Holzhacken im Hallopark

Der Hallopark liegt zwischen den Essener Stadtteilen Stoppenberg und Schonnebeck. Er ist eine kleine städtische Grünanlage – nur 30 ha groß. Dort wurden im April 2013 hunderte junge und auch einige alte Bäume gefällt.

Holzstapel im Hallopark

 

Ich gliedere diesen Bericht in 3 Abschnitte:

  1. Vorstellung des Halloparks
  2. Kritik des WAZ-Berichts über den Holzeinschlag
  3. Kritik des Holzeinschlags

 

1. Der Hallopark

Im nördlichen Teil des Parks wächst auf einem Hügel ein 5 ha kleines Wäldchen mit einigen alten imposanten Bäumen. 3 ha im Zentrum sind von Rasen bedeckt – die größte zusammenhängende Rasenfläche Essens:

Rasen

 

Östlich der ausgedehnten Rasenflächen gibt es einen schmalen Streifen mit jungen Bäumen, gerade mal 50 m breit und 300 m lang. Daran schließt sich im Süden ein winziges Wäldchen an, nur 80 m lang und 50 m breit (siehe rote Umrandungen). Und in diesem Wäldchen und dem schmalen Streifen neben der Wiese hat Grün-und-Gruga-Essen gemäß dem Wirtschaftsplan 2013 für den Stadtbezirk VI im April 2013 ungefähr 250 junge und einige alte Bäume gefällt:

Karte_Hallopark

 

2. Kritik des WAZ-Berichts über den Holzeinschlag

Am 20.4.2013 berichtet Lokalredakteur Marcus Schymiczek über diesen Holzeinschlag in der WAZ unter dem Titel “Der Wunschwald“. Schymiczek interviewt zu diesem Zweck Prof. Dubbel, der das Leitbild des  “Erholungs-Dauerwalds” für Grün-und-Gruga-Essen ausgearbeitet hat. (Alle im folgenden kursiv gedruckten Worte sind original aus dem Artikel.)

Dubbel hat Recht mit seiner Aussage, dass ohne menschlichen Eingriff am Hallo ein Buchenwald wachsen würde. Warum er das verhindern und künstlich die “Artenvielfalt” fördern will, erklärt er nicht. Erstens ist Artenvielfalt kein Wert an sich, zweitens ist ein naturnaher Buchenwald alles andere als artenarm und drittens wurde die beiden Waldstücke ganz überwiegend mit einer einzigen Baumart bepflanzt: Bergahorn.

Dubbel ist ein typischer Förster. Und Förster können eines nicht: den Wald “einfach wachsen lassen”. Denn dann “wuchert” das Grün “wie Unkraut”. Für einen Förster eine ganz schreckliche Vorstellung!

Förster leiden an Kontrollzwang: Sie bestimmen, welcher Baum “auserwählt” ist und “überleben” darf und welcher nicht. Sie sind die Herren des Waldes. Sie misstrauen der Natur: Die würde nämlich die falschen Bäume überleben lassen. Förster sind Besserwisser: Sie wissen es besser als die Natur. Und besser als die Umweltschützer, die so dumm sind und und ein “Herz für Bäume” haben und sich “grämen”, wenn Bäume gefällt werden.

Förster leiden am Helfersyndrom: Ständig müssen die auserwählten Bäume “inspiziert”  und beim Wachstum unterstützt werden. Ständig müssen sie Bäume fällen, die an den Auserwählten “zu nah dran” stehen. Förster sind Workoholics: Rastlos und unermüdlich streifen sie umher auf der Suche nach dem nächsten Baum, den sie fällen, oder am besten gleich nach dem nächsten Wald, den sie “umbauen” müssen.

Förster gehen immer nach der neuesten Mode: Vor 100 Jahren waren Fichtenforste der letzte Schrei. Ganz Deutschland haben sie damit gepflastert. Aber das hat dann irgendwie wegen Kyrill und dem Borkenkäfer nicht so gut geklappt. Jetzt ist “Erholungs-Dauerwald” angesagt. Und wer weiß? Wenn das in “60-80 Jahren” dann schief geht, pflanzen sie überall Douglasien an.

Und Förster sind Umweltschützer. Sie haben den Naturschutz quasi für sich gepachtet. Sie sind die wahren Experten für Nachhaltigkeit. Und sie sind Meister der Selbstdarstellung: Selbst wenn sie Hunderte von Bäumen fällen und panzerbreite Schneisen in die Wälder schlagen, schaffen sie es, einen Lokalredakteur davon zu überzeugen, dass sie “vorsichtig” und “behutsam” mit den Bäumen umgehen.

 

3. Kritik des Holzeinschlags

Ich kritisiere 3 Dinge. Der Holzeinschlag ist

  1. naturfern,
  2. unwirtschaftlich und
  3. fördert er nicht die Erholung der Parkbesucher.

3.1 Holzeinschlag ist naturfern

Grün-und-Gruga behauptet, ihre Art der Waldbewirtschaftung sei naturnah. Diese Aussage ist falsch.

