“Jede Tonne Kohlenstoff, die den Wald in Form von Holz und Biomasse verlässt, steht für die Humusbildung nicht mehr zur Verfügung.”
Christian Kölling, Axel Göttlein und Andreas Rothe (( Kölling, C.; Göttlein, A.; Rothe, A. (2007): Energieholz nachhaltig nutzen. LWF aktuell 61, S. 32-36))
Zu 4: Politik und Vollbaumnutzung
Mantau weiß, dass das größte Hindernis die Politik ist:
“Waldrestholz ist grundsätzlich noch reichlich verfügbar, aber die Expansionsmöglichkeiten stoßen auf Kostengrenzen und Grenzen der politischen Akzeptanz aufgrund ökologischer Bedenken.” ((Holzrohstoffbilanz, S. 21))
Das schlimmste ökologische Problem ist – neben der Verdichtung der Böden durch Holzerntemaschinen – der Nährstoffverlust:
[…] Zudem verschwinden die meisten Nährstoffe per LKW Richtung Kraftwerk, ein Aderlass, der sich an kommenden Waldgenerationen rächen wird. Denn mehr als 50 % der kostbaren Mineralien eines Baumes sind in der Krone, den Ästen und Nadeln gespeichert.” ((Wohlleben, Holzrausch, S. 49))
Auch Forstbetriebsleiter Ulrich Mergner aus Ebrach weist auf das Problem der Bodenfruchtbarkeit hin:
Vollbaumernte durch das Forstamt Willebadessen ((siehe Großkahlschlag mit Zaun))“Auch die Bodenfruchtbarkeit muss nachhaltig betrieben werden. Auch das ist ein Grund, warum wir einen Teil des Holzes im Wald belassen müssen, weil wir dadurch die Bodenfruchtbarkeit erhalten und künftige Generationen ähnlich viel ernten können wie wir heute.” ((Energie aus dem Wald, BR 2014, Minute 33))
Der Streit geht nun leider darüber, wie viel Holz wir im Wald belassen müssen. Wohlleben verweist auf einen Artikel von drei angesehenen Forstwirtschaftlern, der online unter dem Titel “Biomassenutzung und Nährstoffentzug” verfügbar ist. Sie haben sich genau mit dieser Frage auseinandergesetzt:
“Ein gewisser Anteil der gesamten Biomasseproduktion (auf die Umtriebszeit ((Lebenszeit eines Baums im Wirtschaftswald)) berechnet denkt man an mindestens 30 %) sollte daher in jedem Fall im Bestand verbleiben und der Humusbildung dienen. Bei traditioneller Holznutzung verbleiben im allgemeinen 60 bis 70 % als Blatt- und Holzstreu, die jährlich herabfällt oder als vorerst noch stehendes Totholz im Bestand.” ((Kölling, C.; Göttlein, A.; Rothe, A. (2007): Energieholz nachhaltig nutzen. LWF aktuell 61, S. 32-36.))
Ich frage mich, woher die drei Wissenschaftler die Gewissheit nehmen, dass ausgerechnet 30 % belassener Biomasse im Wald genügen. Warum nicht 20 oder 50 %? Vielleicht wurde die Zahl gewählt, weil sie nach einem guten Kompromiss zwischen Ökologie und Ökonomie klingt: Von den 60 bis 70 % Biomasse bleibt die eine Hälfte im Wald, die andere landet im Ofen. Wissenschaftlich belegt ist die Zahl nicht:
“Leider gibt es derzeit noch Unsicherheiten, welche Nutzungsintensitäten auf welchen Standorten langfristig tragbar sind, und es existieren keine praxistauglichen Planungsunterlagen.” ((ebd.))
Die drei Regeln, die die Autoren “aus Vorsorgegründen” aufstellen, um die Vollbaumnutzung zu beschränken, eignen sich für Sonntagsreden und Hochglanzbroschüren – im Ernstfall spielen sie keine Rolle. Eine der Regeln lautet:
“Auf allen als sehr nährstoffarm bekannten Standorten ist die Nutzung auf das Derbholz, möglichst ohne Rinde, zu beschränken.” ((ebd., Hervorhebungen von mir))
Wie man diese Regel mit Hilfe eines 2 mm großen Käfers außer Kraft setzt, zeige ich auf der nächsten Seite.
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