Die 20 Urwaldrelikt-Arten und die Zersetzung des Totholzes
Im Anhang zum ihrem oben zitierten Aufsatz präsentieren Gossner und Lachat eine sehr nützliche Tabelle ((Tabelle S3-1)) mit Informationen über 752 Totholzkäfer. 17 der 20 Urwaldrelikt-Arten von Uholka-Schyrokyj Luh tauchen in dieser Tabelle auf. ((Die Informationen der Tabelle gehen alle zurück auf die oben erwähnte Dissertation von Georg Möller aus dem Jahr 2009: Struktur – und Substratbindung holzbewohnender Insekten, Schwerpunkt Coleoptera – Käfer, die frei im Internet zugänglich ist.)) Die Tabelle umfasst u. a. Angaben zum Durchmesser des Totholzes, in dem die Käfer oder deren Larven und Puppen sich aufhalten, und zum Grad seiner Zersetzung.
Für die Zersetzung gibt es fünf Gruppen:
1: lebendes Holz
2: frisches Totholz (1 – 2 Jahre tot)
3: anfängliche Zersetzung (lockere Rinde, hartes Splintholz)
4: fortgeschrittene Zersetzung (weiches Splintholz, teilweise hartes Kernholz)
5: äußerst zersetztes und vermodertes Holz
Für die Häufigkeit, mit der ein Käfer in einer der fünf Gruppen vorkommt, wählen die Autoren vier Werte:
0,5: sehr selten
1 : selten
2 : häufig
3 : bevorzugt
So können die Autoren für jeden Käfer einen bestimmten Wert für die Zersetzung:berechnen. Sie zeigen dies am Beispiel des Hirschkäfers (Lucanus cervus), der am liebsten in Totholz vorkommt, dessen Zersetzung anfängt. Er ist aber auch häufig in Totholz zu finden, dessen Zersetzung fortgeschritten ist. Sein Wert für die Zersetzung wird dann folgendermaßen berechnet:
Zersetzung | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
Häufigkeit | 0 | 0 | 3 | 2 | 0 |
Rechnung | (0x1 | + 0x2 | + 3×3 | + 2×4 | + 0x5) / 5 |
Ergebnis | 3,4 |
Je größer der Wert für die Zersetzung, desto mehr bevorzugt der Käfer stärker zersetztes Totholz. Je kleiner der Wert, desto frischer ist das Totholz.
Die folgende Tabelle zeigt die Werte für 17 der 20 Urwaldrelikt-Arten von Uholka-Schyrokyj Luh. Die in Deutschland ausgestorbenen Arten sind rot markiert:
Nr. | Name | Zersetzung |
1 | Abraeus parvulus | 4,00 |
2 | Ampedus elegantulus | 3,40 |
3 | Bolitophagus interruptus | 3,33 |
4 | Crepidophorus mutilatus | 4,60 |
5 | Cryptophagus confusus | |
6 | Dacne notata | |
7 | Ipidia binotata | 2,50 |
8 | Ischnodes sanguinicollis | 5,00 |
9 | Leiesthes seminigra | 3,80 |
10 | Mycetochara flavipes | 3,83 |
11 | Mycetoma suturale | 3,25 |
12 | Mycetophagus ater | 3,80 |
13 | Mycetophagus decempunctatus | 3,00 |
14 | Nematodes filum | 3,00 |
15 | Pediacus dermestoides | 2,00 |
16 | Phytobaenus amabilis | |
17 | Rhysodes sulcatus | 3,40 |
18 | Rosalia alpina | 2,75 |
19 | Triplax elongata | 3,00 |
20 | Xylophilus testaceus | 3,50 |
Durchschnitt | 3,42 |
Die 20 Urwaldrelikt-Arten benötigen also im Durchschnitt Totholz v. a. der 3. und 4. Gruppe. Das Totholz ist nicht mehr frisch, d. h. nur ein oder zwei Jahre alt, sondern es befindet sich in anfänglicher und in fortgeschrittener Zersetzung. Spezialisten wie Crepidophorus mutilatus oder Ischnodes sanguinicollis brauchen sogar noch stärker zersetztes Totholz.
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