Großkahlschlag am Oderteich

Widerspruch im Nationalparkplan

Der Nationalparkplan für den Nationalpark Harz, der für die Jahre 2011 – 2020 gilt, enthält ein Kapitel mit dem bezeichnenden Titel “Borkenkäfermanagement”, so als ließe sich der Borkenkäfer in irgendeiner Weise “managen”. In diesem Kapitel werden Kahlschläge zur Borkenkäferbekämpfung unmissverständlich ausgeschlossen:

“Außerhalb des Sicherheitsstreifens ((Gemeint ist der 500 m breite Sicherheitsstreifen entlang der Nationalparkgrenzen. F.-J. A.)) dürfen Bekämpfungsmaßnahmen nicht zum vollständigen Abräumen der Fläche führen.”  ((Nationalparkplan, Kapitel 1.4.1.1.4, S. 52, Hervorhebungen von F.-J. A.))

In direktem Widerspruch zu diesem Satz steht ein Satz aus dem Kapitel “Waldentwicklung in der Naturentwicklungszone”:

Phytosanitäre Hiebsmaßnahmen können zu kahlschlagartigen Freiflächen führen …”  ((Nationalparkplan, Kapitel 1.4.1.1.3, S. 51, Hervorhebungen von F.-J. A.))

Der gesamte Nationalparkplan meidet das Wort “Kahlschlag” wie die Pest. Nur im geschichtlichen Teil kommt das Unwort vor: Im 18. Jahrhundert gab es die “Kahlschlagwirtschaft”. ((Nationalparkplan, Kapitel 1.2.4, S. 16)) Nach dem 2. Weltkrieg gab es die “großflächigen Kahlschläge” wegen der Reparationshiebe. ((a. a. O., S. 17)) Heute sprechen die Nationalparkförster lieber von “Freiflächen”: Flächen, die frei von Bäumen sind. Sie ähneln Kahlschlägen, sind aber keine. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wird die deutsche Sprache bis zur Unverständlichkeit verbogen. Der Text suggeriert, die “kahlschlagartigen Freiflächen” seien das ungewollte Nebenprodukt der “phytosanitären Hiebsmaßnahmen”. Ein Kollateralschaden – bedauerlich, aber unvermeidbar. Denn schließlich wollen die Nationalparkförster nur das Beste für den Wald: sie “sanieren” ihn mit Kahlhieben. So wie man Kinder erzieht, indem man sie verprügelt.

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