Der Poledník (Mittagsberg)

Kommentar zum Informationsschild

Im Mittelpunkt des Informationsschildes steht der Orkan Kyrill. Damit führt es eine Form der Informationspolitik fort, die schon ein älteres und sehr viel einfacher gestaltetes Schild am Poledník kennzeichnete. Und für sehr lange Zeit muss dieses Schild das einzige dort gewesen sein:

Der Text lautet übersetzt:


Informationen über den Orkan Kyrill

  • Der Sturm verwüstete den Böhmerwald in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 2007.
  • Die im Böhmerwald gemessene Werte – manchmal 47 m/s, meistens aber um die 35 m/s.
  • Im Böhmerwald treten jedoch etwa fünfmal im Jahr Stürme mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 m/s auf, so dass es sich nur um einen “stärkeren Sturm” handelte.
  • In den letzten 25 Jahren war Kyrill der fünfte Orkan, den es im Böhmerwald gab.
  • Untersuchungen aus dem benachbarten Deutschland zeigen, dass alle zwei Jahre Stürme über 100 km/h auftreten, alle 3-5 Jahre ein Orkan der Stärke 11 und alle 30 Jahre ein sehr starker Orkan. Und die Intervalle werden kürzer.

Auffallend sowohl bei diesem älteren als auch bei dem neueren Schild ist, dass der Leser mit einer Fülle von Zahlen bombardiert wird, die er sich unmöglich merken kann  – so er sich denn überhaupt durch den Wust an Zahlen hindurchquält. Nicht nur, dass man sie nicht behalten kann, man kann sich auch keine klare und deutliche Vorstellung davon machen – oder können Sie sich die Unterschiede zwischen einem Orkan mit 47, 35 oder 30 m/s richtig vorstellen? Zurück bleibt der diffuse Eindruck, dass es damals ganz ganz schlimm gewesen sein muss und Kyrill für die unzähligen toten Bäume hier verantwortlich ist. Verstärkt wird dieser Eindruck durch großformatige Fotos, die an den Wänden einer Ausstellung im Aussichtsturm hängen und die alle große Flächen zeigen, auf denen Kyrill alle Fichten umgeworfen hat. Also: Kyrill war schuld!

Umso erstaunter war ich, als ich durch Zufall beim ziellosen Herumstöbern nach Informationen über den Poledník auf folgendes Foto stieß. Es wurde am 6. Juli  2011 aufgenommen. Noch über vier Jahre nach Kyrill standen die meisten Fichten am Poledník noch. Sie waren zwar abgestorben, aber sie standen noch. Und die Fichten, die am Boden liegen, wurden professionell gefällt. Es war nicht der Orkan, der sie umgeworfen hat. Klickt man die höchste Auflösung des Fotos mit 3.224 x 2.048 Pixeln an, erkennt man deutlich den sauberen Fällschnitt der Motorsäge an den Stubben.

Poledník (12)

Damit will ich nicht behaupten, dass Kyrill gar keine Fichten umgeworfen hat – die Windwürfe sind an den aufgeklappten Wurzeltellern gut zu erkennen. Aber nur bei einer kleinen Anzahl von Fichten ist das der Fall. Für den Tod der allermeisten Fichten war eben nicht Kyrill, sondern der Borkenkäfer verantwortlich. Das wird auch deutlich durch ein Informationsschild, was direkt neben dem Schild über Kyrill steht und das ich auf der nächsten Seite vorstelle.

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