Desinformationsschilder

„Ich selbst habe festgelegt, dass in den Hochlagen des Erweiterungsgebietes solange die bisherige intensive Borkenkäferbekämpfung – allerdings ohne Chemie und Großmaschinen – weitergeführt wird, bis sich die Hochlagenwälder ausreichend selbst verjüngt haben beziehungsweise unterpflanzt wurden.“
Reinhold Bocklet, Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1997 ((Unser Wilder Wald, Nr. 1/1997, S. 2))

 

Harte Technik – Sanfte Sprüche  ((siehe auch Wilhelm Bode, Harte Technik – Sanfte Sprüche: in: Nationalpark 2, 2009))

Das Bild von einem Rückepferd beschönigt die harte Technik, die im Nationalpark eingesetzt wird, und vermittelt ein völlig falsches Bild von der Holzernte.

Rueckepferd

 

2007 wurden laut Jahresbericht ((S. 4-7)) die atemberaubend hohe Menge von 230.700 Festmeter Windwurf- und Käferholz aufgearbeitet:

TechnikHolzmengeProzent
motormanuelle Holzernte114.60050 %
Harvester66.00028 %
Handentrindung22.70010 %
ohne Nennung27.40012 %
Summe230.700100 %

Die nackten Zahlen vermitteln ein anderes Bild von der Technik als das romantische Bild vom Rückepferd:

  • Rückepferde kommen nur zum Einsatz, um „schwächeres Holz und Gipfel vorzuliefern“, d. h. übersetzt: dünne Stämme und Baumkronenabfall zu den befestigten Forstwegen zu ziehen. ((Jahresbericht 2007, S. 7)) Dabei sind Rückepferde sehr wohl in der Lage, auch dicke Stämme zu ziehen, wie ein Foto in der Nationalparkzeitschrift „Unser Wilder Wald“ aus dem Jahr 1999 unfreiwillig demonstriert. ((Unser Wilder Wald Nr. 6, Winter 1999/2000, S. 4)) Wie viele Pferde es sind, verschweigt der Jahresbericht, genauso wie die gerückte Holzmenge. Nicht einmal der Kronenabfall verbleibt auf dem Kahlschlag. Er wurde von „vier Großhäckslern zu Hackschnitzeln zerkleinert und an verschiedene Heizkraftwerke transportiert“. ((Jahresbericht 2007, S. 7)) Noch im Jahr 2000 wurde der Kronenabfall “ ‚brutuntauglich‘ gehäckselt“ und verblieb „als Biomasse auf der Fläche“. ((Unser Wilder Wald, Heft 8, Winter 2000/2001, S. 4))
  • „Wenn irgend möglich wird das Holz im Wald belassen„: Die Möglichkeiten der Nationalparkverwaltung scheinen begrenzt zu sein. Denn nur 10 % der Fichten wurden „von bis zu 40 Waldarbeitern von Unternehmen“ von Hand entrindet und auf den „sensiblen Böden“ liegen gelassen. ((ebd.))
  • Nur 26.000 Fm des Holzes wurde mit Seilkränen zu den Forstwegen transportiert: 11 %. Laut Jahresbericht 2007 geschieht dieses Verfahren der „bodenschonenden Holzbringung“ auf „sensiblen Böden“. Offenbar sind 89 % der Böden unsensibel und bedürfen der Bodenschonung nicht.
  • Und mit Hubschraubern wurden gar nur 1.400 Fm aus dem Wald geflogen: 0,6 %. Dies geschieht vorzugsweise deswegen, weil Zeitungsberichte über Helikopter ((siehe Der Puma kämpft gegen den Käfer, Bayerwaldbote vom 9. Juli 2000 und Unser Wilder Wald Nr. 3/1998, S. 3)) bei den Lesern besser ankommen als solche über verschlammte Rückegassen ((siehe Greenpeace München, Borkenkäferbekämpfung im Nationalpark Bayerischer Wald, Foto ganz unten rechts)).
  • Seit 2003 werden im Nationalpark Harvester eingesetzt: ((siehe Jahresbericht 2003, S. 7)) Den Anfang machte 2003 ein 42 Tonnen schwerer Baggerharvester mit dem Namen „Königstiger“. ((siehe Königstiger in den BaySF im Einsatz, Forstpraxis vom 31.12.2011)) Er trägt den Spitznamen des 1942 eingeführten Panzerkampfwagens VI Tiger II der Deutschen Wehrmacht. Die Großmaschine wiegt 12 Tonnen mehr als der amerikanische M4-Sherman-Panzer, der durch den Film „Fury“ berühmt wurde. ((siehe das Werbevideo für einen Königstiger der BaySF: „Diese schwere Maschine erzeugt nicht viel mehr Bodendruck wie ein Mensch, der drüber läuft!“)) Und da sich in Deutschland keine Umweltschützer an Hochwaldfichten ketteten ((siehe Borkenkäferkrieg im Böhmerwald, Grafenauer Anzeiger vom 4. August 2011)), wurden 2010 schon 9 Roboter eingesetzt. ((siehe Jahresbericht 2010, S. 5))

Die ganze Diskussion um sanfte Technik ist nicht nur verlogen. Sie ist auch ein Ablenkungsmanöver. Ein Nationalpark ist kein Testgelände für bodenschonende Rücketechnik. Im Nationalpark soll das Holz überhaupt nicht gerückt werden. Es soll liegenbleiben und zwar mit Rinde.

 

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