Bankrott der Forstwirtschaft in Essen
Der Wald am Baldeney-See sollte das große Vorbild für den “Erholungs-Dauerwald” werden. Grün-und-Gruga widmen ihm eine ganze Webseite: Waldpflege Baldeney-Wald. (Alle folgenden Zitate stammen von dieser Seite. Die Hervorhebungen sind von mir.) Auf dem Workshop “Baldeney” im Mai 2008 schüchterte Fachhochschulprofessor Dubbel die Bürger mit einem Schreckensszenario ein: Der Wald sei “überaltert”. Viele Bäume hätten “morsche Äste oder faule Stämme”. Sogar “Zusammenbrüche des Baumbestandes” seien zu beobachten. Durch die angeblich “dringend notwendigen Waldpflegemaßnahmen” sollten in den Jahren 2008 und 2009 zwei Ziele erreicht werden:
- “Die Waldbesucher sollen vor umstürzenden Bäumen und herabfallenden Ästen geschützt werden.”
- Der “gesamte Waldbestand” sollte “gesichert und stabilisiert werden.”
Den Teilnehmern wurde versprochen, immer “nur einzelne Bäume oder kleine Baumgruppen” zu fällen. “Besonders guten Bäumen” sollte “mehr Licht” verschafft werden: “Dadurch werden diese stark gefördert und gewinnen an Stabilität.” Der Erholungs-Dauerwald biete “höchste Sicherheit … gegenüber klimatischen Einflüssen” (siehe Bürgerwald der Stadt Essen).
Dubbel hätte es besser wissen können. Selbst Standardwerke der Forstwirtschaft geben kleinlaut zu:
“Durchforstungseingriffe … setzen die Bestandsdichte herab, was die Windbelastung im Kronenraum erhöht, und den gegenseitigen Deckungsschutz und das Stützgefüge mindert (u. a. Gardiner et al. 1997) Zugleich lösen sie einen Adaptationsprozess der Bäume aus, der zu Stabilität erhöhenden (verstärktes Dicken- und Wurzelwachstum) und senkenden Effekten (größeren Kronen) führt. Im Ergebnis zeigen viele praktische Erfahrungen, dass unmittelbar nach einem Durchforstungseingriff die Bestände zunächst labilisiert werden, um dann nach einer gewissen Anpassungszeit wieder auf ein Sturmgefährdungsrisiko wie vor dem Eingriff oder sogar zu einem geringeren Risiko zu gelangen.
Die Analyse von Sturmschäden von 1990 in Hessen (Winterhoff et al. 1995) ergab, dass bei den Buchenbeständen 47% der Schadflächen auf Bestände entfiel, die ein bis zwei Jahre vor dem Orkan durchforstet worden waren.” (Ernst Röhrig, Waldbau auf ökologischer Grundlage, 7. Auflage 2006, S. 250)
Offensichtlich war der Baldeney-Wald auch 5 Jahre nach der Durchforstung noch “labilisiert”. Das angeblich “verstärkte Dicken- und Wurzelwachstum” hatte die Stabilität offensichtlich nicht erhöht. Die Kronen der Altbuchen haben sich ebenfalls nicht an das Lehrbuch gehalten: Die Schattenbaumart Buche verträgt Freistellungen nicht. Statt dass die Kronen “größer” werden, verkümmern sie und werden krank. Übrig blieben die negativen Effekte der Durchforstung: Der “gegenseitige Deckungsschutz” geht verloren. Das Bild des vermeintlich “naturnahen” Dubbelschen “Dauerwalds” zeigt das auch ganz unverblümt: große freigestellte Kronen, die den Sturmböen ideale Angriffsflächen bieten.
Die vielen schönen alten Buchen am Nordufer des Baldeney-Sees sind 2008 und 2009 umsonst gefällt worden. Die “Stabilität” des “Dauerwalds” währte nur 5 Jahre. Die “besonders guten Bäume” liegen der “starken Förderung” und “Stabilisierung” zum Trotz am Boden. Der Zweck, die Wälder “verkehrssicher” zu machen, wurde nicht erreicht. Im Gegenteil: Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein intakter Buchenwald mit geschlossenem Kronendach den Sturm weitaus besser überstanden hätte. Schließlich haben sich Buchenwälder seit 3.000 Jahren in ganz Europa durchgesetzt: Sommerstürme haben ihre Dominanz nicht behindert.
Selbst wirtschaftlich war die “Waldpflege” Blödsinn: Das Holz der 160 Jahre alten Buchen war fast wertlos. Der Verkauf deckte nur “einen Teil der entstehenden Kosten”. Grün-und-Gruga weigert sich hartnäckig, der Öffentlichkeit genaue Zahlen zum Holzverkauf zu präsentieren. Wäre das Forstamt ein privater Betrieb, er wäre seit langem bankrott.
Weiterführender Link:
Kritik am Erholungsdauerwald nach Dubbel
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