Wildschäden durch Rothirsche in Lichtenau

“Es steht zu befürchten, dass das totale Abäsen einzelner Baum-, Strauch- und Krautarten meist schon im Keimlingsstadium – was oft gar nicht bemerkt oder unterschätzt wird – langfristig zu einer Verarmung der Waldvegetation ganzer Landstriche führt.”
Auszug aus dem Aufruf von 120 Forstwissenschaftlern zur Reduzierung überhöhter Schalenwildbestände 1974 ((Schalenwild und Wald – Aufruf zur Reduzierung überhöhter Schaldenwildbestände, 1974))

Station J – Wiederverfichtung eines Kyrill-Windwurfs

Ich bin mir sicher, dass alle Förster des Landesbetriebs Wald und Holz NRW mit großer Begeisterung die Studie “Wald und Waldmanagement im Klimawandel – Anpassungsstrategie für Nordrhein-Westfalen” gelesen haben. Umweltminister Remmel schreibt in seinem Vorwort:

“Angesichts der Unsicherheiten über die langen forstlichen Planungszeiträume wird eine Risikostreuung und Vorsorge am ehesten durch standortangepasste und naturnahe Mischbestände mit geeigneten Baumarten erreicht.” ((Hervorhebung von mir))

Und auch die Studie selbst stellt unmissverständlich fest:

“Es wird davon ausgegangen, dass eine Erhöhung des Anteils standortangepasster und naturnaher Mischbestände mit höheren Laubholzanteilen eine größere Stabilität, Anpassungsfähigkeit und Risikostreuung der Wälder im Klimawandel bedeutet.” ((S. 17, Hervorhebungen von mir))

Und damit auch ja kein Landesförster irgendetwas missversteht, nennt die Studie auch den Baum, der in NRW keine Zukunft hat:

“Eine Modellbetrachtung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW zeigt für das Wuchsgebiet Sauerland mit einer Nadelwaldfläche von ca. 205.000 ha eine deutliche Verschlechterung der Anbaubedingungen für die Fichte. In einem Klimaszenario mit einem Temperaturanstieg um 2 °C und einer Verringerung des Niederschlags um 10 % verringert sich die Fläche für Fichte als voll (sic!) standortgerechte Baumart (keine besonderen Anbaurisiken) fast um die Hälfte (von ca. 124.000 ha auf ca. 67.000 ha). Dagegen erhöht sich bei diesem Szenario der Anteil der nicht standortgerechten Fichtenanbauten (erhöhtes Anbaurisiko) von aktuell ca. 33.000 ha auf ca. 50.000 ha.” ((S. 18, Hervorherbung von mir))

Nach intensiver Lektüre der Studie wird kein Forstbeamter des Regionalforstamts Hochstift behaupten wollen, dass die Fichte bei Station J ((siehe Karte mit den 12 Stationen)) “voll standortgerecht” und “ohne besondere Anbaurisiken” ist. Schließlich wurden gerade dort mehrere Hektar Fichten durch Kyrill umgeworfen. ((Im Kreis Paderborn warf Kyrill eine halbe Million m3 Bäume um. In ganz NRW waren es 16 Millionen m3 Sturmholz. 90 % davon waren Fichte. Siehe: Forstdirektor Franz Lödige beim ‘Tag des Baumes’ in Altenbeken, Egge-Rundblick vom 18. Mai 2007)) Das waldbauliche Ziel müsste es folglich sein, dort naturnahe und standortgerechte Mischwälder zu schaffen und den Laubholzanteil zu erhöhen.

Leider klafft zwischen Absichtserklärungen in Hochglanzbroschüren und der Wirklichkeit ein garstig breiter Graben. Auf der geräumten Windwurffläche wächst eine einzige Baumart: die Fichte. Die Buchen sind von den Hirschen kurz und klein gebissen und eignen sich als Bonsais für die Fensterbank. Von jungen Eichen ist trotz zahlreicher Mutterbäume in der Nähe überhaupt nichts zu sehen. Selbstverständlich fehlen auch Vogelbeeren, Weiden, Ahorn und Birken. Frank Christian Heute hat völlig recht:

“Solange die Schalenwilddichten auf dem Niveau der letzten Jahre sind, braucht über die Umsetzung von ‘Anpassungsstrategien’ für den NRW-Wald oder der “Biodiversitätsstrategie’ […] gar nicht erst geredet werden.” ((Frank Christian Heute, Wald und Wild in NRW))

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