Wildverbiss auf dem Kahlschlag am Schwarzen Graben

NLP-Leiter Pusch erklärt unfreiwillig, warum Kahlschläge gut für Hirsche sind

Der Pressesprecher der Niedersächsischen Landesforsten, Herr Rudolph, gibt es ganz offen zu: Der NLP hat sich zu einem “Eldorado für Wild” entwickelt.1Herr Rudolph, Pressesprecher der Landesforsten, über den Kahlschlag Das würde Pusch nie zugeben. Nie würde er sagen, dass die vielen Kahlschläge gut für die Hirsche sind. Aber in einem Vortrag gibt er es zumindest unfreiwillig zu. Man muss nur 1 und 1 zusammenzählen.

“… insofern mussten hier die Bäume alle abgesägt werden …”

Am 19. Juli 2018 hält der Leiter des NLP Harz, Andreas Pusch, einen gut 45minütigen Vortrag über die Waldentwicklung im NLP. Die Zuhörer folgen ihm mit einer Ruhe und Gelassenheit, die ich bewundere. Nur ein einziges Mal wird Pusch von einer Zuhörerin unterbrochen. Sie fragt, wie der Borkenkäfer im NLP bekämpft wird. Und Pusch antwortet offen und ehrlich: mit Kahlschlägen. Seine ausführliche Erklärung macht nebenbei und unfreiwillig auch deutlich, warum die Borkenkäferbekämpfung im NLP völlig gescheitert ist: nicht etwa am mangelnden Willen, sondern deswegen, weil eine konsequente Bekämpfung viel zu arbeitsaufwendig ist.

Hier ein Transkript seiner Antwort ab Min 42:02:

“Borkenkäferbekämpfung geht nur auf eine Art und Weise. Das Schwierige dabei ist: Sie müssen den frischen Befall so schnell wie möglich erkennen. Das ist außerordentlich arbeitsintensiv. Das erfordert alle paar Tage in den gefährlichen Bereichen jeden Baum anzugucken. Und wenn der Käfer versucht, sich einzubohren, dann kratzt der hinten Bohrmehl raus. Er nagt also vorne sich in die Rinde rein und hinten kommt Bohrmehl raus. Oder der Baum ist noch stark genug, um sich mit Harzfluss zu wehren. Unsere Leute rennen tatsächlich dann mit einem Fernglas durch den Wald, gucken sich die Stämme an – vor allen Dingen da in der Höhe, wo der Kronenansatz ist – und gucken, ob da braunes Bohrmehl rauskullert oder ob da Herztropfen kommen.

Wenn Sie den Befall erkannt haben, müssen Sie den Baum so schnell wie möglich einschlagen – also absägen. Und das Wichtige ist dann – weil wie bei uns im NLP ohne Begiftung arbeiten -, dass wir dieses Holz so schnell wie möglich aus dem Wald rausbringen. Also wenn Sie das dann ins Sägewerk gebracht haben, bevor die Entwicklung der Käferlarven zu Ende geht, dann haben sie gewonnen. Wenn Sie es nicht schaffen, haben Sie verloren. [Pusch lacht.] Dann sind aus einem Käfer 50 geworden. Also eine andere Bekämpfungsmöglichkeit gibt es nicht.

Wir haben das hier getan, und insofern mussten hier die Bäume alle abgesägt werden.”

Screenshot Vortrag: Waldentwicklung im NLP Harz – Andreas Pusch

” … die Bodenvegetation so lecker, dass die bevorzugt da rein gehen …”

Nur ein einziges Mal in dem langen Vortrag spricht Pusch über Hirsche – bezeichnenderweise erst ganz am Schluss ab Min 45:44:

“Ja und auch – und speziell das, was uns heute interessiert – diese Totholzbereiche: Sie sehen, der Hirsch kommt gerade den Hang hoch aus so einem Totholzbereich. Die reiche Bodenvegetation lockt das Wild auch darein. Das ist aber auch wieder eine Frage auch der Struktur. Es gibt Bereiche, wo das Totholz so dicht liegt, dass das Rotwild ähnlich wie an den Blockhalden keine Lust hat, da reinzukrabbeln. Das heißt, da gibt es wieder Chancen für die Verjüngung von Baumarten, die sehr gerne beäst werden – also aufgefressen werden. In anderen Bereichen ist die Bodenvegetation so lecker, dass die bevorzugt da rein gehen. Also auch wieder diese Frage des Mosaiks an Strukturen, die da für Artenvielfalt sorgen.”

Dem ist nichts hinzuzufügen. Zumindest nicht, was den Kahlschlag am Schwarzen Graben betrifft.

“… durch Wild umgebracht zu werden …”

Pusch hat zwar Recht, wenn er behauptet, dass dicht liegendes Totholz – Förster sprechen von “Verhau” – Hirsche abschreckt. Aber er verschweigt, dass Totholz verrottet und dann kein Hindernis mehr darstellt. Das weiß Dr. Peter Meyer von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen. In einer Arbeit über den Quitschenberg im NLP  – wo Sturmwürfe und Borkenkäfer für viel Verhau gesorgt haben2Regeneration eines naturnahen Fichtenwaldökosystems im Harz nach großflächiger Störung – schreibt er:

“Inwieweit die Eberesche auch zukünftig an der weiteren Waldentwicklung in relevantem Ausmaß beteiligt sein wird, bestimmt im Wesentlichen der Wildverbiss. Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist die Eberesche als Mischbaumart nur bei entsprechendem Zaunschutz gesichert.”

Und in einem Vortrag von 2019 erinnert er an folgendes:

“Das deutet […] darauf hin, dass hier das Schalenwild – einerseits der Verbiss, aber auch das Schlagen und Schälen, weil auch die älteren Ebereschen sind keineswegs gefeit davor, durch Wild umgebracht [sic!] zu werden – eigentlich der Hauptfaktor ist, der verhindert, dass die Eberesche hier einen entsprechend großen Anteil einnehmen kann.”

Was für Ebereschen gilt, gilt selbstverständlich auch für Buchen. Auch sie wird durch Fegen3= “den Bast von Geweih an Ästen und fegen Sträuchern abreiben”, Die wichtigsten weidmännischen Ausdrücke beim Rotwild und Schlagen4= “Bäume und Sträucher mit dem Geweih bearbeiten”, ebd. umgebracht.

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