Der Wildnispfad des Forstamts Baden-Baden

Planung und Realisation des Wildnispfads

Kurzentschlossen entschieden sich Hammer und seine Kollegen für Plan B: 70 ha Sturmwurffläche wurden nicht aufgearbeitet. Dazu holten sie nicht extra die Erlaubnis der Landesforstverwaltung ein. Sie machten es einfach. Wunderschönes Holz – Tannen, Buchen und Fichten – blieben liegen. Auch im Kreise seiner Mitarbeiter musste Hammer Überzeugungsarbeit leisten: Einige konnten nicht nachvollziehen, warum das Holz nicht verkauft wurde.

Herr Bihlmeier als damaliger Leiter des Betriebshofs war mit der Planung und Ausführung beauftragt. Es gab dort vorher keinen Weg und keinen Steg. Einzige Ausnahme war ein alter Wasserleitungsweg, der zur Wartung der Stadtwaldquellen diente. Teile davon wurden geschickt in den Wildnispfad integriert. Anfängliche Planungen für den Wegverlauf wurden verworfen: Sie waren zu gerade. Es sollte aber nicht darum gehen, möglichst schnell von A nach B zu kommen. Der Weg selbst ist das Ziel. Man braucht Zeit. Und das ist auch gut so! Der heutige Weg führt mit vielen Kurven und Umwegen mal unter Bäumen hindurch, mal mit Leitern über sie hinweg. Die vielen Leitern, die über die querliegenden dicken Baumstämme führen, wurden mit witterungsbeständigem Akazienholz angelegt. Die Orientierung in dem chaotischen Verhau aus kreuz und querliegenden Bäumen war am Anfang schwierig. Einige Mitarbeiter hatten die Befürchtung, der Weg könne schnell wieder zuwuchern und die Besucher könnten sich verlaufen. Aber Hammer widersetzte sich Überlegungen, den Wegverlauf mit vielen Wegweisern und Markierungen auszuschildern. Die Ängste erwiesen sich als unbegründet.

Gleiches galt für Bedenken wegen der Verkehrssicherheit des Weges: Wer haftet, wenn ein dicker abgestorbener Ast einem Besucher auf den Kopf fällt oder gar eine Baum abbricht und einen Wanderer unter sich begräbt? ((zum Thema Verkehrssicherheit siehe den informativen Aufsatz von Hugo Gebhard, Auf eigene Gefahr, in: Wanderzeit März 2013, S. 5)) Für überängstliche Forstbeamte ist der Weg ein einziger Alptraum: Ein Megagefahrenbaum folgt auf den nächsten. Das Forstamt ließ sich von einem forstlichen Starjuristen in Freiburg beraten: dem Leitenden Regierungsdirektor Dr. Siegfried Orf, der auch den Kommentar zum Forstrecht geschrieben hatte. ((Franz Klose, Siegfried Orf, Forstrecht: Kommentar zum Waldrecht des Bundes und der Länder, Köln 21998)) Der Flyer zum Wildnispfad, die große Informationstafel am Wanderparkplatz und ein Schild beim Beginn des Pfads weisen ausdrücklich auf die vielfältigen Gefahren hin:

Und noch eine Sorge erwies sich als unbegründet: am Ende des Wegs ist eine Spendenkasse aufgestellt. Sie wurde nie geplündert und so kamen mehrere tausend Euro Spendengelder zusammen.

Das Forstamt entschied sich auch bewusst dagegen, aus dem Wildnispfad einen Waldlehrpfad zu machen und an jeder Ecke Tafeln mit Erklärungen aufzustellen. Das unterscheidet den Wildnispfad vom benachbarten Luchspfad. Eines der wenigen Schilder ist am Buchendom aufgestellt: Es belehrt nicht etwa über die Altersphasen des Buchenwalds oder den ökologischen Wert von starkem Totholz in fortgeschrittenen Zerfallsphasen sein, nein – es lädt ein zur Meditation: ((Diese Idee verfolgt auch der Seelensteig im NLP Bayerischer Wald.))

80 % der Arbeiten wurden vom Betriebshof selbst geleistet: Schreiner, Schlosser, Zimmerleute und Forstwirte arbeiteten zusammen. Außerdem waren die zwei Zivildienstleistenden und zwei Teilnehmer eines Freiwilligen Ökologischen Jahres beteiligt. 20 % wurde ehrenamtlich vom Wildnisführer-Verband geleistet. Gegen Verpflegung und Unterkunft arbeiteten Leute aus der ganzen Republik “wie die Maulesel”. Den Adlerhorst, eine Hängebrücke zwischen den Baumkronen, baute eine Firma aus Todtnau im Schwarzwald. Bihlmeier hatte beim Adlerhorst Vorbehalte: Buchen reagieren sehr empfindlich auf Verletzungen und eine der Buchen wurde rasch von einem Pilz befallen, der gut gearbeitet hat. Bei meinem Besuch war der Adlerhorst bis auf weiteres gesperrt. Von der Planung des Pfads bis zur Fertigstellung vergingen fast zwei Jahre. 70 % der Kosten für den Wildnispfad wurden vom Naturpark Schwarzwald Mitte / Nord übernommen. Der Naturpark sucht Projekte, die er fördern kann, und stellt Mittel zur Verfügung, die man abrufen kann, wenn sie den Förderrichtlinien entsprechen. 30 % wurden von der Gemeinde getragen. Der Wildnispfad wurde ein Riesenerfolg: Bis zu 100.000 Besucher zählt man pro Jahr.

 

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