Zeitung und Fernsehen nützen nichts
Auch die Zeitung war nicht auf unserer Seite. Und wir haben nicht kapiert, wie eine Zeitung heute arbeitet. Wie Propaganda funktioniert. Wenn die Zeitung ausnahmsweise einmal einen Artikel brachte, der für uns hilfreich und uns wohlgesonnen war, dann freuten wir uns, als hätten wir einen entscheidenden Sieg errungen.
Aber dann folgte kurz darauf ein Artikel, in dem der Förster die Fällungen verteidigte. Und dann folgte ein Artikel über eine wissenschaftliche Studie, die die Notwendigkeit von Baumfällungen bewies. Und dann folgte ein Interview mit einem Experten für Baumfällungen. Und weil das alles noch nicht genug war, folgte dann noch eine Fotodokumentation über den schönen Stadtwald. Damit auch dem letzten Leser klar war: Kein Grund zur Beunruhigung! Im Stadtwald ist alles in Ordnung! Da konnte ich auf meiner Webseite so viel schreiben, wie ich wollte. Gegen die geballte Macht der Tageszeitung hatten wir keine Chance.
Auch das Fernsehen nützt gar nichts. 2014 berichtete die WDR-Lokalzeit-Ruhr gleich zweimal über die Zerstörung des Brinkmannswaldes in Bottrop: am 22. Februar und am 28. März. Die Baumfällungen gingen weiter. Auch über die Kahlschläge in den Nationalparks gibt es unzählige Fernsehberichte: siehe z. B. Plusminus berichtet über Kahlschläge oder WDR-Lokalzeit über Kahlschläge im NP Eifel oder Diskussion über den Film “Der halbwilde Wald”. Die Kahlschläge gehen weiter.
Zeitungen und Fernsehen nützen nicht nur nichts. Sie korrumpieren. Im Film “Der halbwilde Wald” hatte ich einen kurzen Gastauftritt. Einen ganzen Tag lang kurvte ich dafür mit Regisseur Jürgen Eichinger, seinem Team und Herbert Pöhnl kreuz und quer durch den Nationalpark. Alle waren so nett und so freundlich. Und Pöhnl und ich fühlten uns so wichtig! Wir kommen ins Fernsehen! Selbstverständlich waren wir alle der Meinung, dass die Kahlschläge ganz fürchterlich sind und ganz schrecklich aussehen und jetzt aber wirklich endlich aufhören müssten! Und die Kosten für meine Anreise und die Pension und das Frühstück trug selbstverständlich der Bayerische Rundfunk. Zum Film habe ich mich nie geäußert.
Was also tun gegen Baumfällungen? Alles, was wir damals getan haben, das reicht nicht. Was dann?
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Wir haben gar nichts erreicht
Ich freue mich riesig, dass Sie wieder schreiben. Ehrlich. Die Situation kommt mir vor wie das Lied von Bertold Brecht: Und was noch nicht gestorben is, das macht sich auf die Socken nun.
Ihr ernüchternder Text entspricht zu 100 Prozent meiner eigenen Erfahrung in der Schweiz. Wir haben nicht nur nichts erreicht, sondern wir müssen gravierende Rückschritte zur Kenntnis nehmen: Die Forstwirtschaft hat die Alleinherrschaft und die Deutungshoheit über das Waldareal gefestigt. Sioe kann es sich heute sogar leisten, ehrlich zu sein. Die einzigen Maximen im Forst sind Nutzung, Geld, Gegenwart. Die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft hat sich mit Propaganda, Corona, Ukraine, Wirtschaftssanktionen, Atommüll und geschürten Ängsten (z.B. Energiemangel, Klimawandel) abgefunden. Reiche werden reicher, Bedürfte werden mit Almosen vertröstet. Die künstliche Intelligenz ersetzt das eigene Denken und lässt diese Fähigkeit zunehmend verkümmern.
Hier werden wir uns ein nächstes Mal irren: Leute können gar nicht mehr selber denken. Ihnen fehlen die Übung und die persönlichen Erfahrungen über Landschaft, Landnutzungen und Natur. Wir und unsere früheren Mitstreiter werden älter und gebrechlicher. Bewusst oder erzwungen ziehen wir uns auf die Tribüne oder die Sitzbank zurück. Viele hören auf zu schreiben. Das betrachte ich als den grössten Fehler, den wir machen können: Wir nehmen den Lesern (und der künstlichen Intelligenz) die Möglichkeit der Teilhabe an unseren Gedankengängen und den Beobachtungen.
Hätten Sie nicht schon früher geschrieben, wäre uns sogar die Erkenntnis, dass es nichts genützt hat, verborgen geblieben.
Sehr geehrter Herr Adrian: Ich wünsche Ihnen alles Gute und freue mich auf weitere Texte.