140jähriger Buchenbestand, der zu Gunsten des Jungwuchses horstweise gelichtet wird.
Die Abbildung oben mitsamt ihrem Untertitel ist 90 Jahre alt. Sie stammt aus dem Vortrag, den Waldbauprofessor Ludwig Fabricius auf dem 1. Deutschen Naturschutztag 1925 in München hielt. Ich habe die Rede mitsamt den dazugehörigen Bildern eingescannt. Hier geht es zum Download: Ludwig Fabricius, Forstwirtschaft und Naturschutz, München 1925 und Abbildungen zur Rede.
Fabricius war Professor für Waldbau an der Münchener Universität und sein Thema war das Verhältnis von Forstwirtschaft und Naturschutz. Er verteidigt in seiner Rede die Forstwirtschaft gegenüber der Kritik der Naturschützer. Seine zentralen Argumente sind dabei von erschreckender Aktualität. So verteidigt er beispielsweise das Fällen von Altbäumen folgendermaßen:
“Wenn ein haubarer Bestand zur Nutzung kommt und die Axt ihn allmählich lichtet, damit der Jungwuchs am Boden ankommen und gedeihen kann, ergeben sich oft besonders reizvolle Bilder durch den gruppenweisen Wechsel von Alt- und Jungholz oder das Über- und Durcheinander beider. Aber unerbittlich müssen sie vom Forstmann zerstört werden. Die Jugend hat das größere Recht, die Pflicht der Zukunft. Sie kann es auf die Dauer nicht ertragen, daß die Alten, deren Zeit um ist, Licht und Nahrung rauben, sie wollen Freiheit. Darum muß der alte Bestand fallen, damit auch für die kommenden Geschlechter Werte erzeugt werden, deren sie bedürfen werden. Und löst nicht auch ein Jungholz mit freudigem Wuchs ähnliche Gefühle in uns aus eine aufstrebende tatenfrohe Menschenjugend? Dafür scheinen manche Naturfreunde ganz unempfindlich zu sein, und darin könnten sie von den Forstleuten ästhetisch erzogen werden.” ((S. 484 f., Hervorhebungen von mir))
Dieser kurze Abschnitt enthält praktisch das gesamte Repertoire an Argumenten, mit denen Naturschützer auch heute abgespeist werden, wenn sie gegen Baumfällungen protestieren. Revierförster Alexander Böttinger von der Oberförsterei Potsdam greift im Jahr 2016 das beliebte Argument von “Licht”, “Nahrung” und “Freiheit” folgendermaßen auf:
„Es wurde endlich Zeit, dass der Wald auch mit 100 bis 120 Jahre alten Eichen zur richtigen Zeit wie jetzt im Winter ordentlich durchforstet wird […] Es ist ein Segen für den Wald kann ich dazu nur sagen. […] In einem Vierteljahr, wenn alles sprießt, wird der Wald dankbar sein für Licht und Sonne.” ((Petzower empört über Rodungen, Märkische Allgemeine vom 9. Februar 2016))
Das “ordentlich durchforstete” Naturschutzgebiet der Glindower Alpen sieht jetzt so aus: ((Die Fotos stammt von László Maráz, die Bearbeitung und Zusammenfügung zum Panorama von mir.))
Wie Fabricius befürchtet hat, bin ich für die Schönheit dieses Anblicks “ganz unempfindlich”. Daran wird sich auch, so fürchte ich, in einem Vierteljahr nichts ändern, “wenn alles sprießt” und das Jungholz freudig wächst. Offensichtlich muss ich von Forstmann Böttinger noch “ästhetisch erzogen” werden.