Vorteile der Baummikrohabitate für Bürgerinitiativen

Empfehlungen für die Anzahl der Mikrohabitate

Das Praxishandbuch- Naturschutz im Buchenwald ((Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft Brandenburg (Hg.), Praxishandbuch – Naturschutz im Buchenwald. Naturschutzziele und Bewirtschaftungsempfehlungen für reife Buchenwälder Nordostdeutschlands, 22016)) spricht konkrete Empfehlungen für Mikrohabitate aus.

Beeindruckend ist die lange Liste von fachlichen Beratern, die am Handbuch mitgearbeitet haben: u. a. auch Daniel Kraus vom European Forest Institute (EFI), Hauptautor des Katalogs der Mikrohabitate. Umgekehrt war die Hauptautorin des Handbuchs, Susanne Winter, eine der Co-Autoren des Katalogs der Mikrohabitate. Das Handbuch empfiehlt folgendes:

„Es ist eine hohe Anzahl von Mikrohabitaten anzustreben. Bei Erhebungen in naturnah bewirtschafteten Flächen wurden im Minimum 50 Mikrohabitate pro ha nachgewiesen. […] In Naturschutzgebieten ist eine höhere Dichte und Typenvielfalt von Mikrohabitaten anzustreben. Untersuchungen wiesen über 70 Mikrohabitate pro ha aus.“ ((Praxishandbuch, S. 44))

Die Baummikrohabitate und Bewirtschaftungsempfehlungen fasse ich in folgender Tabelle zusammen. Alle Zahlen beziehen sich auf 1 ha: ((a.a.O., S. 74-119, siehe auch Antwort von Dr. Susanne Winter))

Nr.MikrohabitatEmpfehlung
1Zunderschwammbäumegut = mindestens 2 (BHD > 40 cm)
hervorragend = mehr als 4
2BaumschwammbäumeBäume mit Baumpilzen weitestgehend erhalten
3Weitere pilzbesiedelte BäumeBäume mit Baumpilzen weitestgehend erhalten
4Kronenbruch5 Bäume mit Teilkronen- und Kronenbruch erhalten
5Stammbruch am lebenden Baum und Ersatzkronenbäumemindestens 2 – 3 erhalten
6Zwieselabbruchmindestens 4 > 20 cm BHD erhalten; auch dünnere Zwiesel als Voraussetzung für Zwieselabrisse erhalten; Fällen nur, wenn ein mind. 6 m langes Stammstück mit mind. B-Qualität wirtschaftlich genutzt werden kann
7Blitzrinnengenerell erhalten
8Risse und Spaltenbilden sich schnell und vergehen auch wieder schnell, Schwellenwert deshalb unpraktisch, ungefähr 4 in naturnah bewirtschafteten Wäldern normal
9Schürfstellenfrische Schürfstellen in Wirtschaftswäldern häufig, alte Schürfstellen selten und unabhängig von der Anzahl erhalten
10Höhlen, allgemeinunabhängig von der Anzahl erhalten
11Specht- und Asthöhlenunabhängig von der Anzahl erhalten
12Ausgehöhlte Stämmeunabhängig von der Anzahl erhalten
13Höhlen mit Mulmkörperdurch Erhalt von Initialstadien ermöglichen und erhalten
14HöhlenetagenHöhlenbäume sind gesetzlich geschützt (§ 39 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) und müssen erhalten werden.
15Rindentaschen ohne Mulmmindestens 5 Rindentaschen mit oder ohne Mulm (Minimalgröße ≥ 5 cm Breite und ≥ 2 cm Tiefe) erhalten
16Mulmtaschenmindestens 5 Rindentaschen mit oder ohne Mulm (Minimalgröße ≥ 5 cm Breite und ≥ 2 cm Tiefe) erhalten
17KletterpflanzenbäumeBäume mit mindestens 2 m3 Bewuchs von Moosen, Flechten oder Kletterpflanzen erhalten ohne Schwellenwert
18Wassertöpfekeine Empfehlung, da im Wirtschaftswald häufig
19Krebsbildungen und Maserknollenerhalten ohne Schwellenwert
20Horstbäumegenereller Erhalt notwendig

Das Handbuch belegt mit Forschungsergebnissen, dass viele Mikrohabitate nur in seit langem unbewirtschafteten Wäldern vorkommen, während sie in Wirtschaftswäldern sehr selten bzw. gar nicht vorhanden sind. Deswegen spricht das Handbuch sehr häufig die Empfehlung aus: „Unbedingt erhalten!“

Dies gilt beispielsweise für Baumschwammbäume; das sind Bäume, die vom Rotrandigen Baumschwamm besiedelt sind. Sie kommen in Wirtschaftswäldern überhaupt nicht vor: Deshalb: „alle mit dem Rotrandigen Baumschwamm besiedelte Bäume erhalten“! Erhalten werden sollen auch Bäume mit Blitzrinnen, alte pilzbesiedelte Schürfstellen, alle Höhlenbäume, Specht- und Asthöhlen, Mulmhöhlen, Moose-, Flechten- und Kletterpflanzenbäume, Wassertöpfe, Krebsbildungen und Maserknollen.

Ausblick

Wenn Förster auf Baummikrohabitate achten und sich an die Empfehlungen des Praxishandbuchs halten, schützen sie die Vielfalt der Waldarten und dürfen ihre Bewirtschaftung mit Fug und Recht naturnah nennen. Trotzdem hat die Arbeit mit Mikrohabitaten auch ihre Nachteile und Schattenseiten. In einem der kommenden Artikel widme ich mich diesen dunklen Seiten der Mikrohabitate.

 

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