Winterwanderung zum Rachel

E. Vielfalt der Arten

Dass der Artenreichtum auf ESFEs zunimmt, ist das große Thema der Forschungsabteilung des NLP Bayerischer Wald. Unermüdlich publizieren die Wissenschaftler um Claus Bässler und Jörg Müller immer neue Forschungsergebnisse. Manchmal sogar auf Deutsch: So gingen aus der Natural Disturbance Conference 2013 ((siehe Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald (Hg.), Jahresbericht 2013, S. 25)) vier Aufsätze für die Zeitschrift AFZ – Der Wald hervor. ((siehe Jahresinhaltsverzeichnis 2013, S. 3, Nr. 15/4,10,12,15)) Diese wird zwar nur von Förstern gelesen, aber egal.

Ich möchte an dieser Stelle kurz die aktuellen Arbeiten dreier Wissenschaftler vorstellen. Ihre Veröffentlichungen sind frei im Internet verfügbar:

i. Lukas W. Lehnert
ii.Simon Thorn
iii. Burkhard Beudert

i. Lukas W. Lehnert

2013 hat Lukas W. Lehnert ((In seinem Team forschten Claus Bässler, Roland Brandl, Philip J. Burton und Jörg Müller.)) gezeigt, dass die Artenvielfalt in ESFEs besonders hoch ist: Conservation value of forests attacked by bark beetles: Highest number of indicator species is found in early successional stages.  ESFEs haben ein offenes Kronendach (“open canopy”). In Wälder mit offenem Kronendach konnte Lehnert 257 so genannte Indikatorarten ((siehe Wikipedia Bioindikator)) nachweisen; das sind solche Arten, die nicht etwa zufällig dort vorkommen, sondern eine deutlich ausgeprägte Vorliebe für diese Wälder zeigen. Ein Beispiel aus der Klasse der Vögel ist der Gartenrotschwanz:

Phoenicurus phoenicurus male(js)

Eine Indikatorart für Wälder mit geschlossenem Kronendach (“closed canopy”) ist dagegen der Zwergschnäpper:

Zwergschnäpper

Er liebt die dichten dunklen Wälder. ((Die zwei Vogelbeispiele stammen aus dem Aufsatz Lehren aus natürlichen Störungsereignissen von Jörg Müller und Franz Leibl)) Lehnert konnte 149 Indikatorarten finden, die ein geschlossenes Kronendach (“closed canopy”) anzeigen. Das sind fast 50 % weniger als Indikatorarten für ein offenes Kronendach. Und noch einmal deutlich weniger, nämlich nur 82, waren es in Wäldern mit halb geschlossenem Kronendach (“transition”). Die folgende Abbildung zeigt die Anzahl der Indikatorarten in Abhängigkeit von der Öffnung des Kronendachs:

Abb. 3: Anzahl der Indikatorarten mit einer Vorliebe für geschlossene Wälder, offene Wälder und solche im Übergang zwischen geschlossenen und offenen Wäldern.

Besonders von der Öffnung des Kronendachs profitieren Indikatorarten aus den Gruppen der Zikaden (Auchenorrhyncha), Käfer (Coleoptera), Spinnen (Arachnaea), Flechten (Lichenes), Laubmoose (Bryophyta)  und Samenpflanzen (Spermatophyta).

Wirtschaftswälder befinden sich normalerweise genau im Übergang zwischen geschlossenen und offenen Wäldern. Das kritisiert Jörg Müller in einem SPIEGEL-Interview:

„Es fehlen die Nischen für die zahlreichen Arten, die das Absonderliche und Hochspezielle brauchen: die einen das sonnenversengte Dürrholz, die anderen die dauerfeuchte Mulmpampe. ‚Unsere Wirtschaftswälder sind überall mittelalt, mitteldicht und mitteldunkel‘, sagt Müller. Im ewigen Gleichmaß des Zwielichts sind die Totholzbewohner verloren.“ ((Manfred Dworschak, Ein Fest des Lebens, in: DER SPIEGEL 43/2014, S. 132, Hervorhebungen von mir))

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