Der Urwald vor den Toren der Stadt Porta Westfalica

Ein zweiter Urwald vor den Toren der Stadt

Einleitung – Der Ästige Stachelbart

Sie müssen nach der Wanderung in der Wolfsschlucht nicht gleich wieder nach Hause fahren. Ich schlage Ihnen vor, in Porta Westfalica zu übernachten und am nächsten Tag noch eine Wanderung durch einen anderen spektakulären Wald zu machen. Und spätestens jetzt werden einige Leser davon überzeugt sein, dass ich endgültig verrückt geworden bin:

“Erst empfiehlt er irgend so einen komischen ‘Wildniswald’ und hält ihn sogar für einen ‘Urwald vor den Toren der Stadt’. Und jetzt will er mir vorschlagen, in Porta Westfalica zu übernachten und am nächsten Tag noch eine Wanderung zu machen! Noch ein zweiter  ‘Urwald’! In Porta Westfalica! Ausgerechnet! Der hat sie doch nicht mehr alle!”

Nun – davon dürften einige seit meinem wohlwollenden Artikel über Ullrich Mergner sowieso überzeugt sein. Ich hatte eben 2016 den schweren Fahrradunfall und bin dabei auf den Kopf gefallen und wie heißt es so schön bei Dörte Hansen:

“Manche fielen auf den Kopf, wie Carsten Leidig, als er klein gewesen war, seit damals hatte er sie nicht mehr alle.”1Mittagsstunde, S. 69

Aber ich meine das ganz ernst: Es gibt einen zweiten spektakulären Wald nur km von Porta Westfalica entfernt. Ich meine die Naturwaldzelle Nammer Berg und ich habe gute Gründe dafür, dass dieser Wald außergewöhnlich und sehenswert ist. Es liegt nicht nur mit der sensationellen Fülle von Biotopbäumen an den Nammer Klippen zusammen. Es liegt nicht nur daran, dass der Wald seit 50 Jahren nicht mehr bewirtschaftet wurde. Und es liegt auch nicht nur an den 200 Jahre alten Buchen. Nein, es hängt mit dem Ästigen Stachelbart zusammen. Und dazu möchte ich eine kleine Geschichte erzählen:

Der Ästige Stachelbart ist ein Pilz. Nicht irgendein Pilz und auch nicht nur Pilz des Jahres 2006, nein – es ist der Pilz. Georg Sperber schreibt über ihn:

“Als spektakulärer Höhe- und Schlusspunkt einer Pilzsukzession kann auf modrigen Starkbuchenleichen eine märchenhafte Pilzgestalt, der Ästige Stachelbart, auftreten. Der europäische Kongress hat diese Pilzart in die Liste der zehn besonders erhaltenswerten Arten aufgenommen. Seit Menschengedenken hatte sie nur in den letzten Refugien als kostbarste Rarität überdauert.”2Georg Sperber u. Thomas Stephan, Frankens Naturerbe – Buchenwälder im Steigerwald, Bamberg 2008, S. 118

Welche magische Anziehungskraft diese “schönsten  und seltensten Glanzstücke der Pilzwelt alter Buchenwälder3ebd. auf Naturfreunde haben, konnte ich selbst erleben auf der oben bereits erwähnten Exkursion durch den Nationalpark Hainich. Wir kamen vorbei an einem vermodernden alten Buchenstamm, auf dem der Ästige Stachelbart wuchs. Fortan gab es kein Halten mehr: Alle wollten ein Foto machen und alle standen fast andächtig um den Baumstamm herum.

NLP-Chef Großmann musste die Exkursion unterbrechen; niemand hörte ihm mehr zu. Ein anderer hätte sich vielleicht über dieses Spektakel rund um diesen Pilz lustig gemacht, aber ich war der Letzte, der ein Recht dazu hatte. 2014 war ich extra 400 km in den Steigerwald zum Naturwaldreservat Waldhaus gefahren, um diesen Pilz mit eigenen Augen zu sehen. Ich ging damals buchstäblich in die Knie vor dieser “bizarren Schönheit”, diesem “Filigrankunstwerk der Extraklasse”.4Pilzexperte W. Helfer, zit. n. Sperber a. a. O.

Die 400 km hätte ich mir sparen können; 3 km Fußweg hätten genügt – der Ästige Stachelbart wächst in der Naturwaldzelle Nammer Berg.


Wanderweg

Es gibt viele Wege zum Nammer Berg; einen davon habe ich schon 2013 hier beschrieben: Nammer Berg bei Porta Westfalica- Anfahrt und Wanderweg. In diesem Artikel beschreibe ich die Wanderung von Porta Westfalica aus. Es ist leicht zu finden: Gehen Sie einfach ein Stück der 13. Etappe des Weserberglandwegs Von Rinteln nach Porta Westfalica in umgekehrter Richtung. Zwischen dem oben erwähnten geschlossenen Hotel Porta Westfalica und der katholischen Kirche  St. Walburga steigen Sie auf der Falkenschlenke steil bergan und folgen unterhalb des Jakobsbergs dem Pionier-, Schwollmanns- und Grottenweg. Sie überqueren den Frettholzweg, passieren den Wanderparkplatz Levensiek und wandern dann auf dem Königsweg immer Richtung Osten. Dann biegen Sie links auf den Oberen Eggeweg.

Nachdem Sie einen Wetterpilz passiert haben, müssen Sie aufpassen. Denn kurz danach verlassen Sie den Weserberglandweg und biegen den zweiten Weg links ab Richtung Nammer Klippe (241 m). Der Abzweig ist in der Abbildung mit einem roten X markiert. Der Wanderweg verläuft immer oberhalb der Nammer Klippen bis zum Nammer Kopf (266 m). Wenn Sie dort geradeaus weiter gehen, führt der Weg wieder hinunter auf den Weserberglandweg und Sie können denselben Weg wieder zurück wandern.

Habitatbäume auf den Nammer Klippen

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