Beschwerde über LANUV und BSWR

Kritik an der Antwort des LANUV

Ich gliedere meine Kritik in fünf Abschnitte:

  1. Allgemeine Grundsätze statt konkreter Regeln
  2. Vorwand Roteiche
  3. Deckmantel Roteiche
  4. Roteiche und Klimawandel
  5. Bodenschonender Harvester

 

Alle Fotos auf dieser Seite zeigen den verhackstückten Fernewald im April 2015.

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1. Allgemeine Grundsätze statt konkreter Regeln

Vergleichen wir einmal die Aussagen von Herrn Klesen, dem ehemaligen ((Klesen wurde 2014 pensioniert und durch Juliane Saebel ersetzt. Siehe: Der Herr der Kirchheller Heide geht, WAZ vom 14. August 2014)) Leiter des Teams Waldbewirtschaftung West des RVR, und von Frau Biedermann. Klesen hatte gegenüber der WAZ ((siehe Doch wie’s da drinnen aussieht, WAZ vom 28. Januar 2008)) behauptet, an der Erarbeitung des Forstbetriebswerks sei auch die Landesanstalt für Ökologie “beteiligt” gewesen. Dies ist zwar nicht gelogen, legt aber beim Leser der WAZ das Missverständnis nahe, dass konkrete Einzelmaßnahmen wie 2008 am Spechtsbach oder nun 2015 im Fernewald mit der Landesanstalt abgesprochen gewesen seien und die Anstalt diesen zugestimmt habe. Genau dies ist aber nicht der Fall. Nur bei einem einzigen Kapitel des Forstbetriebswerks war die Anstalt “beteiligt” und in diesem ging es um “allgemeine Naturschutzziele im Wald” und um “allgemeine Grundsätze für die Waldbewirtschaftung”. Man achte auf die Wortwahl: Selbst beim Kapitel “Naturschutz”, dem ureigenen Zuständigkeitsbereich der Landesanstalt, war sie nur “beteiligt“. Und sie schreibt dem RVR nicht etwa konkrete Regeln vor, wie z. B. einen Rückegassenabstand von 40 m, Seilkraneinsatz in Feuchtgebieten oder einen Eingriffsstopp in alten Laubwäldern. ((siehe Umweltverbände fordern Einschlagstopp für alte Buchenwälder)) Stattdessen belässt es die Anstalt bei “allgemeinen” Zielen und Grundsätzen. Die aber stehen sowieso im Landesforstgesetz ((z. B. im § 1 b über “Ordnungsgemäße Forstwirtschaft”)) und sind im Alltag völlig wirkungslos.

 

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2. Vorwand Roteiche

Frau Biedermann beruft sich auf das Sofortmaßnahmenkonzept für den Köllnischen Wald: Die Roteiche ist eine Exotin. Sie stammt aus Nordamerika und ist hier “nicht bodenständig”. Sie gehört nicht zur “natürlichen Waldgesellschaft”. Deshalb muss sie weg.

Die 10-Jahres-Planung für die Abteilung 727 B beweist aber, dass die Durchforstungsmaßnahme gerade nicht dem “langfristigen Ziel der Umwandlung der nicht bodenständigen Roteichenbestände in Wälder der natürlichen Waldgesellschaft” dient:

727_B_2

Bei allen fünf Baumarten soll lediglich der zehnjährige Zuwachs genutzt werden: Bei der Roteiche beispielsweise beträgt der Zuwachs pro Jahr 14 Efm. 158 Efm sollen gefällt werden. Beim Bergahorn lauten die Zahlen 22 und 162 Efm. Dort soll geringfügig weniger als der laufende Zuwachs eingeschlagen werden. An der Baumartenzusammensetzung ändert sich so nichts: Der Anteil des Bergahorns steigt geringfügig von 36 auf 40 % und der der Roteiche bleibt praktisch konstant bei ungefähr 30 %.

BaumartVorrat 2005ZuwachsNutzungVorrat 2015Anteil 2005Anteil 2015
Bergahorn3812201624393640
Roteiche3391401583213229
Esche11640461101110
Roterle16850501681615
Birke6720335465
Summe1.0714704491.092100100

Die Einheit für Vorrat, Zuwachs und Nutzung ist Efm. Die Angaben beziehen sich nicht auf den einzelnen ha, sondern auf die gesamte Abteilung 727 B, die 7,1 ha groß ist. Der Anteil einer Baumart am gesamten Holzvorrat ist in gerundeten Prozenten angegeben.

