Alexander Nebhuth ist Förster der Forstgenossenschaft „Reihebürgerschaft der Stadt Bad Münder“. Er ist u. a. zuständig für die Wälder nördlich des Süntelturms. Über die großen Kahlschläge dort hatte ich bereits mehrfach geschrieben1z. B. Kuchen und Kahlschläge am Süntelturm. Förster Nebhuth war so freundlich, mit mir am Telefon ein langes Gespräch zu führen. Das Transkript folgt hier:
Wir bezahlen alles selber
Mit welchen Bäumen haben Sie die Kahlschläge aufgeforstet?
Wir wollen versuchen, möglichst ökologisch zu arbeiten. Aufgeforstet haben wir die Flächen mit Lärche, Douglasie, Fichte, Roteiche, Kirsche, Elsbeere, Speierling, Hickory und Ahorn sowie am Rande einige Rosskastanien.
Wer zahlt das?
Wir sind ja ein privater Forstbetrieb, d. h.: Wir bezahlen alles selber. Und wir lehnen es strickt ab, Förderungen in Anspruch zu nehmen. Also wir haben schon Förderungen genommen, die Bundeswaldprämie haben wir in Anspruch genommen. Aber Pflanzförderungen lehnen wir ab, weil wir unseren Wald so gestalten wollen, wie wir das für richtig halten. Alles, was wir erwirtschaften, davon leben wir auch. Jeden Weg, den ich baue, jeden Stein, der da oben bezahlt ist, haben wir privat erwirtschaftet – ohne Förderung, ohne Subvention.
Das können die Landesforsten nicht von sich behaupten.
Die Landesforsten sind ein Subventionsbetrieb. Das ist so. Die machen ihr’s, wir machen unser’s. Ich fahre mit der Situation eigentlich ganz gut. Wir haben einen Laubholzbetrieb – zu 70 % von der Holzbodenfläche. Wir haben sehr viel Nadelholz verloren. Wir hatten 30% Nadelholz. Jetzt haben wir vielleicht noch 10 %.
Indien, Mexiko und China
Kurze Zwischenfrage: Was wird damit gemacht? Wird das verbrannt? Oder wird das Bauholz?
Wir machen verständlicherweise auch Brennholz, aber das Laubholz, 70 % ist ja meistens Buche, Buchenstammholz, das geht in die Möbelindustrie, z. B. die Schaeferwerke in Dassel. Die machen Blockware, auch für Möbel, aber auch Blockware, die nach Indien geht, nach Mexiko und nach China.
Entschuldigen Sie, was machen die? Blockware? Was heißt das denn?
Das ist sägefähige Buche, da machen die Bohlen und Bretter. Die werden nach Mexiko, Indien und China verschifft und die machen daraus Möbel.
Was ist mit Pollmeyer?
Pollmeyer auch. Genau. Pollmeyer ist auch ein Kunde von uns. Der verschifft auch nach China. Aber das Werk in Creuzburg bei Eisenach macht auch Blockware daraus.
Rehe und Hobbyjäger
Eine andere Frage: Was ist mit den Wildbeständen? Das ist ja häufig ein Problem.
Wir haben das Problem. Deshalb habe ich ja auch diese Schützer. Ich kann natürlich den ganzen Süntel nicht eingattern oder diese ganzen Einzelschützer drum herum machen. Das wäre zu kostenintensiv.
Und es geht kaputt! Ich hatte letztens ein völlig kaputtes Gatter gesehen. Wir gingen vom Waldparkplatz in Welliehausen zum Süntelturm.
Das ist vom Kollegen Kirchhoff2gemeinst ist Adrian Kirchhoff von der Revierförsterei Süntel des Forstamts Oldendorf der Niedersächsischen Landesforsten. Das ist schon zweimal durch den Wind umgefallen. Das weiß er. Er hat so Gatter-Horden-Module da verbaut – 4 m lang. Machen wir auch. Er hat halt das Problem, dass es da oben sehr windanfällig ist, das hat er schon zweimal repariert, jetzt knicken wieder Teile um. Zum Wild kann ich sagen: Das sind Präsenzflächen für uns.
