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„Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München mit zehn Minuten – ohne dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen – dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen – am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug.“
Edmund Stoiber ((Stoiber 10 Minuten Transrapid))
Schluss: Das TINA-Prinzip
Ich habe in einem anderen Aufsatz 12 Strategien der PR-Arbeit im Nationalpark aufgelistet. Sie werden in allen offiziellen Stellungnahmen gebetsmühlenartig wiederholt. Stoiber verwendet mindestens sieben der 12 Strategien:
Strategie 3: Lügen
„Das hierzu einberufene internationale Expertengremium, dem auch Vertreter des WWF und des IUCN angehörten, kam letztendlich zu dem Ergebnis, daß es zur aktiven Bekämpfung des Borkenkäfers im Randbereich des Nationalparks keine Alternative gibt.“
Dreist ist es, ausgerechnet dem Vertreter des WWF die Aussage unterzuschieben, die Borkenkäferbekämpfung sei alternativlos und mit IUCN-Bestimmungen vereinbar. Denn schließlich lag just zu diesem Zeitpunkt der Brief von Jungius auf Stoibers Schreibtisch, der genau das Gegenteil behauptet.
Strategie 6: Bagatellisieren
„Der weit überwiegende Teil des Nationalparks wird nach wie vor trotz der massiven Borkenkäferschäden nicht angetastet, hier geht die Naturentwicklung unbeeinflußt vom Menschen ihren freien Lauf.“
Diese Behauptung bagatellisiert nicht nur das Ausmaß der Borkenkäferbekämpfung; sie ist schlicht gelogen. Im Jahr 1999 betrug die Fläche der Naturdynamikzone 9.886 ha. ((9.486 ha im Rachel-Lusen-Gebiet und 400 ha im Falkenstein-Rachel-Gebiet (siehe Nationalparkverwaltung [Hg.], Waldentwicklung im Nationalpark Bayerischer Wald in den Jahren 2006 – 2011 – Von Marco Heurich, Franz Baierl und Thorsten Zeppenfeld, Grafenau 2012, S. 7, Tab. 1) 1999 war die Naturdynamikzone im Falkenstein-Rachel-Gebiet nur ganze 400 ha groß.)) Dem standen 14.336 ha gegenüber, die zur Entwicklungs-, Management- und Erholungszone gehörten.
Strategie 7: Akzeptanz der Bevölkerung
„Die Sorgen und Ängste der örtlichen Bevölkerung müssen ernst genommen werden. Naturschutz und insbesondere ein Wildnisprojekt wie der Nationalpark Bayerischer Wald funktioniert nur mit den Menschen und nicht gegen sie. […] Die Idee und das Konzept des Nationalparks läßt sich langfristig nur bei weitgehender Akzeptanz der örtlichen Bevölkerung erfolgreich umsetzen.“
Strategie 8: Experten
„Das hierzu einberufene internationale Expertengremium, dem auch Vertreter des WWF und des IUCN angehörten, kam letztendlich zu dem Ergebnis, daß es zur aktiven Bekämpfung des Borkenkäfers im Randbereich des Nationalparks keine Alternative gibt“
Strategie 9: Recht und Gesetz
„Außerdem wurde von seiten des Naturschutzes akzeptiert, daß eine Borkenkäferbekämpfung, die sich auf den Randbereich beschränkt, mit den IUCN-Bestimmungen durchaus vereinbar ist.“
Der „Experte für Nationalparkfragen“ ((siehe Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (Hg.), Borkenkäferproblematik im Nationalpark Bayerischer Wald – Ergebnis des internationalen Expertengremiums, Freising 1998, S. 4)) Jungius bestreitet in seinem Brief genau dies.
„Die Bayerische Staatsregierung ist stolz auf diesen „echten“ Nationalpark, in dem sich die Natur vom Menschen unbeeinflußt entwickeln kann und der zur bedeutendsten Besucherattraktion der gesamten Region geworden ist. […] Dabei stehe ich zu meiner klaren Entscheidung, den Borkenkäfer im Kerngebiet des „alten“ Nationalparks nicht zu bekämpfen, sondern der Natur weiter ihren natürlichen Lauf zu lassen. Wo Nationalpark drauf steht, muß auch Nationalpark drin sein.“
Strategie 12: Schonende Holzernte
„Die Nationalparkverwaltung ist jedoch stets bemüht, den Waldboden und den verbleibenden Bestand so weit wie möglich zu schonen. Auf Feucht- und Naßstandorten wurde beispielsweise ein Spezialhubschrauber zur Holzbringung eingesetzt, um Bodenschäden zu vermeiden.“
Das TINA-Prinzip
Als erfahrener Politiker verwendet Stoiber noch eine achte Strategie: das TINA-Prinzip. Er konstruiert mit penibler Genauigkeit eine lückenlose Kausalkette vom Borkenkäferbefall bis zum Holzverkauf:
- Die Menge des vom Borkenkäfer befallenen Holzes ist sehr groß.
- Eine Handentrindung auf der Fläche ist nicht möglich.
- Bei der Handentrindung werden nicht alle Borkenkäfer abgetötet.
- Die Bäume müssen zum Waldweg gerückt werden.
- Dort müssen Maschinen sie entrindet.
- Dann müssen sie abgefahren und verkauft werden.
Der Borkenkäfer ist an allem schuld. Er zwingt die Nationalparkverwaltung förmlich dazu, das Holz zu verkaufen. Originalton Stoiber:
„Nachdem das Holz aber für eine möglichst effektive Borkenkäferbekämpfung bereits an die Waldwege gerückt worden war, ergab sich zum Verkauf keine ernsthafte Alternative.“
Es gibt Sätze, die man nicht zu kommentieren braucht.
Auch diesen hier nicht:
„Die Nationalparkverwaltung ist […] stets bemüht, den Waldboden […] so weit wie möglich zu schonen.“