Friederike und das Ende der Waldentwicklung
Bis 2018 hielt sich die NLP-Verwaltung peinlich genau an die Vorschriften des Nationalparkplans:
- “In der Naturentwicklungszone wird mit abgestufter Intensität und in Abstimmung mit der NW-FVA vorgegangen; größere Fichtenkomplexe sollen geschützt werden.
- An der Außengrenze (ca. 500 m-Streifen) erfolgt eine konsequente Bekämpfung zum Schutz gefährdeter Nachbarbestände.”1Nationalparkplan für den Nationalpark Harz 2011 – 2020, S. 77
Seit dem Orkan Friederike 2018 und den darauf folgenden zwei heißen Sommern ist alles anders: “Größere Fichtenkomplexe” in der Naturentwicklungszone werden nicht mehr geschützt. Die Borkenkäferbekämpfung beschränkt sich seitdem voll und ganz auf den Sicherungsstreifen. Frau Bauling gibt unumwunden zu:
Pfortenberg, Vordergrund geräumt und bepflanzt“Ab 2018 wurde fast ausschließlich im Borkenkäfersicherungsstreifen sowohl Sturmholz (“Friederike”) als auch Käferholz aufgearbeitet.”
Es geht nicht anders; die eigenen Fichten kann man nicht mehr schützen, es geht nur noch um die Fichten der Nachbarn. Was Frau Bauling nicht sagt: Die Konzentration aller Kräfte auf den Sicherungsstreifen geschieht nicht aufgrund eines Gesinnungswandels. Wenn man könnte, würde man. Aber man kann nicht. Nicht mehr. Es fehlt ganz einfach an Geld, an Personal und an Maschinen. Frau Bauling drückt das so aus:
“Es wird zunehmend schwierig, forstliche Planungs- und Vollzugsbegriffe für die Waldentwicklung auf den Nationalparkflächen anzuwenden, weil die Zielstellung eine andere ist als im Wirtschaftswald.”
Aber was meint Bauling, wenn sie schreibt, dass “die Zielstellung eine andere ist im Wirtschaftswald” und dass es “zunehmend schwierig” wird, “forstliche Planungs- und Vollzugsbegriffe für die Waldentwicklung auf den Nationalparkflächen anzuwenden”? Was ist denn die “Zielstellung”? Und wer “stellt” die Ziele?
Dreisageblocksberg, Vordergrund geräumt und bepflanztDer Satz oben ist in sich widersprüchlich: Wenn das Ziel im NLP ein anderes ist als im Wirtschaftswald, dann waren “forstliche Planungs- und Vollzugsbegriffe” immer schon falsch. Denn was ist ein Forst? Laut Kosmos Wald- und Forstlexikon “eine umgangssprachliche Bezeichnung für einen abgegrenzten, forstlich genutzten Wald (Wirtschaftswald).” Es ist nicht “schwierig, forstliche Planungs- und Vollzugsbegriffe” anzuwenden. Es ist falsch.2siehe dazu Waldentwicklung als Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung Peter Wohlleben schreibt dazu:
Ende der Waldentwicklung am Unteren GebbertsbergDie Verwalter des Nationalparks “sind nun leider keine Biologen oder andere ausgebildete Naturschützer, sondern Förster und Waldarbeiter und gehören damit zu der Gruppe, vor denen der Wald zukünftig eigentlich geschützt werden sollte. Das ist in etwa so, als würde man Metzger mit der Zusicherung, ihren Beruf auch weiterhin an den Tieren ausüben zu dürfen, für die Betreuung von Gnadenhöfen einstellen.” 3Peter Wohlleben, Der Wald – Ein Nachruf, S. 157
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