Halbwahrheiten über das Heizen mit Holz

Gesche Jürgens und das rumänische Ablenkungsmanöver

Zu Recht stellt der Film fest, dass sich der Brennholzverbrauch seit der Jahrtausendwende verdreifacht hat:

“Denn seit 2000 stieg in Deutschland der Brennholzverbrauch von etwa 24 auf 75 Mio. m3. Auch das trägt dazu bei, dass die Jürgens mittlerweile 230 € pro t für in Deutschland hergestellte Pellets zahlen müssen.” ((t = 7 m 35 s))

Genau an dieser Stelle aber verleiht die “Waldkampaignerin” von Greenpeace dem Film eine falsche Wendung. Jürgens lenkt den Blick weg von Deutschland hin zu Rumänien.

Die nächsten 10 Minuten – und damit ein Drittel des ganzen Films – wird es nur noch um Rumänien gehen:

“Ich habe jetzt hier mal nach “Rumänien” und “Holzpellets” und “bestellen” gesucht und da findet man eigentlich relativ einfach ein ganz breites Angebot an Herstellern. Hier z. B. 135 €: da schreibt man einfach die Menge rein, die man bestellen möchte, und dann kann man hier gleich den Auftrag richtig auf Deutsch ausfüllen – ich interessiere mich hier für Brennstoffpellets – und dann kann man den Auftrag direkt absenden. Also das ist sehr unkompliziert.” ((t = 7 m 52 s))

Die Konzentration von Jürgens auf Holzpellets aus Rumänien ist gleich aus zwei Gründen völlig falsch:

1.
Holzpellets egal welcher Herkunft sind nicht das Problem. Denn sie machen nur einen ganz kleinen Anteil des Brennholzverbrauchs der privaten Haushalte aus:

Im Jahr 2010 verbrauchten private Haushalte 33,9 Mio. Fm Brennholz. Nur 1,63 Mio. Fm davon waren Holzpellets. Zusammen mit 1,43 Mio Fm Holzbriketts werden sie in obiger Grafik zu den gelb gefärbten Holzenergieprodukten zusammengefasst. ((Holzrohstoffbilanz, S. 45)) Holzpellets machen also nicht einmal 5 % des gesamten Brennholzverbrauchs aus. Den Löwenanteil stellt mit 21,9 Mio. Fm das grün schraffierte Wald-Scheitholz. Die Deutschen verfeuern mit 1,9 Mio. Fm sogar mehr Holz aus dem eigenen Garten als Holzpellets. ((Holzrohstoffbilanz, S. 42))

2.
Holzpellets aus Rumänien sind überhaupt kein Problem. Denn Deutschland importiert so gut wie keine Pellets aus Rumänien. Die Zahlen des Statistischen Bundesamt für die letzten sechs Jahre verdeutlichen, dass Jürgens viel Lärm um nichts macht. Die Zahlen stellte freundlicherweise Jens Dörschel in einer Email vom 19. Januar 2018 zur Verfügung. Dörschel ist Fachreferent für Politik und Umwelt beim Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband e.V. (DEPV) und beim Deutschen Pelletinstitut GmbH (DEPI)

 Pelletimporte aus Rumänien (t)Pelletverbrauch in Deutschland (t)
201201.700.000
201302.000.000
2014921.800.000
20151.5331.850.000
2016822.000.000
20170 (bis Nov.)2.000.000

Selbst 2015, dem Jahr mit den höchsten Pelletimporten aus Rumänien, machten diese nicht einmal 1 Promille des deutschen Pelletverbrauchs aus. Trotz dieser Zahlen fährt Jürgens mit dem gesamten Filmteam 2.000 km weit in die Karpaten:

“Deutlich günstigere Holzpreise für Pellets aus Rumänien. Gesche Jürgens ist neugierig geworden, will den Grund dafür herausfinden.  Mit einem Kollegen von Greenpeace-Rumänien fährt sie in die waldreichen Karpaten.” ((t = 8 m 25 s))

Es ist fast so, als würde Jürgens das Filmteam von Deutschland weglocken. Die deutschen Förster und Brennholzverkäufer können sich jedenfalls entspannt im Fernsehsessel zurücklehnen. Sie sind raus aus der Nummer. Die wahren Schuldigen sitzen in Rumänien! Dort wird Jürgens in den nächsten zehn Minuten viele Schurken und Ganoven finden. In den Karpaten wimmelt es offenbar nur so von kriminellen Holzfällern, korrupten Beamten und verantwortungslosen Managern.

Übrigens: Jürgens war bereits ein Jahr zuvor in den Karpaten: 18.8.2016 – Kartieren in den Karpaten. Aber mit Details hat der Film es ja nicht so.

Bevor ich Jürgens Reise nach Rumänien darstelle, widme ich mich in einem Exkurs der Frage, ob das Statistische Bundesamt möglicherweise die Bestellungen von Privatpersonen bei rumänischen Pellethändlern über das Internet nicht erfasst. Außerdem werde nicht ich die Reise von Gesche Jürgens kommentieren, sondern zur Abwechslung einmal zwei fiktive Fernsehzuschauer: Oma Erna und Opa Bernhard. ((Ich verdanke die fiktive Figur von Oma Erna dem Aufwachen-Podcast von Tilo Jung und Stefan Schulz. Auch sie stellen immer wieder die Frage, wie das Fernsehen auf Oma Erna wirkt.))

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