Trittsteine in der Stellungnahme Ulrich Mergners

Grenzen der Forschung zu Trittsteinen

Die Studie von Lachat, Müller und Bütler über die Mindestgröße von Trittsteinen hat mehrere Schwachstellen:

1. Festlegung der Schwellenwerte

Die drei Schwellenwerte für Totholz, Habitatstrukturen und Spechthöhlen werden berechnet, indem man den Standardfehler vom Mittelwert abzieht. Das ist eine willkürliche Festlegung. Ebenso gut könnte man den Mittelwert selbst nehmen oder sogar den Standardfehler addieren statt abzuziehen. Würde man sich für eine der beiden letzteren Optionen entscheiden, wäre der Schwellenwert natürlich höher. Dann wären auch die Mindestflächen größer.

2. Festlegung der 75%-Hürde

Auch die 75 %-Hürde ist willkürlich festgelegt. Genauso gut könnte man bestimmen, dass 80 % oder 90 % der Flächen die Schwellenwerte übertreffen müssen. Auch dann wäre die Mindestfläche natürlich ebenfalls größer. Rita Bütler ist so ehrlich, dass zuzugeben:

“Sie haben schon recht. 75 % ist eine willkürliche Wahl. Das wäre aber auch für 80 % oder 90 % der Fall.” ((Email vom 26. Januar 2016))

 

3. Keine Überprüfung durch Indikatorarten

Die größte Schwachstelle der Studie ist, dass sie nicht mit Indikatorarten überprüft wurde. Eine Indikatorart für Großhöhlen in Bäumen ist beispielsweise der Juchtenkäfer (Osmoderma eremita). Er ist auf diese Großhöhlen unbedingt angewiesen. Wo man ihn findet, muss in unmittelbarer Nähe eine Großhöhle sein. Die Studie beweist nicht, dass der Juchtenkäfer tatsächlich auf Altholzinseln von 0,9 ha Größe lebensfähig ist. Und sie beweist auch nicht, dass der Käfer diese als Trittsteine benutzt, um vom einen Naturwaldreservat zum nächsten zu hopsen. Das war von vornherein nicht das Ziel der Studie. Die Schweizer haben im wesentlichen eines gemacht: Totholz gemessen und Habitatstrukturen und Spechtlöcher gezählt.

Es gibt keine einzige wissenschaftliche Untersuchung, die belegt, dass Trittsteine funktionieren. Gäbe es sie, Mergner und die BaySF würden dafür sorgen, dass dies die Topmeldung des Bayerischen Fernsehens wäre. Auf Doktorand Bastian Schauer von der Universität Bayreuth, der genau zu diesem Thema im Forstbetrieb Ebrach unter Aufsicht von Mergner forscht, lastet ein enormer Erfolgsdruck:

Die Forschungsarbeit wird finanziert von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Diese wiederum bekommt ihr Geld von der Bayerischen Forstverwaltung. Es sind immer dieselben Namen, die bei diesen Studien auftauchen: Heinz Bussler und Jörg Müller. ((Jörg Müller, nicht Markus Müller von der Altholzinsel-Forschung.))

Leider hat der BUND kein Geld. Vielleicht würden die beiden Käferexperten dann auch einmal für den BUND forschen. Die Folgen der Eichenfällungen für die Totholzkäfer im Spessart wären ein dankbares Thema, wie der Waldreport 2016 des BUND zeigt. ((siehe BUND-Waldreport 2016, S. 8 ff.)) Im Spessart steht es seit Jahren schlecht um die “Chancen integrativer Naturschutzkonzepte” – so der Titel eines Vortrags von Jörg Müller am 23. April 2015 auf dem BaySF-Symposium “Natur- und Artenschutz bei integrativer Waldbewirtschaftung” im Kettensägen-Museum im Steigerwald.

4. Platzmangel auf Trittsteinen

Nehmen wir an, auf einer Altholzinsel gibt es zwei Großhöhlen. Aber reicht das auch für anspruchsvolle Arten aus? Nehmen wir wieder das Beispiel Juchtenkäfer. Was ist mit den anderen Rote-Liste-Käfern, die Großhöhlen besiedeln? Was ist mit Megerles Schnellkäfer (Brachygonus megerlei), dem Lappenfuß-Schnellkäfer (Podeonius acuticornis), dem Feuerschmied (Elater ferrugineus), Rosenhauers Schnellkäfer (Crepidophorus mutilatus), dem Mattschwarzen Mehlkäfer (Tenebrio opacus), dem Veilchenblauen Wurzelhals-Schnellkäfer (Limoniscus violaceus), dem Bluthals-Schnellkäfer (Ischnodes sanguinicollis) und dem Kurzflügelkäfer (Hesperus rufipennis)? ((Georg Möller, Habitatstrukturen holzbewohnender Insekten und Pilze, LÖBF-Mitteilungen 3/2005, S. 30-35, Tabelle 1, S. 31)) Passen die auch noch alle in die zwei Höhlen? Oder herrscht dort eine so drangvolle Enge, dass sich die Käfer gegenseitig auf die Tarsi trampeln?

Andererseits – so eng wird es nun auch wieder nicht: Denn fünf der oben aufgelisteten acht Käfer sind im Steigerwald bereits der Forstwirtschaft zum Opfer gefallen: Podeonius acuticornis, Elater ferrugineus, Tenebrio opacus, Limoniscus violaceus und Ischnodes sanguinicollis. ((Sie fehlen in der Tabelle 9-3 mit den 438 im Steigerwald nachgewiesenen Käferarten von Jörg Müller auf S. 201 ff. im Anhang zu seiner Dissertation über Waldstrukturen als Steuergröße für Artengemeinschaften in kollinen bis submontanen Buchenwäldern, München 2005))

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