Der Zorn des alten Mannes

Umfrage: Wanderer finden Harz attraktiv

Im April 2018 hatte Dr. von Kortzfleisch eine Umfrage gefordert. Ein knappes Jahr später liegen die Ergebnisse vor. Am 13.2.2019 titelt der HK Umfrage: Wanderer finden Harz attraktiv. Autorin Natalie Bornemann übernimmt fast wortwörtlich die Presseerklärung des Harzklubs.

Ausgewertet wurden 409 Fragebogen:

“Teilgenommen haben 211 Frauen und 198 Männer in Altersgruppen von 20 bis 60 Jahren, wobei die über 60-Jährigen die größte Gruppe bildeten. Unter den Befragten waren 107 Tagesausflügler, 172 Übernachtungsgäste und 130 Harzer.”

Von Kortzfleisch wird mit dem Fragebogen nicht einverstanden gewesen sein. Zur Erinnerung:

“In einer großangelegten Umfrage sollten Touristen, aber auch Einheimische sozusagen zu ihrem Verhältnis zum Harz und speziell auch zu den Borkenkäferflächen befragt werden, und zwar ‘frei und unbeeinflusst’.”

In den allermeisten Fragen geht es überhaupt nicht um das “Verhältnis zum Harz”; es geht stattdessen um das Wandern: “Wandern Sie regelmäßig?”, “Wie lang ist etwa Ihre durchschnittliche Wanderstrecke?”, “Wie orientieren Sie sich beim Wandern?” usw. usf. etc. pp. Frage 12 ist typisch. “Wie bewerten Sie die folgenden Kriterien beim Wandern?” Die dann folgenden Kriterien haben mit dem Harz überhaupt nichts zu tun. Sie gelten für jede Wanderregion.

Die Borkenkäferflächen, um die es von Kortzfleisch vordringlich ging, spielen in keiner einzigen Frage eine Rolle. Bestenfalls bei Frage 13 “Im Vergleich zu anderen Wanderregionen schneidet der Harz gleich ab / besser / schlechter ab, weil …” hätten die Befragten die toten Fichten von sich aus erwähnen können. Das aber bleibt aus:

“54 Prozent der Befragten sehen im Harz keinen Unterschied zu anderen Wander-Destinationen. 31 Prozent sehen den Harz sogar im Vorteil ‒ die wichtigsten Gründe: sehr gute Beschilderung, schnelle Erreichbarkeit der Region. Acht Prozent sehen den Harz dagegen im Nachteil. Begründungen: Unterkünfte zum Teil nicht an Bedarf angepasst, kein Hatix [= Harzer Urlaubs-Ticket] im Westharz, kaum Wandervorschläge, ÖPNV unzureichend, zugewachsene oder zerfahrene Wanderwege.”

Wenn gut die Hälfte keinen Unterschied zu anderen Wanderregionen sieht, dann kann jeder Zweite genauso gut auch woanders Urlaub machen. Und selbst bei denen, die den Harz im Vorteil sehen, spielt kein Alleinstellungsmerkmal eine Rolle, sondern die “sehr gute Beschilderung”. Die Tourismusexperten werden sich die Haare raufen.

Garbage In, Garbage Out

Garbage In, Garbage Out gilt nicht nur für Computer, sondern auch für Umfragen. Wer dumme Fragen stellt und dumme Antworten vorgibt, bekommt am Ende dumme Ergebnisse.

Nur eine von 14 Fragen beschäftigt sich mit dem “Verhältnis zum Harz”: Frage 10 – “Was ist Ihre Motivation zum Wandern im Harz?” Das Ergebnis:

“92 Prozent der Befragten gaben an, zuallererst die Natur erleben und genießen zu wollen. 79 Prozent haben das Bedürfnis nach Aktivität und wollen etwas für die Gesundheit tun. Die Stempelstellen der Wandernadel sind bei 37 Prozent der Befragten ebenso beliebt wie das Erleben der Region und ihrer Traditionen. Immerhin 28 Prozent interessieren sich für die Wildnisentwicklung im Nationalpark oder wollen den Nationalpark erleben. Das Unesco-Welterbe war nur für 13 Prozent ausschlaggebend.”

Die Antworten sind nichtssagend. Was bedeutet es, wenn jemand ankreuzt: “Ich möchte Natur erleben / genießen.”? Ist ein toter Fichenwald Natur? Hätte er auch angekreuzt: “Ich möchte tote Fichten erleben / genießen.”? Stellen Sie sich vor, Sie unterhalten sich mit einem Urlauber und der sagt Ihnen: “Ich komme wegen der Natur in den Harz.” Würden Sie nicht nachfragen? “Was meinen Sie damit?” Oder stellen Sie sich vor, Sie sind am Torfhaus, unterhalten sich mit einem Urlauber und zeigen dann auf die toten Wälder am Brocken. “Kommen Sie deswegen in den Harz?” Was denken Sie, wenn der Urlauber antwortet: “Ja, ich genieße diese Natur!”? Warum fragt der Harzklub nicht direkt: Was sagen Sie zum Fichtensterben im Harz?

“Ich möchte Natur erleben / genießen.”

Die Umfrage schaut gerade nicht “dem Volk aufs Maul”, wie von Kortzfleisch es gefordert hatte. Sie führt keine Leitfadeninterviews. Sie lässt die Befragten nicht selbst antworten. Immer gibt sie die Antworten vor. So kann sich jeder das aus den Antworten heraussuchen, was ihm passt. NLP-Chef Pusch wird sich bestätigt fühlen durch die 92 %, die wegen der “Natur” in den Harz kommen. Und von Kortzfleisch wird darauf verweisen, dass nur 28 % wegen der “Wildnis” kommen.

“Wanderer finden Harz attraktiv.”

Es gibt eine Frage, die überhaupt nicht im Fragebogen vorkommt. Sie wäre so einfach zu stellen gewesen und sie hätte den Harzer Tourismusverein brennend interessiert: “Werden Sie wiederkommen?”

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