Peters

5. Keine klare Kante zu den NLP-Gegnern

In der Rede einer NLP-Befürworterin, die Frau Peters ja vorgibt zu sein, hätte man eine kritische Auseinandersetzung mit den NLP-Gegnern erwartet. Doch Peters verurteilt weder den Brandanschlag auf das Haus der NLP-Wacht im Mai 1995, ((siehe: Martina Keller, Zuviel Wald macht zornig, DIE ZEIT vom 11. August 1995)) noch die “Missachtung der Regeln des Anstands und der Menschlichkeit […] von Seiten der Nationalparkgegner”, noch die Stammtischpöbeleien, die Morddrohungen und zerstochenen Reifen. ((Die Bäume sterben, der Wald aber lebt, FAZ vom 5. Juli 2001))

Peters übt auch keine Kritik an zwei Lautsprechern der Bürgerbewegung, deren Liebe zum Wald sich in sehr sonderbaren Formen äußert:

  • Der Zwieseler Forstamtsleiter Hubert Demmelbauer hatte im September 1995 im geplanten Erweiterungsgebiet noch schnell 30 Tannen fällen lassen, die bis zu 250 Jahre alt waren, und war darauf im Oktober von Minister Bocklet zurückgepfiffen worden. ((siehe: Holzaktion alarmiert Naturschützer, SZ vom 28. September 1995, und: Bocklet pfeift Holzfäller zurück, SZ vom 12. Oktober 1995))
  • Einer der Vorgänger Demmelbauers im Zwieseler Forstamt war der 1981 pensionierte Erhard Engelstädter. ((siehe den Regiowiki-Eintrag über Engelstädter und Organisation der Protestbewegung durch Förster)) Auf der Versammlung der Bürgerbewegung gegen die Nationalpark-Erweiterung am 4. April 1997 macht Engelstädter folgende Rechnung auf:

“Einen Zustandsbericht über die Hochwälder des Nationalparks erstattete Erhard Engelstädter. Seinen Ausführungen zufolge sind in der Zeit von 1991 bis 1996 im Nationalparkbereich zwischen Lusen und Rachel etwa 480.000 Festmeter an Schadholz durch Borkenkäferbefall angefallen, was einen Verlust für die Staatskasse von 24 Millionen Mark bedeute. Durch Borkenkäfer-Bekämpfungsmaßnahmen seien im Forstamtsbereich Zwiesel im gleichen Zeitraum nur 10000 Festmeter Schadholz angefallen, die aber einen Erlös von 500.000 Mark erbracht hätten.” ((Die Nationalpark-Bürgerbewegung will zum Verein werden, Passauer Neue Presse vom 7. April 1997))

Offensichtlich stört die Bürgerbewegung nicht so sehr der Anblick der sterbenden Altfichten, sondern die Geldverschwendung. Sie reden vom Wald und meinen Holz. Eine Kritik am Verband der Bayerischen Säge- und Holzindustrie, der den NLP immer kategorisch abgelehnt hat, fehlt in Peters Rede.

Am 21. März 2007 wird der Leser in der Passauer Neuen Presse erstaunliche Dinge über NLP-Chef Sinner erfahren, der früher stets als Kommunikationsgenie und Diplomat mit Fingerspitzengefühl gelobt wurde:

“Er wolle Vertrauen wecken in das System Wald, das im Stande sei, alleine zu leben, sagt Sinner. Die Bürgerbewegung mit ihren 1.200 Mitgliedern klammert er bei seinem Ziel, Vertrauen zu wecken, aus. ‘Sie sind mit Argumenten kaum noch zu erreichen.'” ((Nur der Wald steht still und schweiget, Passauer Neue Presse vom 21. März 2007))