In dem 80 mal 50 m breiten Wäldchen am südlichen Rand des Halloparks an der Langemarckstraße wurden vor gut 30 Jahren Bergahornbäume aus der Baumschule künstlich angepflanzt. Einige wenige Hainbuchen und Vogelkirschen sind auch dabei. Die Bäume stehen sehr eng nebeneinander. Würde der Förster nicht eingreifen und die Natur einfach in Ruhe lassen, würden die kräftigen Bäume die schwächeren Bäume überwachsen und ihnen das Licht rauben. Die schwächeren Bäume würden an Lichtmangel sterben. Dieser Prozess würde Jahrzehnte dauern. Am Ende des natürlichen Ausleseprozesses stünde dort ein winziges Wäldchen mit einigen wenigen hohen und mächtigen alten Bäume und jeder Menge totem Holz am Waldboden.

Aber: Förster können die Natur nicht in Ruhe lassen. Deshalb haben sie jetzt radikal eingegriffen und sage-und-schreibe 112 junge Bäume gefällt. Die meisten davon waren junge Bergahornbäume. Die Positionen habe ich mit GPS vermessen: Jedes blaue Fähnchen markiert einen Baumstumpf:

Karte_Hallo

 

Diese “Durchforstung” ahmt gerade nicht die natürliche Selektion nach. Stattdessen werden die Bäume gezielt auf wertvolles Holz hin ausgesucht. Deshalb werden z. B. sogenannte “Protzen” entfernt: Diese sind zwar vital und konkurrenzstark, haben aber viele Äste. Und viele Äste führen zu schlechtem Holz. Oder sogenannte “Zwiesel”. Diese haben eine Baumgabel und folglich 2 Spitzen. Auch das führt zu schlechtem Holz. So entsteht ein Wald, der gerade nicht natürlich ist. Es geht um die industrielle Produktion von Holz.

3.2 Holzeinschlag ist unwirtschaftlich

In die Mitte des Wäldchens wurde eine 4 m breite Schneise getrieben. Auf dieser Rückegasse wurden mit einem 15 t schweren Forstrückeschlepper die Baumstämme abtransportiert. Dadurch wurde der Waldboden verdichtet und kaputt gemacht. Wurzeln von Bäumen, die neben der Rückegasse stehen, werden abgerissen oder geschädigt.

Rueckegasse

 

Da das Wäldchen nur 50 m breit ist, zerstört die Rückegasse nahezu 10 % der Bestandsfläche. Auf einem Zehntel der Fläche wird in der Zukunft kein Baum mehr wachsen. Grün-und-Gruga arbeiten notorisch unwirtschaftlich. Selbstverständlich hätte man die Bäume auch so fällen können, dass sie auf den benachbarten Wanderweg oder den Bürgersteig an der Langemarckstraße gefallen wären – dann hätte man die Rückegasse gar nicht gebraucht. Dieser forstwirtschaftliche Dilletantismus ist unter dem Fachbegriff “Übererschließung” bekannt.

Bei Grün-und-Gruga hat die Irrsinn mit den Rückegassen Methode: In dem schmalen Waldstreifen nördlich des kleinen Wäldchens wurde parallel zur großen Wiese und versteckt hinter einer Hecke eine 300 m lange und 5 m breite Rückegasse angelegt, die so fürchterlich aussieht, als sei sie von einem Panzer planiert worden:

 

Im rechten Winkel zu dieser Rückegasse wurden im Abstand von 40 m weitere Rückegassen freigeholzt. Diese sind sogar 6 m breit. Auch diese Rückegassen wären bei intelligentem Fällen überflüssig, denn das Wäldchen ist nur 50 m schmal:

 

Ohne Not hätte man mit dem Durchforsten auch noch ein paar Jahre warten können: Dann wären die Baumstämme dicker und der erzielte Verkaufspreis höher gewesen:

Preise

aus: Greenpeace, Der Stadwald Göttingen, Hamburg 2013, S. 40

Fast alle gefällten Bäume hatten einen Stammdurchmesser, der kleiner war als 30 cm. Der Unterschied zwischen 20-29 cm und 30-39 cm dickem Stammholz ist dramatisch: Nach Abzug der Erntekosten erzielt man für ersteres nur rund 10 €/Fm, für letzteres fast 50 €/Fm. Das Fällen von Stämmen unter 30 cm Stammdurchmesser ist eine Verschleuderung von kommunalem Eigentum.

3.3 Holzeinschlag verschandelt den Stadtpark

Die breiten Rückegassen sind vom Weg und von der Wiese aus deutlich sichtbar. Breite baumlose Schneisen durchziehen das zu einem Holzacker degradierte Wäldchen:

 

Der Holzeinschlag findet direkt im Rücken der Erholung suchenden Bürger statt:

Erholung

Und an den Wegrändern verschwinden schrittweise die alten Bäume. Hier wurde – ganz bestimmt aus Gründen der “Verkehrssicherheit” – eine schöne alte Hainbuche gefällt:

Hainbuche

 

Es ist eine Frechheit, wenn Dubbel den Bürgern zuzumutet, noch “60-80 Jahre” warten zu sollen, bis dieses Wäldchen im Hallopark “so vielfältig und gesund” ist, “wie es sich die Bürger wünschten”. In 60 Jahren sind wir alle tot!