Was sind Präsenzflächen?
Präsenzflächen heißt jagdliche Präsenzflächen auf diesen Kahlschlägen, auf diesen Windwurfflächen. Das wird ein Eldorado, das ist ein reines Habitat für Rehwild.
Das ist aber nicht gut für Sie!
Ja, eben! Jetzt geht das noch. Jetzt kann man das noch überschauen. Da stehen auch Kanzeln. Man kann da reinschießen. Das wird aber in den nächsten Jahren so sein, dass das relativ schnell zuwächst. Da entstehen Dickungskomplexe. Und da müssen wir uns dann überlegen, was wir mit der Jagd machen, weil die Hobbyjäger – das sage ich jetzt mal so, ohne die scharf zu kritisieren – kriegen diese Aufgabe so nicht bewerkstelligt. Und wir haben jetzt vor, die Jagdpachtverträge auslaufen zu lassen und dann eine Regiejagd zu machen, wo ich als Leiter der Forstverwaltung den Hut aufhabe, mir die Leute akquiriere, die kriegen von uns einen Begehungsschein, die dürfen dann natürlich auch jagen, sollen die auch, die aber so ein bisschen ans Händchen genommen werden von mir.
Brotbaum und Bild-Zeitung
Das hört sich total modern an! Als ob ich mit dem Lübecker Stadtförster hier sprechen würde. Was ich so traurig finde, ist, dass man darüber nichts erfährt. Ich habe im Internet nichts gefunden, keinen einzigen Artikel. Und ich denke, Sie machen doch da gute Arbeit.
Das weiß ich auch. Und das wird mir von den Leuten, die Ahnung haben, auch bescheinigt. Nur – ich habe nicht nur Freunde aufgrund der Tatsache, dass ich so arbeite. Mit den Jägern gibt es Spannungen, weil ich sage, wir müssen da etwas tun, wir müssen scharf jagen. Dann habe ich aus den eigenen Reihen Leute – das sind so typische Leute, die alles können, alles wissen – der Spiegel unserer Gesellschaft. Das kennen Sie vielleicht vom Elternabend Ihrer Schulklassen, da kommen Sie mit 15 Eltern gut zurecht, aber Sie haben 5 Querulanten dabei, die Sie kritisieren und sagen: Das, was er da macht, ist alles Scheiße!
Ja, aber was wollen die denn? Wollen die mehr Douglasien, oder was?
Ja, die Koniferen-Arten, ob man das machen kann, und Laubholz und ich versuche immer wieder zu erklären: Leute, wir haben einen Laubholzbetrieb, 70 %. Wir müssen versuchen, in der Zukunft das Nadelholz, was wir verloren haben, aufzuforsten, aufzufrischen, weil – Brettschichtholz, Bild-Zeitung, Playboy, OSB-Platten, das ganze Holz kommt aus Nadelholz, und das wird auch in Zukunft nachgefragt, und das wird sehr hochpreisig werden. So – und es ist völlig egal, wenn diese Fichte – sagen wir mal – nur 40 Jahre alt wird und fällt um, dann fällt die mir in die schwarze Zahl. So – und wenn mir eine Buche im Alter von 40 Jahren umfällt, dann habe ich Probleme, die abzusetzen.
Ach so! Jetzt verstehe ich, was Sie mir sagen wollen. Sie sagen jetzt, diese 30 % Nadelholz, die sind auch noch wichtig für Sie.
Die sind absolut wichtig: die Brotbäume unseres kleinen Betriebs.
Das haben mir auch schon mehrere Förster gesagt, dass sie ohne die Fichte aus den roten Zahlen nicht herauskommen.
Ja, eben. Ich sage es mal so: Ich mache mit 2,5/3 Fm Fichte mehr Geld als mit 1 Fm Buche, weil ich einfach auch viel zügiger bin – mit der Aufarbeitung usw.
Wo geht denn die Fichte jetzt hin? Ich frage mich immer, wird soviel gebaut in Deutschland?
