Der Urwaldsteig bei Bayerisch Eisenstein

Exkurs 2 – Borkenkäferbekämpfung im Randbereich

Manchmal denke ich, ich sei irgendwie in den Film The Truman-Show hineingeraten: Es ist Mittwoch, der 10. Juli 2019 – der allererste Tag meines Urlaubs im Bayerischen Wald. Ich sitze gemütlich beim Frühstück und schlage nichts Böses ahnend den Bayerwald-Boten auf. Und dann springt mir der Artikel förmlich ins Gesicht: Kampf gegen den Käfer – 35.000 Festmeter Holz müssen im Nationalpark aufgearbeitet werden. Ich lege die Zeitung weg und blicke verstört um mich: Entdecke ich irgendwo eine versteckte Kamera?

Spaß beiseite! Wenden wir uns den ernsten Themen des Lebens zu! Und die Borkenkäferbekämpfung des Nationalparks ist ein ernstes Thema – ein sehr ernstes Thema. Das verdeutlichen die Zahlen der letzten Jahre:1Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, Jahresbericht 2018, S. 29

JahrBorkenkäferholzeinschlag in Festmetern (Fm)  
 GesamtRachel-Lusen-GebietFalkenstein-Rachel-Gebiet
201935.000  
201831.6009.10022.500
201734.5008.70025.800
201617.5804.49713.083

Ein Großteil des Holzes wird im Randbereich eingeschlagen; das wird deutlich an den Zahlen für das Rachel-Lusen-Gebiet – der südliche Teil des Nationalparks und ein Gebiet, das praktisch nur noch aus Naturzone und Randbereich besteht. In der Naturzone findet keine Borkenkäferbekämpfung statt – ganz im Gegenteil zum Randbereich. Dieser nämlich ist eine “mindestens 500 Meter breite Pufferzone2zur Breite der Randzone siehe Die Verdopplung der Borkenkäferschutzzone 1997 zu den angrenzenden Privatwäldern, in der dauerhaft Borkenkäfermaßnahmen durchgeführt werden”.3Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, Jahresbericht 2018, S. 28 Die Borkenkäferbekämpfung dort hört nicht irgendwann auf – sie hat eine Ewigkeitsgarantie.

Der Randbereich umfasst sage und schreibe 5.346 ha; das sind 53 km2 oder 22 % der Gesamtfläche des NLPs, die bei 24.222 ha liegt.4Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, Walderhaltungs- und Waldpflegemaßnahmen, S. 5 Zum Vergleich: Der Randbereich ist damit fast doppelt so groß wie der gesamte Nationalpark Jasmund (3.003 ha) und fast genau so groß wie der gesamte Nationalpark Kellerwald-Edersee (5.738 ha).

Hochinteressant ist, wie Nationalpark-Chef Franz Leibl über die Borkenkäferbekämpfung spricht. Er beschreibt nüchtern und emotionslos, was er tut. Es geht um Methoden:

“Wir wenden derzeit alle verfügbaren Methoden in der Rand- und Entwicklungszone an, um den Buchdrucker in Schach zu halten. Die Arbeiten laufen unter Hochdruck. Bei großen Befallsstellen werden die Fällarbeiten derzeit von vier Harvestern durchgeführt.”5Der Bayerwald-Bote, a. a. O.

Ansonsten mit Motorsäge. Nüchtern zählt Leibl weitere Maschinen der Käferbekämpfung auf: Eine Entrindungsmaschine sei ebenso im Einsatz wie Rindenstreif-Geräte:6siehe Exkurs 1

“Diese Methoden ermöglichen es uns, das eingeschlagene Holz borkenkäferfrei über längere Zeit im Wald lagern zu können, wenn ein schneller Abtransport zu den Sägewerken nicht machbar ist.”

Methoden, Methoden, Methoden. Maschinen hier, Maschinen da. Wir tun dies. Wir tun das. Er spricht nicht von “Schädling”. Er spricht nicht von “Katastrophe”. Er bewertet die Bekämpfung nicht. Nicht ein einziges Mal sagt er, dass er die Bekämpfung für sinnvoll hält. Er ist der Chef. Er tut seine Pflicht. Er muss das tun, was die Politiker beschlossen haben. Auch wenn es völlig sinnlos ist. Denn den Kampf gegen den Käfer hat Deutschland längst verloren. Das weiß mittlerweile sogar die Tagesschau.7siehe dazu auch Andrew Nikiforuk, Empire of the Beetle, Greystone Books 2011

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