Tricksen, Tarnen, Täuschen

“Im Nationalpark findet keine wirtschaftsbestimmte Nut­zung von Naturgütern statt.”
Nationalparkplan – Leitbild und Ziele ((S. 9))

 

Der Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes

Im Jahr 2010 untersuchte der Bayerische Oberste Rechnungshof Ein- und Ausgaben des Nationalparks für die Jahre 2006 – 2009. Er prüfte “verhältnismäßig lange, nämlich mehrere Monate”, teilte Karl Barthmann, stellvertretender Nationalparkleiter, auf der Herbstpersonalversammlung am 10. Dezember 2010 den 200 Beschäftigten mit. Ihm schwant Übles. Zu Recht.

Die Ergebnisse des am 27. März 2012 veröffentlichten Prüfberichts ((siehe Bayerischer Oberster Rechnungshof, Optimierungspotenziale im Nationalpark Bayerischer Wald, TNr. 16)) waren eine Ohrfeige für die Nationalparkverwaltung: Der Rechnungshof monierte u. a. Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe zur Borkenkäferbekämpfung, die hohen Defizite des Jugendwaldheims und mangelhafte Kontrolle der unüberschaubaren Vielzahl von 92 Forschungs- und Monitoringprojekten. Letzter Kritikpunkt war der Holzverkauf:

Im Haushaltsplan des Nationalparks waren von vornherein 6,5 Millionen € aus dem Holzverkauf fest eingeplant. Sie stehen in der Spalte “Soll” der folgenden Tabelle:

JahrSoll (Mio. €)Ist (Mio. €)Holzeinschlag [Fm]Überschuss (Mio. €)
20061,16,3 137.0115,2
20071,810,3 232.4368,5
20081,88 125.6246,2
20091,87,5 143.0825,7

 

In Wirklichkeit wurden in den vier Jahren sogar 32,1 Millionen € eingenommen (Spalte “Ist”), also 25,6 Millionen € mehr als veranschlagt (Spalte “Überschuss”). Davon wurden zwei Drittel für die Bezahlung der Forstunternehmer benötigt: 16,6 Millionen €. Ich bin mir sicher, dass Forstunternehmer wie z. B. der Forstbetrieb Alois Probst zu den eifrigsten Befürwortern der Borkenkäferbekämpfung im Nationalpark gehören.

Der Reingewinn aus dem Holzverkauf von 9 Millionen € verblieb in der Nationalparkkasse. Der Rechnungshof drückt es diplomatisch aus: Diese “erheblichen zusätzlichen freien Mittel” erhöhen als “zusätzliche Einnahme” in “erheblicher Höhe” die “Ausgabebefugnis” der Nationalparkverwaltung. Gleich zweimal in einem Absatz benutzt der Rechnungshof das Wort “erheblich“. Er spricht von einem “Sonderetat”, über dessen “Verwendung der Landtag und nicht die Nationalparkverwaltung entscheiden sollte”. ((Kurzbericht des Obersten Rechnungshofs))

Illegal war die Praxis der Parkverwaltung nicht: Es gab einen entsprechenden “Haushaltsvermerk”, dass Zusatzeinnahmen die Ausgabebefugnis erhöhen. Finanziert wurden mit dem Geld auch keine Nobelkarossen für die Verwaltungselite, sondern “die Neugestaltung der Ausstellungen” oder “Verbesserungen im Tierfreigehege”.

Der bayerische Landtag beschloss am 23. Mai 2012, dass die “Überschüsse aus der Holzverwertung” zukünftig bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigt werden. Das Staatsministerium für Umwelt- und Gesundheit sagte am 13. November 2013 zu, der Haushaltsvermerk werde “spätestens zum Doppelhaushalt 2015/2016” gestrichen. Um seine Absicht zu bekräftigen, fügte es das Wort “vollständig” hinzu. ((Bericht des Obersten Rechnungshofes,  2012 TNr. 16))

Die Jahresberichte 2012 und 2013 der Nationalparkverwaltung strafen den Obersten Rechnungshof mit Verachtung: Sie erwähnen ihn nur mit jeweils einem kurzen Satz. Die Kritik an den Holzverkäufen verschweigen sie völlig. ((siehe Jahresbericht 2012, S. 49: “Darüber hinaus wurden, den Empfehlungen des Bayerischen Obersten Rechnungshofes folgend, einige Zuständigkeiten innerhalb der Sachgebiete neu zugeordnet.” Jahresbericht 2013, S. 32: “Zum anderen wurden bei der Umorganisation auch Anregungen des Bayerischen Obersten Rechnungshofes aufgegriffen und umgesetzt.”))

Erfrischend offen und ehrlich schildert dagegen Pressesprecher Rainer Pöhlmann die Konsequenzen des Rechnungshofberichts. Bei der ersten Personalversammlung nach dem Prüfbericht kündigt Nationalparkchef Leibl “mit verfinsterter Miene” an, “dass 2013 ein Sparjahr …sein wird, in dem bei allen Betriebsteilen der Rotstift angesetzt wird.” ((Herbstpersonalversammlung vom 6. Dezember 2012, Hervorhebungen von mir)) Er beruhigt die Sorgen der 200 Mitarbeiter: “Betriebsbedingte Kündigungen wird es aber nicht geben.” Offensichtlich waren viele Kollegen so besorgt um ihren Arbeitsplatz, dass Karl Barthmann, Stellvertreter Leibls, dies noch einmal ausdrücklich wiederholt: Eine “scharfe Axt” werde nicht geschwungen. Kündigungen werde es nicht geben. Auch Barthmann erklärt, die Lage sei “angespannt”. Denn ab sofort müssen die “Einnahmen aus dem Verkaufserlös von Borkenkäferholz” an die Landeskasse abgegeben werden.

Bislang hatte der Borkenkäfer folgende Dinge finanziert: ((ebd.))

Letztere werden 2013 prompt gestrichen. Mit diesen “Luxusausgaben” ((Barthmann auf der Herbstpersonalversammlung am 6. Dezember 2012)) ist jetzt Schluss. Nun schließt der Borkenkäfer Haushaltslöcher im Freistaat Bayern.

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