Eine erfahrene Politikerin wie Peters, die seit 19 Jahren ((Peters war seit 1978 Mitglied in der SPD und Mitglied im Ortsvereins-, im Unterbezirks- und im Bezirksvorstand der SPD.)) in der Politik aktiv war, hätte das bereits 1997 erkennen müssen. Sie hätte auch erkennen müssen, dass die sogenannten Argumente der NLP-Gegner Unsinn sind: Im Jahr 2007 wird Sinner nicht weniger als fünfzehn Prognosen der Bürgerbewegung aus dem Jahren 2000 – 2001 als falsch entlarven. ((Kyrill – Waldzerstörer oder belebendes Naturereignis?, in: Unser Wilder Wald Nr. 21, S. 2)) Hans Bibelriether, Wolfgang Scherzinger ((siehe seine Schrift aus dem Jahr 2000 Wilde Waldnatur)), Horst Stern, Hubert Weiger oder Hubert Weinzierl haben das bereits 1997 gewusst. Peters will es nicht wissen.

Den NLP-Gegnern zeigt sie keine klare Kante – im Gegenteil:

Man hat die Waldler, die Einheimischen, als Aufsässige bezeichnet. Ich meine, dass es nicht sein kann, dass man Menschen, die für ihre Heimat eintreten, als aufsässig bezeichnet. […] Es wurde übersehen, dass die Gegner nicht aufsässig und nicht ökologieblind sind.” ((Plenarprotokoll, S. 6122, linke Spalte, 6. Absatz; Hervorhebungen von mir))

Es war nicht “man”, der die Einheimischen “aufsässig” und “ökologieblind” geschimpft hat. Es war Horst Stern. Peters zitiert ihn wieder, ohne ihre Quelle zu nennen. Horst Stern im SPIEGEL:

“Die Argumente der Aufsässigen wurzeln in einem ökologieblinden Zorn darüber, dass man ihnen vorschreibt, wo sie im Nationalpark spazierengehen, radfahren, reiten und Ski fahren dürfen – und wo aus Gründen einer ungestörten, gesetzlich geforderten Naturentwicklung nicht. Und sie sagen auch, dass die […] Totholzflächen ihre Heimat ‘verschandeln’.” ((Horst Stern, Unter toten Bäumen wächst neuer Wald,  DER SPIEGEL 31, 1996, S. 140 f.))

Genau wie ihr Vorredner Eberhard Sinner gibt Peters dem Affen Zucker. Sie verlangt den Einsatz von “Säge und Pflanzspaten” ((Plenarprotokoll, S. 6122, linke Spalte, 2. Abschnitt)) und übernimmt damit die beiden Hauptforderungen der Gegner. “Säge und Pflanzspaten” sind Werkzeuge des Försters im Wirtschaftswald. In einem NLP haben sie nichts zu suchen. Das begreift Peters nicht. Für sie gilt Horst Sterns Satz über die NLP-Gegner:

“Die Wahrheit ist, dass ihnen aus einem von Axt und Säge geprägten unreflektierten Waldgefühl heraus die ganze Richtung nicht passt.” ((Horst Stern, Unter toten Bäumen wächst neuer Wald, DER SPIEGEL 31, 1996, a. a. O.))

Peters möchte nur das Etikett “Nationalpark”. Ansonsten soll alles so weiterlaufen wie bisher. Der Wald gehört uns! Es ist “unsa Woid”:

Man muss wissen, dass im Bayerischen Wald jahrhundertlang Waldrechte bestanden haben, die die einzelnen ermächtigten, den Wald zu nutzen. Daher ist die Beziehung zum Wald – „unsa Woid“ – zu verstehen. Ich meine: Der Woid g’hört zum Menschen und der Mensch zum Woid. Und man muss weiterphilosophieren dürfen: Was wäre der Waldler ohne Woid?” ((Plenarprotokoll, S. 6122, rechte Spalte, 1. Abschnitt))

Das ist keine Philosophie, das ist Gefühlskitsch. Fehlt nur noch der Hinweis auf fröhliche Scharen bezopfter Mädels und strammer blonder Jungs, die singend durch den borkenkäferfreien Hochlagenwald ziehen! ((Den Hinweis auf “Gefühlskitsch”, “fröhliche Scharen”, “bezopfte Mädels” und “stramme blonde Jungs” verdanke ich Stefan Wolles Buch, Der große Plan – Alltag und Herrschaft in der DDR 1949 – 1961, Berlin 2013, S. 161))

 

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