Lödermann

Biologische Folgen der Entrindung

Beim Entrinden entfernen Waldarbeiter mit dem Schäleisen die Rinde der zuvor gefällten Fichtenstämme. Zur Rinde gehören Borke, Bast und Kambium.

Stamm

Durch die Entrindung macht man nicht nur den 41 verschiedenen Arten von Borkenkäfern im NLP ((Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald (Hg.), Schlüsselwerte in Bergmischwäldern als Grundlage für eine nachhaltige Forstwirtschaft, Wissenschaftliche Reihe – Heft 19, Grafenau 2009, S. 55)) den Garaus, sondern z. B. auch sämtlichen Bock- und Prachtkäfern. ((siehe Käfer – Artenvielfalt auf belassenen Borkenkäferflächen)) Dazu drei Beispiele:

Monochamus sutor male up

Der Einfarbige Langhornbock (Monochamus sutor) ist für seine Vermehrung auf die Rinde angewiesen:

“Die Käfer benagen die Rinde junger Zweige. Die Weibchen legen ihre Eier ab. Sie nagen dazu einen Trichter in die Rinde. Die Bäume dürfen nicht entrindet sein, da die Larven anfangs auf das nährstoffreiche Kambium der Bastschicht angewiesen sind. Sie fressen zunächst nur knapp unter der Rinde, mit zunehmendem Alter dringen sie aber tiefer in das Holz ein und können so schädlich werden.” ((Wikipedia))

T castaneum 1433006

Der Gemeine Fichtensplintbock (Tetropium castaneum) ist ebenfalls auf die Rinde angewiesen:

“Die Weibchen legen etwa 100 Eier entweder zwischen Rindenritzen oder am unteren Teil von verletzten Stämmen ab. Nach etwa zwei Wochen schlüpfen die Larven und bohren sich zwischen Rinde und Splintholz entlang und füllen ihre unregelmäßig geschlängelten Fraßgänge mit Bohrmehl auf.” ((Wikipedia))

Chrysobothris chrysostigma side

Ohne Rinde kann sich auch der Runzlige Dornbrust-Prachtkäfer (Chrysobothris chrysostigma) nicht vermehren:

“Die Eier werden in frisch abgestorbenen oder gefällten Bäume in sonnenexponierter Lage abgelegt. Die Larven fressen unter der Rinde im Kambium. […] Für die Brut geeignete Hölzer stehen nur ausnahmsweise (etwa nach Windbruch) reichlich zur Verfügung.” ((Wikipedia, Hervorhebung von mir))

Bruttaugliches Holz steht natürlich nur dann reichlich zur Verfügung, wenn es nicht entrindet wird.

Unter dem Entrinden leiden natürlich auch die Spechte – so z. B. der Dreizehenspecht.
Dreizehenspecht Portrait

Nicht nur, dass er auf entrindeten Bäumen mit seinen Zehen überhaupt keinen Halt findet:

“Der Dreizehenspecht ernährt sich vor allem von Insekten, die er durch Hacken oder Stochern aus der Rinde meist toter oder zumindest in ihrer Lebenskraft stark beeinträchtigter Bäume erbeutet. Larven, Puppen und unreife Imagines von Borkenkäfer, Rüsselkäfer, Prachtkäfer, Bockkäfer sowie Holzwespen und Weidenbohrer spielen im Nahrungsspektrum der Art die größte Rolle.” ((Wikipedia))

Das Entrinden beraubt nicht nur Insekten und Vögel ihrer Lebens- und Nahrungsgrundlage, auch die Pilze verschwinden:

“Außerdem wird durch die Entrindung die Austrocknung des Holzes beschleunigt, was wiederum dazu führt, dass […] Holzpilze keinen geeigneten Lebensraum mehr finden.” ((Wikipedia-Artikel über Entrinden))

So bedeutet das Entrinden auch das Aus für die vom Aussterben bedrohte Zitronengelbe Tramete (Antrodiella citrinella), deren Fund auf den Borkenkäferflächen zwischen Lusen und Rachel eine Sensation war.  ((Borkenkäfer hilft seltenen Arten, Pressemitteilung vom 7. Juli 2010 und Zitronengelbe Tramete – Artenvielfalt auf belassenen Borkenkäferflächen))

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