Faktencheck: Jörg Müller

Der Große Eichenbock – Opfer der Forstwirtschaft

Für die Resignation von Müller gibt es viele Gründe. Einer lautet Cerambyx cerdo, der Große Eichenbock.

Cerambyx cerdo male b 090703

2015 hat Müller zusammen mit anderen Wissenschaftlern einen Aufsatz veröffentlicht, der den bezeichnenden Titel trägt: Der Zusammenhang zwischen dem Aussterberisiko von Totholzkäfern und der ökologischen Zerstörung von Wäldern in Europa. ((Sebastian Seibold, Roland Brandl, Jörn Buse, Torsten Hothorn, Jürgen Simon Thorn, Jörg Müller, Association of extinction risk of saproxylic beetles with ecological degradation of forests in Europe; in: Conservation Biology, Volume 29, No. 2, 2015, S. 382 – 390, Übersetzung von mir)) Darin heißt es über den Eichenbock:

“Das Entfernen der alten Bäume schädigte einerseits Arten, die totes Holz mit einem großen Durchmesser brauchen, und andererseits Arten mit großem Körper. Sie benötigen totes Holz mit einem Mindestdurchmesser, sodass es Lebensraum für einen Zeitraum bietet, der lang genug ist, damit die Larven ihre Entwicklung abschließen können. Ein Beispiel für einen solche Art mit einem großen Körper, der Holz von großem Durchmesser (> 60 cm) braucht, ist Cerambyx cerdo. Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dieser Bockkäfer als ein weit verbreiteter Schädling an alten Eichen angesehen, aber wegen des Verlust von solchen altersschwachen Eichen ist er nun vom Aussterben bedroht.” ((a. a. O., S. 388, Hervorhebungen und Übersetzung von mir))

In Bayerns Wäldern wurde dieser Schädling von der Forstwirtschaft ordnungsgemäß ausgerottet. Auch im Forstbetrieb Ebrach kommt diese Urwaldreliktart ((zu Urwaldreliktarten siehe Jörg Müller u. a., Urwaldrelikt-Arten – Xylobionte Käfer als Indikatoren für Strukturqualität und Habitattradition, in: Waldökologie online, Heft 2, Freising 2005, S. 112)) natürlich nicht mehr vor. Nur im Bamberger Hain sind es “einige uralte Stieleichen”, ((Georg Sperber, Asylstätte für bedrohte Arten inmitten der Stadt, in: LWF aktuell 56/2007, S. 39)) die dem Forstflüchtling ein letztes Asyl gewähren. Der Käfer ist ein “Zombie”, er zählt zu den “lebenden Toten”. ((zum Fachbegriff “living dead” siehe Thibault Lachat, Christophe Bouget, Rita Bütler and Jörg Müller, Deadwood: quantitative and qualitative requirements for the conservation of saproxylic biodiversity, in: Daniel Kraus and Frank Krumm (Hg.), Integrative approaches as an opportunity for the conservation of forest biodiversity, European Forest Institute, 2013, S. 93)) Mit dem Verschwinden der letzten altersschwachen Eichen wird auch er sterben.

In dem oben zitierten Aufsatz hat Müller zusammen mit den anderen Autoren zum Schluss eine Bitte an die Forstwirtschaft:

“Basierend auf unseren Ergebnissen schlagen wir vor, dass die Menge von totem Holz mit großem Durchmesser erhöht werden sollte […]” ((Association …, S. 388))

Die Menge von solchem Totholz im Forstbetrieb Ebrach dürfte in Grafenau für hysterisches Gelächter sorgen:

 

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