Strategie 12: Schonende Holzernte
“Wurde bei der Bekämpfung vielleicht mit massiven Methoden vorgegangen, die soviel Kritik erklären können? – Nein. Wo immer es möglich war, wurde versucht, eingeschlagene Bäume von Hand zu entrinden und das Holz im Wald zu belassen” ((S. 3))
“Um eine Beschädigung des Bodens zu vermeiden, wurde 1998 ein flächiges Befahren des Waldbodens verboten und ein Verbleiben der Rückeschlepper auf den ausgewiesenen Rückewegen angeordnet”. ((S. 4))
“… um Schäden am Boden und im Bestand zu vermeiden, wurden Bäume mit dem Hubschrauber ausgeflogen. Denn sowohl für das Aufarbeiten und Herausbringen der Bäume als auch für den Einsatz des Holz-Häckslers hat ein möglichst naturschonendes Vorgehen im Nationalpark oberste Priorität.” ((ebd.))
Von den aufgelisteten zwölf Strategien der Meinungsmache ist die zwölfte die mit Abstand folgenreichste Strategie: Von nun an erscheint keine Zeitung “Unser Wilder Wald” mehr ohne einen ausführlichen Bericht über die “boden- und bestandsschonende” Holzernte.
Den Anfang macht Karl Friedrich Sinner selbst in Heft Nr. 5: Unter der Überschrift “Der Fichtenborkenkäfer und (k)ein Ende” informiert er über die “nationalparkgerechte Durchführung der Arbeiten”. ((Unser Wilder Wald 5, S. 3)) Der Artikel ist illustriert mit drei Farbfotos: Ein Lastenhubschrauber, ein Seilkran und ein Rückepferd werden gezeigt mit dem Untertitel: “Wo möglich und notwendig werden bei der Borkenkäferbekämpfung im Randbereich waldschonende Methoden der Holzbringung eingesetzt”. Sinner lobt den erstmaligen Einsatz eines Seilkrans, “um den empfindlichen Waldboden bestmöglich zu schonen.”
Ab Heft Nr. 6 übernimmt Franz Baierl die Berichterstattung über “naturschonende” Baumfällungen: “Durch alle diese Maßnahmen (= Hubschrauber-, Seilkran- und Pferdebringung) wurde versucht (sic!), Schäden am Boden oder an der Verjüngung weitgehend zu vermeiden.” ((Unser Wilder Wald Nr. 6, S. 4)) In Heft Nr. 7 schreibt Baierl: “Durch dieses differenzierte Vorgehen versucht (sic!) die Nationalparkverwaltung … den Zielen des Naturschutzes bestmöglich Rechnung zu tragen.” ((Unser Wilder Wald Nr. 7, S. 4)) Dieses Mantra wiederholt Baierl bis heute. Auch im Heft Nr. 31 vom Juli 2012:
“Sofern es aus Waldschutzgründen und vom Arbeitsumfang her zeitlich vertretbar ist, werden vom Borkenkäfer befallene Bäume lediglich gefällt und von Hand entrindet, damit die Biomasse im Wald verbleibt. Auch auf Sonderstandorten (Felspartien, Moorbereiche und Quellgebiete) ist die Handentrindung und das Liegenlassen des Holzes das Regelverfahren, um Schäden am Boden und an der Vegetation durch Rückung und Abtransport des Holzes zu vermeiden.” ((Unser Wilder Wald, Nr. 31, S. 4; Das Foto unter dem Text zeigt ausgerechnet einen 20 Tonnen schweren Harvester der Firma Ponsse, der “aus Zeit- und Sicherheitsgründen” auf großen Windwürfen eingesetzt wird.))
Die Nationalparkverwaltung verschiebt das Thema der Diskussion: Statt über den Sinn und das Ausmaß der Baumfällungen zu reden, redet man über deren “nationalparkgerechte” Durchführung. Förster Peter Wohlleben meint dazu:
Die Verwalter des Nationalparks “sind nun leider keine Biologen oder andere ausgebildete Naturschützer, sondern Förster und Waldarbeiter und gehören damit zu der Gruppe, vor denen der Wald zukünftig eigentlich geschützt werden sollte. Das ist in etwa so, als würde man Metzger mit der Zusicherung, ihren Beruf auch weiterhin an den Tieren ausüben zu dürfen, für die Betreuung von Gnadenhöfen einstellen.” (Peter Wohlleben, Der Wald – Ein Nachruf, S. 157)
Und im Nationalpark Bayerischer Wald rühmen sich die Metzger wegen der tiergerechten Schlachtung von Schweinen.
Zur Vertiefung des Themas: Harte Technik – sanfte Sprüche
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