 

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3. Deckmantel Roteiche

Offiziell wird die Durchforstung mit dem Zurückdrängen der Roteiche begründet. Die Holzpolter am Forstweg sprechen eine andere Sprache: Im Fernewald wurden 1.730 Rm eingeschlagen, davon entfielen auf die Roteiche nur 642 Rm. ((siehe Holzeinschlag im Fernewald)) Das sind 37 % – also praktisch nur ein Drittel der gefällten Bäume. Zwei Drittel entfielen auf Bergahorn, Birke, Erle und Esche – alles heimische Baumarten und keine Exoten.

 

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4. Roteiche und Klimawandel

Ich habe das Sofortmaßnahmenkonzept und die fixe Idee, man müsse fremde Baumarten wie Pappeln oder Roteichen ausmerzen, bereits früher ausführlich kritisiert und das möchte ich hier nicht noch einmal wiederholen: siehe Was Wipf will oder auch Kahlschlag im Pappelwald. Erinnert sei auch an die Kritik von Prof. Reichholf an der willkürlichen und unwissenschaftlichen Unterscheidung zwischen “heimisch” und “nicht-heimisch”.

Stattdessen möchte ich hinweisen auf eine hervorragende Reportage des Deutschlandfunks zum Klimawandels aus dem Jahr 2014: Deutscher Wald – Bäumchen, wechsle dich! ((Zum Zeitpunkt des Abfassens dieses Artikels können Sie die Reportage auch nachhören.)) Die Reportage von Volker Mrasek wirft ein ganz anders Licht auf die sogenannten Exoten. Ohne dass die Öffentlichkeit irgendetwas davon mitbekommt, diskutiert die Forstwirtschaft Szenarien für den Fall eines drastischen Klimawandels. Realistisch ist, dass dieser nicht auf 2 °C beschränkt bleibt, weil der Treibhausgasausstoß nicht gedrosselt wird. ((siehe dazu das aktuelle Buch von Naomi Klein, Die Entscheidung: Kapitalismus gegen Klima, Frankfurt a. M. 2015)) Dann aber haben “unsere angestammten Waldbäume keine guten Überlebenschancen mehr – nicht einmal die Rotbuche”. ((ebd.)) Dann wird “der Umbau im Wald noch radikaler sein müssen.” ((Hervorhebungen von mir)) Dr. Michael Habermann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen und Dr. Ralf Petercord von der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising nennen ganz unverblümt Baumarten für die Zukunft: Neben den schon eingeführten Exoten Roteiche und Douglasie experimentiert die deutsche Forstwirtschaft auf “erste[n] Versuchsflächen” u. a. mit der amerikanischen Lerche, der Schwarznuss, der Libanon-Zeder, der kaukasischen Eiche, dem Tulpenbaum und dem Riesen-Lebensbaum.

Noch ein oder zwei Sommer wie 2003 ((siehe Hitzewelle in Europa 2003)) oder Winter wie 2005 ((siehe Münsterländer Schneechaos)) und LANUV und RVR werden über jeden Exoten froh sein, der im Köllnischen Wald wächst.

 

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5. Bodenschonender Harvester

2015 ist das weltweite Aktionsjahr für Bodenschutz. Frau Biedermann kennt die Fotos zur Bodenzerstörung im Fernewald. Ihre Antwort ist ein vorformulierter Textbaustein:

“Der Einsatz von Harvestern ist grundsätzlich ein zulässiges Arbeitsmittel im Rahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft – sofern er gewissen Grundsätzen – vor allem des bodenschonenden Einsatzes – entspricht. Verstöße gegen diese Grundsätze sieht das LANUV kritisch.”

Hat der Einsatz des Ergo 8 W der Firma Bertil Karlsson gegen diese Grundsätze verstoßen? Ja oder Nein? Das LANUV traut sich nicht, klar und deutlich Stellung zu beziehen. Eine deutsche Umweltbehörde macht so etwas nicht. Frau Biedermann weicht aus, flüchtet sich in unverbindliche Allgemeinplätze und schiebt am Ende die Verantwortung ab an die Untere Landschaftsbehörde der Stadt Bottrop, d. h. zu Frau Ina Olejniczak. Und nein – an sie werde ich jetzt keinen Brief mit der Bitte um eine Stellungnahme schreiben. Das ist Papierverschwendung.

 

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