sich um Holz, das nach den Waldbränden geschlagen und preiswert verkauft wurde. Über die Lieferanten hüllte sich die IWB in Schweigen. Weder im Internet noch im Geschäftsbericht 2022 der IWB habe ich dazu Informationen gefunden.
Die Fragerei bei Unternehmen und Verwaltungen ist generell mühsam und ernüchternd. Die Angestellten versenden wohlformulierte Texte, neu erfundene Begriffe, Begriffskombinationen und Begriffsinhalte. Einfachste Realitäten, wirtschaftliche Zwänge und politische Vorgaben werden verschleiert. Nationalparkmythen und Ansehen von Unternehmen müssen geschützt werden. Um Gerüchten und Kritikern vorzubeugen, nutzen die Verantwortlichen Erzählungen (Narrative) und ständige Wiederholungen. Die Forstwirtschaft kann mit schematischen Buchenanpflanzungen im Harz einen neuen Wald begründen. Holzverbrennung und CO2 Buchhaltungen tragen zu einem klimaneutralen Wirtschaftswachstum bei (IWB von Natur aus klimafreundlich). Nationalparks dienen der Natur und der Waldentwicklung.
Heiner Keller, CH Zeihen, 08.08.2023