Wildschäden durch Rothirsche in Lichtenau

“Vergraste Flächen sind wunderbare Mäusebiotope und machen eine Wiederbewaldung sehr schwierig.”
Franz Lödige, ehemaliger Forstamtsleiter von Paderborn ((Forstdirektor Franz Lödige beim ‘Tag des Baumes’ in Altenbeken, Egge-Rundblick vom 18. Mai 2007))

Station B – Kahlschlag mit Grassteppe

Südlich des Parkplatzes beginnt der 75 ha große Holtheimer Wald, der zum Stadtwald von Lichtenau ((siehe Revierkarte des Gemeindeforstamts Willebadessen)) gehört. Der Stadtwald wird vom Gemeindeforstamt Willebadessen bewirtschaftet. Leiter des Forstamts ist Forstdirektor Andreas Becker, gleichzeitig einer der Rotwild-Sachverständigen des Landes NRW. ((zu Herrn Becker siehe auch Rothirschzucht im Eggegebirge, Kapitel 1 und 5))

Marschallshagen_Reviere

Station B ((siehe Karte mit den 12 Stationen)) ist nur wenige Meter entfernt vom Parkplatz. Dort stieß ich westlich des Weges auf einen Kahlschlag. Er ist 5 ha groß. ((Die Fläche wurde mit TIM-online vermessen. Rechts in der Werkzeugleiste findet man in der Mitte das Werkzeug “Fläche messen”.))

Lichtenau_KyrillQuelle: TIM-Online ((Im Menufeld links “Dienst hinzuladen” anklicken, dann unter der Überschrift “NRW – weitere Dienste” den Dienst “WaldNRW” auswählen und unten auf “Dienst einladen” klicken. Im sich nun öffnenden Fenster “Schadflächen Kyrill” auswählen und “Zur Karte hinzufügen” anklicken.))

Im Jahr 2007 hatte Kyrill hier 2,25 ha Fichtenwald umgeworfen. Der Windwurf wurde geräumt und die kahlgeschlagene Fläche dann verdoppelt. Vielleicht hat es einen weiteren Windwurf gegeben: durch Kahlschläge entstehen offene Bestandesränder, die Stürmen ideale Angriffsflächen bieten. Förster wehren sich übrigens in Fällen wie diesen heftig gegen die Bezeichnung “Kahlschlag” und bestehen darauf, dass es sich um einen “geräumten Windwurf” handele. Damit schieben sie die Verantwortung für den Kahlhieb von sich weg und geben dem Wind oder besser gleich der Klimakatastrophe die Schuld.

Der gesamte Kahlschlag ist komplett mit dem Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos) zugewuchert. Dieses brusthohe Gras ist unter Förstern gefürchtet: Es verhindert jede natürliche Verjüngung. Nicht einmal Pionierpflanzen wie Birken können sich der Konkurrenz dieses Grases erwehren. Wo dieses Gras wächst, wächst nichts anderes mehr. Hier blüht keine blumenbunte Wiese; hier wächst eine Grassteppe. Hier leben keine Heuschrecken, Schmetterlinge, Bienen oder Vögel; hier leben Mäuse, die im dichten Gras ideale Versteckmöglichkeiten vor Greifvögeln finden. ((Zur Problematik des Land-Reitgrases siehe z. B. die NABU-Webseite Land-Reitgras bedroht Trockenrasen))

Das Landesforstgesetz von NRW verpflichtet in § 44 den Waldeigentümer zur Wiederaufforstung:

“Kahlflächen und stark verlichtete Waldbestände sind innerhalb von zwei Jahren wieder aufzuforsten oder zu ergänzen, falls nicht die Umwandlung in eine andere Nutzungsart genehmigt oder sonst zulässig ist.”

Ich verstehe nicht, warum der Paragraph nicht beachtet wird. Aufsichtsbehörde ist das Regionalforstamt Hochstift.

Am Wegrand hat das Forstamt ein paar Laubbäume wie z. B. Vogelkirschen oder Buchen pflanzen lassen. Dies ist ein sonderbares Phänomen, das man bundesweit beobachten kann. Direkt am Wegrand werden Laubbäume gepflanzt und dahinter beginnen die Fichtenplantagen. Wahrscheinlich plagt die Förster das schlechte Gewissen und sie ahnen, dass ihre Nadelforste eine einzige Zumutung sind. Deswegen betreiben sie wenigstens ein bisschen Kosmetik und pflanzen hier und da einen Laubbaum – natürlich immer hinter Draht zum Schutz vor Wildverbiss.

In Lichtenau reicht selbst ein Zaun nicht. Rothirsche sind groß und sie verbeißen die Knospen in dem Moment, wo sie aus dem Zaun herauswachsen:

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