Einleitung
NLF ist die Abkürzung für Niedersächsische Landesforsten. Auf dem Papier wirtschaftet der landeseigene Betrieb nach dem LÖWE-Programm. LÖWE steht für “langfristige ökologische Waldentwicklung”. Die 32-seitige Hochglanzbroschüre “Das LÖWE-Programm. 20 Jahre langfristige ökologische Waldentwicklung” ist ein Lippenbekenntnis, an das sich niemand hält. Der Text ist ein Musterbeispiel für Forst- und Holzmärchen, wie sie Hans Bibelriether, ehemaliger Leiter des Bayrischen Nationalparks, anprangert.
Der landeseigene Betrieb misshandelt die Wälder rund um den Göttinger Stadtwald, so z. B. auch den Staatsforst Reinhausen südlich der Borheckstraße. Im dortigen Buchenwald fand im Frühjahr 2013 ein Holzeinschlag statt. Dort hat man die einzigartige Gelegenheit, direkt gegenüber zwei gegensätzliche Bewirtschaftungskonzepte mit eigenen Augen vergleichen zu können:
- im Norden die ökologische Waldbewirtschaftung durch das Forstamt Göttingen
- im Süden den Raubbau der NLF.
Grenze des Stadtwalds an der Borheckstraße, x = Holzeinschlag durch NLF
Einschlag im Staatsforst Reinhausen
Die folgenden 4 Fotos zeigen den Holzeinschlag im Staatsforst Reinhausen. Man sieht zwei Sägerundholzpolter in der Mitte und zwei Rückegassen rechts und links davon. Die Fotos zeigen in der Reihenfolge von links oben nach rechts unten:
- linke Rückegasse
- Holzpolter mit Rückegasse links und rechts
- rechte Rückegasse
- Blick von der rechten Seite
Bei diesem Einschlag werden folgende drei Probleme augenfällig:
1. Übererschließung
Die beiden Rückegassen sind viel zu eng beieinander. Während der Göttinger Forstamtsleiter Martin Levin plant, den Rückegassenabstand von derzeit 40 m auf zukünftig 60 m zu vergrößern, beträgt der Abstand bei den NLF nicht einmal 20 Meter. So geht wertvoller Waldboden für immer verloren: Rechnet man mit einer Breite von 5 m pro Rückegasse, so gehen bei 20 m-Abständen pro ha 5 x 5 m = 25 m, d. h. ein Viertel der Fläche verloren. Das Risiko, Bäume am Rand der Rückegassen zu beschädigen und deren Wurzeln zu zerquetschen, verdoppelt sich, wenn Rückegassen statt in 40 in 20 m Abstand angelegt werden. Zu dieser Übererschließung kommt hinzu, dass parallel zur Straße eine gut 20 m breite Schneise kahlgeschlagen wurde.
Das verstehen die für den Bodenschutz “sensibilisierten” NLF unter “schonender Behandlung” des Bodens (LÖWE-Programm, S. 6). Wohlgemerkt: Die NLF wehren sich mit Händen und Füßen, wenn es um die Einrichtung von Naturwäldern und Nationalparks geht. Immer mit dem Argument: Es stehe angesichts der hohen Nachfrage nach Holz nicht genug Wald zur Verfügung.
2. Übernutzung
Die gefällten Buchen sind weit von der Zielstärke von 60-65 cm (Brusthöhendurchmesser) entfernt, bei der sie laut LÖWE-Programm gefällt werden sollen (LÖWE-Programm, S. 16). Da der Preis von Holz mit der Dicke deutlich zunimmt (vgl. Preise auf dem Holzmarkt), werden die Buchen zu früh gefällt und unter Wert verkauft. Auf den Fotos muss man die starken alten Buchen mit der Lupe suchen. Der Wald ist löchrig wie ein Schweizer Käse, der Holzvorrat ist geringer als 300 Vfm/ha.
Verkauft wird das Buchenholz an den “Marktführer für Buchenschnittholz” Pollmeier. Dieser kontrolliert laut Forstamtsleiter Levin 30-40% des Buchenholzmarkts und drückt die Preise. Levin nennt Preise von nur 67 € pro Festmeter. Das ist nur wenig mehr als die 58 €, die man für Brennholz bekommt. Die NLF verscherbeln die Buchen zu Dumpingpreisen.
3. Bodenvegetation
Durch den Einschlag und das Rücken der gefällten Bäume wurden die empfindlichen Frühblüher am Waldboden massiv geschädigt. Während es im übrigen Wald grünt und blüht, hinterlässt der Einschlag eine verwüstete Fläche aus aufgerissenem oder verdichtetem Boden und Holzabfällen. Leider zählen Buschwindröschen, Scharbockskraut und Bärlauch nicht zu den “seltenen und bedrohten Pflanzenarten” (LÖWE, S. 18).
Vergleich zwischen Göttinger Stadtwald und NLF
Die folgende Gallerie mit 10 Fotos zeigt links jeweils ein Foto aus dem Göttinger Stadtwald und rechts ein Foto vom Einschlag der NLF direkt gegenüber:
Holzeinschlag durch das Göttinger Forstamt
Gerne wird von den Förstern der NLF argumentiert, Verwüstungen wie oben dargestellt seien trotz “schonender”, “behutsamer”, “bestandes- und bodenpfleglicher Erntetechnik” (LÖWE, S. 30) leider unvermeidlich. Dass dies eine Lüge ist, beweisen Bilder einer Durchforstung durch Waldarbeiter des Göttinger Forstamts. Sie wurde durchgeführt in einem jungen Buchen-Eschenmischwald nördlich des Naturwalds Wallmannsort. Der Wald ist gemischt hauptsächlich aus Stangen- (BHD 7-20 cm) und Baumholz (BHD 21-49 cm). Dieser Einschlag wurde tatsächlich so schonend ausgeführt, dass man als Spaziergänger die Baumstümpfe zunächst gar nicht sieht. Fällungs- und Rückeschäden sind nicht zu entdecken. Die Bodenflora aus Frühblühern (Buschwindröschen und Scharbockskraut) wurde überhaupt nicht verletzt.
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