Sehr geehrter Herr Striepen!
In Ihrer letzten E-Mail baten Sie mich, Fragen zur Naturwaldzelle Rosenberg (i. F. abgek. NWZ) direkt an Sie zu stellen und nicht etwa an Revierbeamte des Regionalforstamts Hochstift. Ich komme dieser Bitte gerne nach! Allerdings schreibe ich diese E-Mail dieses Mal als Offenen Brief, weil ich der Ansicht bin, dass der Inhalt Ihrer Antwort zum einen für eine breitere Öffentlichkeit interessant sein könnte und zum anderen sicherlich keinen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt.
Vorab eine kleine Anekdote: Ich war gestern zu Besuch bei Lukas von Fürstenberg, der mich gut eine Stunde in seinem Revier im Sauerland herumfuhr. Ich war geradezu sprachlos, wie viel er über seinen Wald wusste: hier hatte sein Großvater dies gemacht, hier sein Vater jenes und er habe hier vor kurzem usw. etc. pp. Er wusste genau, wo was wächst, was wann warum gepflanzt worden war, wie hier der Boden, dort das Licht und da drüben die Temperatur am Boden Anfang April sei. Warum erzähle ich Ihnen das? Nun – Sie müssen mir nicht gleich die Temperatur am Boden der Steinbeke Anfang April mitteilen, aber die eine oder andere Information über die Naturwaldzelle Rosenberg wäre schon interessant. Zumal diese explizit zu den NWZ für “Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung” gehört.
Quelle: Wildnis in Nordrhein-Westfalen
1. Frage
Östlich wird die NWZ von der Steinbeke begrenzt. Nur an einer Stelle – auf der beiliegenden Karte mit der Zahl 1 markiert – ist ein schmaler Waldbestand aus der NWZ ausgegrenzt worden. Dort stehen aktuell einige Dürrständer, aber auch eine – mindestens eine – große Stieleiche. Möglicherweise stehen auch in der NWZ selbst noch ein paar Stieleichen verstreut herum. Was ist die Geschichte dieses kleinen ausgegrenzten Bestandes? Interessant wäre, wie, warum und wann die Fichten und die Eichen da hin gekommen sind. Ebenso gut könnte ich fragen, warum die großen Bestände südwestlich der NWZ – also zwischen NWZ und Sandweg – für nicht schützenswert erachtet und ausgegrenzt wurden und wann und warum dort die Buchenbestände ruiniert wurden …
2. Frage
An der nordöstlichen Grenze der NWZ – auf der beiliegenden Karte mit der Zahl 2 markiert – wachsen in einem schmalen Streifen Linden. Dieser Streifen wurde teilweise auch ausgegrenzt und gehört heute nicht zur NWZ, sondern zum Wildnisentwicklungsgebiet. Was ist die Geschichte dieser Linden?
3. Frage
Im Nordwesten zweigt der Buchen-Wildnis-Pfad vom Forstweg ab und verläuft als schmaler Pfad an der Grenze der NWZ entlang – auf der beiliegenden Karte mit der Zahl 3 markiert. Der Weg führt mitten durch dichte Buchenverjüngung vorbei an Buchenstubben und Überhältern. Was ist die Geschichte dieses Schirmschlags? Ein Verschwörungstheoretiker möchte vermuten, dass die Ausweisung als NWZ 1998 noch gerade rechtzeitig kam, um den Schirmschlag auch dort zu verhindern.
4. Frage
Was ist über die forstwirtschaftlichen Eingriffe in den Bestand vor seiner Ausweisung als NWZ bekannt?
5. Frage
Die Entscheidung, den Rosenberg als NWZ auszuweisen, fiel sicherlich nicht aus einer bloßen Laune heraus irgendwo spätnachts am Stammtisch; man möchte doch annehmen, dass es ein naturschutzfachliches Gutachten gegeben hat. Gibt es das noch? Und wenn ja, könnten Sie bitte die wichtigsten Stellen daraus zitieren?
6. und letzte Frage
Die Informationsschilder, die auf dem Rundweg am Naturschutzzentrum Steinbeke aufgestellt sind, haben überhaupt nichts mit der konkreten NWZ Rosenberg zu tun. Böse Zungen behaupten, dass der Inhalt aus Bestsellern von Peter Wohlleben und Suzanne Simard abgeschrieben wurde. Wer ist der Adressat dieser Schilder – ich vermute Schüler der Mittelstufe – und was ist das Lernziel?
Ich räume ein, dass das viele und komplexe Fragen sind. Ich würde mich freuen, wenn Sie sie bis zum Jahresende beantworten würden. Wenn Sie mehr Zeit brauchen, bitte ich um eine kurze Nachricht!
Vielen Dank für Ihre Arbeit sagt Ihnen schon jetzt
gez. Franz-Josef Adrian
P.S.:
Wäre es wohl möglich, das folgende Plakat aus der Römerhütte zu entfernen? Ich bin sicherlich nicht der einzige, der solche PR unpassend findet und bei der Rast in der Schutzhütte davon peinlich und auch unangenehm berührt wird.
P.P.S.:
Kürzlich besuchte ich die NWZ 29 Kluß. Phantastisch! Großartig! Spektakulär! Aber keine Sorge! Dazu habe ich keine Frage – nicht eine einzige. Diese NWZ steht ja im Band Naturwaldzellen III der Schriftenreihe der Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung (LÖLF) Nordrhein-Westfalen.