Das ist da ja auch rückläufig, das kriegen Sie ja aus der Presse mit – die Zinsgeschichten usw. Bauholz selbstverständlich verkaufen wir auch. Es ist so: ein Teil von dem Stammholz geht nach China und nach Südkorea. Über die Container. Dieser ganze asiatische Markt, der war in der Krisensituation 18, 19, 20 sehr sehr wichtig, dass wir die ganze Geschichte hier finanziell tragen konnten. Das war wichtig, dass wir diesen Markt hatten. Wir haben aber auch heimische Sägewerke beliefert. Das tun wir auch nach wie vor. Was läuft, ist z. B. die Firma Pfeifer in Lauterbach, großes Werk in Hessen, die machen Profilzerspaner, da liefern wir hin. Dann die Firma Egger in Brilon. Und dann haben wir die Firma Lichtsinn in Rehburg-Loccum – die kaufen bei uns aktuell Palette und Verpackungsmaterial.
Pflanzschulen, Subunternehmer und Forststudenten aus der Slowakei
Letzte Frage: Haben Sie auch Probleme, Forstarbeiter zu bekommen. Die Polen wollen nicht mehr, hört man manchmal. Wer macht das? Wer ist da vor Ort?
Bei uns ist es so, wir haben 2 einheimische Forstwirte bei uns fest angestellt, die bei uns hier arbeiten im Forst. Aber ich arbeite sehr viel mit Fostdienstleistern, Harvesterfahrern und Rückefahrzeugen. Das ist auch Unternehmer hier aus der Region.
Haben Sie keine Probleme, da Leute zu kriegen?
Nein, das ist bisher nicht der Fall. Ich sagen Ihnen aber auch sagen, warum das so ist. Wir haben immer eine gewisse Rücklage, d. h., wenn die hier arbeiten, wenn die aus dem Wald herausfahren, haben die ihr Geld auf dem Konto. Wenn man die jetzt nur mit Abschlägen bedient, wie was z. B. manche andere Forsten machen, dann kann das sein, dass die z. T. über ein halbes Jahr auf ihr Geld warten. Und deswegen kommen die gerne zu mir. So, und dann habe ich natürlich Baumschulen, Pflanzschulen, bei denen ich größere Kontingente einkaufe. Die arbeiten mit Subunternehmern beispielsweise aus der Slowakei, die bei mir pflanzen.
Aber die Setzlinge kommen nicht aus der Slowakei?
Nein nein nein! Die kommen aus Deutschland und zertifizierten Baumschulen. Das würde nicht gehen. Dann kriegen wir Ärger, weil wir zertifiziert sind.
Die Kosten für die Setzlinge, die erwirtschaften sie selber?
Ja, das ist so. Klar. Wir kaufen das ein. Und die Baumschulen bieten auch die Pflanzkraft an über die Subunternehmer, z. B. aus der Slowakei oder dem Baltikum. Das sind junge Männer, die sind sehr fleißig, meistens auch Forststudenten, die sich in ihren Semesterferien Geld dazu verdienen und die sind sehr sehr gut.
Immobilienbesitz und Kontakte
Allerletzte Frage: Wem gehört jetzt der Wald? Der Stadt? Oder gibt es da auch private Besitzer?
Das ist ein Privatforstbetrieb, ein sog. forstlicher Realverband. Wir haben 125 Mitglieder. Es gibt sog. Anteile, die man hier erstehen kann.
Die kann man kaufen?
Die kann man kaufen. Ja, aber es ist nicht so leicht. Sie müssen eine Immobilie besitzen im Stadtzentrum von Bad Münder. Und dann, wenn Sie viele Kontakte geknüpft haben, dann haben Sie vielleicht eine Chance, so eine Berechtigung zu erwerben. An sich ist das gedeckelt: Es gibt 180 Berechtigungen und mehr nicht. Die sind in alter Hand der ganzen Münderaner Bevölkerung. Die Stadt hat auch Anteile – 4 Stück, genauso wie die heimische Sparkasse.
Herr Nebhuth, vielen Dank für das angenehme Gespräch!