Warum sind alte Buchen wertvoll?
Schon die Frage ist falsch gestellt. Naturschützer beeilen sich dann immer, eine Fülle von Gründen anzugeben, warum alte Buchen nützlich sind. Auch Prof. Niekisch im Report-Mainz-Beitrag preist Buchenwälder an wie Sauerbier: 14 Vogel-, 205 Pflanzen- und 1.284 Pilzarten seien ohne sie gefährdet (vergleiche “Totholzmangel in Wirtschaftswäldern” oder “Vögel im Hevenbruch“). Und wofür brauchen wir all diese 14 Vogel-, 205 Pflanzen- und 1.284 Pilzarten? Was, wenn es nur 729 Pilzarten wären? Dürfte man dann die Buchen fällen? Derartige Begründungen führen zu einem “infiniten Regress“: Die Buche ist wichtig wegen der Pflanze, die in ihrem Schatten wächst; die Pflanze ist wichtig wegen dem Käfer, der ihre Samen frisst; der Käfer ist wichtig wegen der Artenvielfalt; die Artenvielfalt ist wichtig wegen … usw. etc. pp.
In der Praxis haben solche Nützlichkeitserwägungen absurde Folgen: Wenn gerade mal kein Rotmilan, Wespenbussard oder Schwarzspecht in den Altbuchen nistet, kann man sie dann bedenkenlos fällen? Und reichen dann nicht 10 Altbäume pro ha als sogenannte “Biotopbäume” aus (Deutscher FSC-Standard, 6.3.13). Müssen alte Buchen zu etwas nützlich sein, damit man sie nicht fällt?
Naturschützer führen händeringend immer neue Gründe an, wofür alte Buchen alles nützlich sind: Ein brandneues Argument ist z. B., dass alte Bäume jede Menge CO2 binden und gut gegen den Klimawandel sind (vergleiche “Oldest Trees Are Growing Faster, Storing More Carbon As They Age“). Alle diese Nützlichkeiten haben eines nicht verhindert: Nur noch 3 % aller Wälder in NRW sind Buchenwälder über 140 Jahre (25.330 ha von 847.316 ha, Zahlen laut Bundeswaldinventur). Am nützlichsten scheinen Buchen als Holzlieferant zu sein.
Lassen Sie es mich an einem Beispiel erklären: Eltern lieben ihre Kinder nicht deswegen, weil sie ihnen beim Rasenmähen helfen, das Geschirr abtrocknen oder später in die Rentenkasse einzahlen. Sie lieben sie nicht, weil Kinder ihnen nützlich sind, sondern um ihrer selbst willen. Um es noch zugespitzter zu sagen: Wenn ein Vater Ihnen erzählt, dass er seinen Sohn liebt, weil er in der Schule so gute Noten schreibt oder ein so toller Fußballer ist oder so gut Klavier spielt, dann stimmt etwas nicht.
Worauf ich hinaus will: Wenn ein Professor im Fernsehen erklärt, man müsse alte Buchenwälder schützen, weil sie gut für die Artenvielfalt sind und 1.284 Pilzarten von ihnen abhängen, dann sind gerade diese gut gemeinten Argumente ein Zeichen dafür, dass mit unserem Verhältnis zu Buchenwäldern etwas nicht stimmt. Denn alte Buchenwälder müssen überhaupt keinen Nutzen haben. Sie haben ihren Zweck in sich selbst. Sie sind an sich wertvoll.
Die vier Fotos auf dieser Seite zeigen einen über 190 Jahre alten Buchenwald, in dem seit 40 Jahren kein Förster mehr herumgepfuscht hat. Er wächst in der Hiesfelder Naturwaldzelle – nur wenige Kilometer vom Köllnischen Wald entfernt.
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