Der Eckerlochstieg – Wandern im Borkenkäferland

Anfang Mai 2025 bin ich den Eckerlochstieg zum Brocken gegangen. Ich war schon sehr früh in Porta Westfalica losgefahren, sodass ich schon um 8:00 Uhr in Schierke losgehen konnte. Schierke war wie ausgestorben. Mai ist Vorsaison. So früh am Morgen frühstücken die wenigen Urlauber noch. Und auch die Schulklassen sind noch nicht unterwegs. Nur deswegen sind auf den Fotos keine anderen Wanderer zu sehen.

Mein Bericht über den Stieg ist gegliedert in folgende Kapitel:

  1. Auf der Suche nach einem Untertitel
  2. Das erste Drittel des Eckerlochstiegs
  3. Das zweite Drittel des Eckerlochstiegs
  4. Das dritte Drittel des Eckerlochstiegs
  5. Schluss – 9,30 € und 00:30 Uhr
  6. Fotos vom Eckerlochstieg in 4K

Auf der Suche nach einem Untertitel

Hinweis: Die Fotos auf dieser Seite wurden gleich zu Beginn des Eckerlochstiegs gemacht. Genauer gesagt nach der Überquerung des Schwarzen Schluchtwassers beim Wasserwerk am Ortsausgang von Schierke und vor der Überquerung des Edelmannshäuwegs und der ersten Überquerung der Brockenstraße. Fotografiert wurde mit einer 20 Jahre alten Panasonic DMC-FZ30, ersteigert für 20 € bei Ebay.

Ich habe sehr lange nach einem passenden Untertitel gesucht und hin und her überlegt. Ich dachte z. B. an „Wandern in der Wildnis“. Wildnis klingt gut; das klingt nach Freiheit und Abenteuer. Raus aus der Stadt, rein in die Wildnis. Vom Nationalpark wird das Wort geradezu inflationär benutzt. Aber es wäre gelogen. Ein ehemals künstlich angelegter Fichtenforst ist keine Wildnis, auch wenn der Borkenkäfer die Fichten gefressen hat.

„Wandern im Urwald“ passt deswegen auch nicht, denn zu einem richtigen Urwald gehört, dass er niemals von Menschen gepflanzt, gepflegt und genutzt wurde. Und auch wenn in einem Urwald sehr viel Totholz herumsteht oder auch kreuz und quer herumliegt, so besteht er doch im Wesentlichen aus lebenden Bäumen. Und die sind im Urwald ganz unterschiedlich alt. Der Wald im Eckerloch ist zwar nicht tot, sondern allen Unkenrufen zum Trotz sehr lebendig. Aber es wachsen dort nicht unterschiedlich alte, sondern nur ganz junge Bäume. Es ist ein ganz junger Wald und dank der vielen Birken und Ebereschen mittlerweile auch keine abschreckende graue Wüste mehr. Aber ein Urwald ist es nicht.

Den Untertitel „Wandern durch die Baustelle Natur“ habe ich gleich wieder verworfen. Zwar wirbt der Nationalpark mit dem Slogan „Baustelle Natur! Hier baut die Natur eine neue Wildnis“. Aber bei Baustellen denke ich an Staus auf der Autobahn. Oder an die Baustellen in Schierke, wo neue Hotels hochgezogen werden. Aber das Eckerloch und „Baustelle“? Das erinnert hier viel mehr an einen Abriss: „Abbruch Eckerloch! Hier reißt der Borkenkäfer einen alten Fichtenforst ab.“

Wie wäre es stattdessen mit „Wandern durch einen naturgewachsenen Fichten-Bergwald“? Ist zu lang. Und unverständlich. Denn unter „Fichten-Bergwald“ kann ich mir noch etwas vorstellen. Aber was bedeutet dann „naturgewachsen“? So zumindest charakterisiert der Nationalpark den Wald nach Überquerung der Brockenbahngleise: Ein „naturgewachsener Fichten-Bergwald“ sei das.1siehe Durch das Eckerloch zum Brocken Und er meint damit, dass es ein „sehr naturnaher Wald“ sei „an den oberen Hängen des Brockens“. Also nur da oben. Oberhalb 900 Höhenmetern. Und deswegen passt dieser Untertitel auch nicht für den gesamten Eckerlochstieg: Denn vor dem Überqueren der Bahngleise wandert man durch einen nicht-naturgewachsenen Wald.

„Wandern durch einen toten Wald“ wäre als Untertitel nicht nur falsch, sondern auch viel zu reißerisch und effekthascherisch. Wie die vielen apokalyptischen Schlagzeilen der Tageszeitungen in den Jahren 2019 und 2020, als ein angebliches Waldsterben beschworen wurde.

„Wandern durch einen Fichtenwald in der Alters- und Zerfallsphase“ wäre nicht nur zu lang. Es klingt auch viel zu sehr nach forstwissenschaftlichem Fachchinesisch. Außerdem waren die Fichten noch gar nicht so alt. Sie waren also nicht altersschwach. Sie waren schwach wegen der Hitze und der Trockenheit. Weswegen sie sich auch nicht wehren konnten gegen den Käfer.

„Wandern durch die wilde Natur“? Auch kein guter Untertitel, denn es sieht zwar nun zugegebenermaßen wild aus, aber so ganz so wild ist es dann doch wieder nicht. Da ist noch sehr viel Zivilisation. Mit Brockenbahn und Brockenstraße mitten hindurch und Brockenhotel und Brockenwirt oben. Ich beklage mich nicht. Aber man soll keine falschen Hoffnungen wecken.

Auch den Untertitel „Wandern über einen naturnahen Weg“ hatte ich in Erwägung gezogen. Denn so nennt der Nationalpark den Eckerlochstieg. Es sei ein „naturnaher Weg“ und warnt gleichzeitig: „Dieser Weg ist schwierig zu begehen.“ Mit letzterem hat er recht. Für unsportliche Menschen wird spätestens der letzte steile Anstieg sogar sehr schwierig und schon vorher werden nicht trittsichere Menschen wegen der vielen Steine in große Schwierigkeiten geraten. Deshalb die vielen Trampelpfade links und rechts des mit Steinen gepflasterten Hauptwegs. Aber was ist bloß mit „naturnah“ gemeint? Soll das heißen, man sei auf dem Weg der Natur nahe? Dem könnte man zustimmen. Aber womöglich soll es bedeuten, dass der Weg selbst irgendwie „naturnah“ ist. Das aber wäre Unsinn, denn der Weg ist von Menschen gemacht, und zwar mit viel Mühe und Aufwand.

Ich habe mich dann schlussendlich für „Wandern im Borkenkäferland“ entschieden. Denn kein Lebewesen hat das Land rund um den Brocken so geprägt wie der Borkenkäfer. Es ist sein Land.

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