Informationen zur Naturwaldzelle
Ausführliche Informationen zur NWZ Nammer Berg findet man nicht im Internet; die Angaben des Landesbetriebs Wald und Holz NRW auf der diesbezüglichen Webseite sind leider ausgesprochen dürftig: Nammer Berg – Naturwaldzelle 26. Sehr viel ausführlicher ist das Buch Naturwaldzellen IV – Weserbergland – Niederrhein (Nachträge), erschienen als Band 9 der Schriftenreihe der Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung Nordrhein-Westfalen (LÖLF). Das Buch hat allerdings einen schwerwiegenden Nachteil: Erschienen ist es 1984 und wurde seitdem nicht mehr aufgelegt. Aber aktuellere Daten sind leider nicht zu erhalten und deswegen seien die Abschnitte über Bestandesgeschichte1siehe Lexikon für Fachbegriffe – Bestand und -beschreibung des Kapitels zum Nammer Berg hier in Auszügen zitiert. Geschrieben wurden sie von Dr. H. Wachter vom LÖLF:
Bestandesgeschichte
Das Nammer Holz gehört zu den wenigen aus älterer Zeit stammenden landesherlichen ‘Privatgehölzen’; es wurde nach Auflösung des Fürstbistums Minden (1648) preußischer Staatsforst. Dank der seit 1854 lückenlos vorhandenen Forsteinrichtungswerke des Forstamts Minden ist es möglich, die Bestandesgeschichte für die letzten 130 Jahre zu verfolgen. Dabei ist es zweckmäßig, entsprechend der bisherigen Waldentwicklung zwischen Oberhang und Mittelhang zu unterscheiden.
Oberhang
Nach der Beschreibung aus dem Jahr 18542Fettdruck im Original stockten hier 18- bis 30jährige Buchen meist von sehr gutem Wuchs und Schluss mit einzelnen Eichen. Nur im Süden auf der Höhe waren noch eingewachsene alte Buchen vorhanden. Der Aushieb der alten Buchen wurde 1864 angeordnet und bestätigt, dass der überwiegende Teil des Gertenholzes3siehe Lexikon für Fachbegriffe – Gertenholz aus natürlicher Verjüngung, kleine Horste4siehe Lexikon für Fachbegriffe – Horst aus Pflanzung entstanden seien. 1904 wurde erwähnt, dass sich im Osten und in der Mitte zwei durch Windwurf entstandene Lücken fänden, die in den folgenden Jahren mit 2000 Stück Lärchen ausgepflanzt wurden. Diese Lärchen wurden allerdings (lt. Notiz von 1923) meist vom Schnee gebrochen. Durch den gewaltigen Sturm vom 14.11.1940, bei dem allein im Revier Nammen mehr als 10.000 fm5siehe Lexikon für Fachbegriffe – Fm Holz anfielen, wurden auf dieser Fläche 304 fm Buchen geworfen. Größere Durchforstungshiebe fanden 1929, 1935, 1938, 1946 und 1953 statt.
Bestandesbeschreibung
Der Naturwaldzellenbestand besteht gegenwärtig noch aus zwei unterschiedlichen Bestandestypen, die getrennt beschrieben werden sollen:
a) Oberhang
Dem etwa 130- bis 160jährigen, vorwiegend aus Naturverjüngung entstandenen mittleren bis starken Buchenbaumholz sind nur wenige gleichaltrige Eichen beigemischt. Der Bestand ist einschichtig. Die Buchen haben – besonders in den Mulden – lange gerade Schäfte und sind wüchsig, gesund und von guter Qualität. Die Kronen sind normal ausgebildet, z. T. hoch angesetzt. Am Südrand, entlang des Kammes der ‘Nammer Klippe’, kommen auf den felsigen Partieen jüngere, geringwüchsige und kurzschaftige Buchen vor, die mit einigen ebenfalls schlechtwüchsigen Lärchen gemischt sind. Der Bestand ist bis auf einige Windwurflücken geschlossen; auf diesen hat sich etwa 10- bis 20jährige Buchennaturverjüngung eingefunden.
Forstwissenschaftliche Zielsetzungen
Zu den in Nordrhein-Westfalen nicht seltenen Waldgesellschaften gehört der Frauenfarn-Hainsimsen-Buchenwald, der frische Standorte besiedelt. Hier zeigt die Buche regelmäßig sehr gute Wüchsigkeit und verjüngt sich relativ leicht. Als Naturwaldzelle ist diese Buchenwaldgesellschaft noch an drei weiteren Orten […] vertreten. Dies eröffnet die Möglichkeit des Vergleichs. So dürfte ein Einblick in die natürlichen Lebensabläufe des Buchenwalds bei unterschiedlichen Klimabedingungen zu gewinnen sein.
Im Gegensatz zur sicherlich autochthonen Buche dieses Bestandes ist die Eiche von unbekannter Herkunft; auch ist der Standort wegen seiner Lage kaum als natürlicher Eichenstandort anzusehen. In der Zukunft wird man beobachten können, welches Behauptungsvermögen die Eiche hier hat, insbesondere ob und gegebenenfalls in welchem Zeitraum die Buche durch Unterwanderung und/oder Kronenkonkurrenz die Eiche zurückdrängt.
Die ebenfalls nicht zur natürlichen Bestockung gehörenden Lärchen und Fichten sollten, eenn überhaupt, nur allmählich herausgezogen werden, um die Stabilität des Buchen-Eichenbestandes nicht zu gefährden. Sinnvoll könnte es sein, beide Baumarten bis zu ihrem natürlichen Tod in der Naturwaldzelle zu belassen. Das ergäbe Aufschluss über das physische Alter dieser Baumarten in der Region und Hinweise auf ihre Fähigkeit, bei starkem Konkurrenzdruck der Buche zu überleben.
Es ist interessant zu lesen, worüber Dr. Wachter spricht: Forsteinrichtungswerke, sehr guter Wuchs und Schluss, Aushieb, Gertenholz, Horste aus Pflanzung, ausgepflanzt, Buchenbaumholz, lange, gerade Schäfte, wüchsig, gesund und von guter Qualität, hoch angesetzte Kronen, geringwüchsige und kurzschaftige Buchen, schlechtwüchsige Lärchen usw. usf. etc. pp.
Genauso interessant ist, worüber Dr. Wachter nicht spricht: kein Wort über Vögel, Pilze, oder Käfer. Und auch kein Wort über Habitatbäume oder Mikrohabitate. Nichts über Biodiversität und Artenvielfalt. Und natürlich nichts über Wildverbiss. Dr. Wachter war Förster. Gewiss war er kein Biologe und über die Vorträge beim 50jährigen Jubiläum der NWZ hätte er sich sehr gewundert. Aber – Dr. Wachter war ein guter Förster: die Idee, die Eichen “herauszuziehen”, weil es ja kein “natürlicher Eichenstandort” ist, hätte er abgelehnt.
P.S.: Dass am Tag des “gewaltigen Sturm(s)” am 14.11.1940, bei dem so viel Holz “anfiel”, Coventry bombardiert wurde, gehört selbstverständlich nicht in die Bestandesgeschichte. Immerhin: während des 2. WK gab es keine “größere(n) Durchforstungshiebe”. Man hatte anderes zu tun.
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