Informationsveranstaltung mit Förstern

Am Montag, den 12. Mai 2014, fand auf Einladung von Klaus Persch, dem Bezirksbürgermeister für den Stadtbezirk III Essen-West, eine Informationsveranstaltung statt. Im Mittelpunkt sollten die Waldpflegemaßnahmen im Lührmannwald auf der Essener Margarethenhöhe stehen.

“ordnungsgemäße Forstwirtschaft” im Lührmannwald

Für Grün- und-Gruga saßen der oberste Chef, Betriebsleiter Herr Schmidt-Knop, und der oberste Förster, Abteilungsleiter Herr Häring, auf dem Podium. Unterstützung bekamen beide vom Leiter des Regionalforstamts Ruhrgebiet, Forstamtsleiter Herr Hassel. Ich möchte hier meine ganz persönlichen Eindrücke von der Veranstaltung schildern.

Nachhilfestunde

Der Name “Informationsveranstaltung” war in meinen Augen falsch gewählt. Es liegt kein Informationsdefizit vor. Es geht nicht um Fragen, die die Bürger zu den Baumfällungen haben. Wir spielen hier nicht das Spiel “Bürger fragen – Grün-und-Gruga anwortet”. Die Bürger haben auch kein Verständnisproblem. Sie müssen nicht belehrt werden, weil sie zu dumm sind, das Waldpflegekonzept von Grün-und-Gruga zu verstehen. Sie brauchen keine Nachhilfestunden in Forstwirtschaftslehre.

“Förderung von Zukunftsbäumen” im Teelbruch

Die Bürger lehnen die Art der Durchforstung ab, wie sie von Grün-und-Gruga durchgezogen wird. Punkt. Und wenn Herr Schmidt-Knop mit Engelszungen sein Erholungsdauerwaldkonzept erklären würde: Die Anwohner wollen es nicht. Sie wollen, dass ihre alten Bäume stehenbleiben. Das geht in den Nationalparks. Es geht in den Stadtwäldern von Göttingen, Lübeck, Mölln und Saarbrücken. Es geht in den Wildniswäldern und Naturwaldzellen, die Wald-und-Holz-NRW eingerichtet hat. Es geht auch in Essen. Wer behauptet, das Fällen alter Bäume sei “alternativlos”, der lügt.

 

Vorsichtige Waldpflege

Der eigens von Grün-und-Gruga bestellte Experte Thomas Oppermann, der ein privates forstliches Beratungsunternehmen leitet, verkündete auf dem Podium die frohe Botschaft, dass der forstliche Eingriff eine “vorsichtige” Waldpflegemaßnahme gewesen sei. Nur 26,5 Festmeter pro ha seien eingeschlagen worden. Möglich wären auch 60 Festmeter gewesen. Auch dann hätte es sich noch um eine ordnungsgemäße Forstwirtschaft nach dem § 1b des Landesforstgesetz gehandelt. Herr Häring pflichtet dem bei: Man halte sich exakt an die Zahlen des Forstbetriebsplanes. Der sei in einem langen demokratischen Abstimmungsprozess mit allen Gruppen der Stadt, allen voran den Umweltschutzverbänden NABU und BUND abgesprochen worden. Die Bürgerbeteiligung sei vorbildlich. Ein Wunder, dass Häring nicht noch die NABU-Kommunalwaldbroschüre von 2013 erwähnt, in der das “Bürgerbeteiligungskonzept” der Stadt Essen über den grünen Klee gelobt wird. (Den Text hat im übrigen Fachhochschuldiplomand Forstingeneur Herr Bösken von der “Operativen Leitung” von Grün-und-Gruga gleich selbst geschrieben.)

“vorsichtige Waldpflege” in Essen-Kettwig

 

Politbüro der SED

Mich erinnert Grün-und-Gruga an das Politbüro des Zentralkomitees der SED in der DDR der späten 80er Jahre. Dieser “kleine Zirkel hochrangiger Parteifunktionäre” (Wikipedia) lebte genauso in seiner eigenen kleinen Welt wie die Spitzenbeamten von Grün-und-Gruga. Was für Häring, Schmidt-Knop und Oppermann der Forstbetriebsplan, war für Honnecker, Mielke und Schalck-Golodkowski der Fünfjahresplan. Glaubten die einen an das Parteiprogramm, so die anderen an das Leitbild des Erholungsdauerwalds. Die SED beschäftigte den Chefideologen Kurt Hager, Grün-und-Gruga den Fachhochschulprofessor Volker Dubbel. Und während die Staatliche Planungskommission über die Planerfüllung der VEBs wachte, passt die Operative Leitung auf, dass die Revierleiter die im Wirtsschaftsplan vorgesehenen Holzmengen fällen. Und alle singen das Lied der Partei: Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!

 

Keinen Millimeter

Ich bezweifele, dass es Sinn macht, mit Grün-und-Gruga zu diskutieren. Auch die bei Förstern so beliebten Ortstermine sind zwecklos. Wo der Bürger sich über einen Kahlschlag von 0,3 ha beschwert, begrüßt Herr Häring Chancen für Naturverjüngung. Wo der Bürger das Fällen einer über 120 Jahre alten Buche beklagt, sieht Schmidt-Knop Wachstumspotential für Zukunftsbäume. Wo der Bürger sich über Stangenforste mit lauter dünnen Bäumchen beschwert, freut sich Wuttke über einen vitalen jungen Wald, der für den Klimawandel gerüstet ist. Es ist zwecklos. Ebensogut hätten Sie mit Honnecker über die Mängel des real existierenden Sozialismus diskutieren können.

“Entfernen von Bedrängern” im Teelbruch

Das Gefühl, gegen eine Wand zu reden, hatten nicht nur die Bürger auf der Informationsveranstaltung, sondern auch Lutz Fähser, ehemaliger Förster des Stadtwalds Lübeck. Fähser war beim letzten FSC-Audit am 3. September 2013 dabei. Er zeigte sich danach frustriert, dass das Forstamt sich keinen Millimeter bewegt habe. Seine Kritik am Essener Erholungswald können Sie hier nachlesen: Stellungnahme zur Waldwirtschaft im Stadtwald Essen.

 

Den Audit-Bericht gibt es hier zum Download: FSC-Hauptauditbericht 2013. Über meine vergebliche Beschwerde beim FSC im Jahr 2013 können Sie sich hier informieren: Beschwerde beim FSC über Grün-und-Gruga Essen.