Urwald all inclusive

Ambivalenz gegenüber dem Urwald

Auf den ersten Blick liest sich mein Bericht über die Wanderung Welyka Uholka wie eine Lobeshymne. Aber in Wirklichkeit war und ist meine Haltung zum Urwald ambivalent und zwiespältig: Ein Teil von mir braucht die perfekte moderne Infrastruktur” der Tourismusindustrie: Straßen, Busse, Autos, Parkplätze.

So konnte ich die Wanderung Mala Uholka, die zweite von zwei ausgeschilderten Wanderungen in Uholka-Schyrokyj Luh, ((Brändli, U. -B.; Dowhanytsch J. (Red.) 2003: Urwälder im Zentrum Europas” Ein Naturführer durch das Karpaten-Biosphärenreservat in der Ukraine. Birmensdorf, Eidgenössische Forschungsanstalt WSL; Rachiw, Karpaten-Biosphärenreservat. Bern, Stuttgart, Wien, S. 91 ff.)) gar nicht machen, weil ich kein Auto hatte und nicht nach Mala Uholka kam. Sie haben richtig gelesen: Im Buchenurwald von Uholka-Schyrokyj Luh gibt es nur 2 – in Worten: zwei – Wanderwege. Aber ein Teil von mir erwartete ein gut ausgebautes Netz von Rundwanderwegen. Er erwartete Informationsschilder, Wegweiser und gut sichtbare Wegmarkierungen. Er wollte eine Wanderkarte und GPX-Dateien. Er war es leid, ständig über umgestürzte Bäume klettern zu müssen und den Weg nicht zu finden. Zusammengefasst: Ein Teil von mir wollte in der Ukraine eine touristische Infrastruktur wie beispielsweise am Lusen im Nationalpark Bayerischer Wald. Ein Teil von mir vermisste sogar oben an der Milchsteinhöhle einen Gasthof wie das Lusenschutzhaus.

Marco d’Eramo verdeutlicht, warum das Essen für Touristen so wichtig ist

Apropos Essen!

“Die Touristen sind meist abgeschottet vom Reiseland. […] Nur beim Essen, da hat man wirklich Kontakt mit dem Reiseland.” ((“Die Welt im Selfie” – Wie der Tourismus die Städte zerstört, Hervorhebungen von F.-J. A.))

Und wieder trifft d’Eramo einen wunden Punkt: Ich war wirklich “abgeschottet”. Selbst mit den anderen Bewohnern des Hotels “Silberparadies” hatte ich keinerlei “Kontakt”. Es waren alles Ukrainer. Und die sprechen kein Englisch. Wie sollte ich mit ihnen kommunizieren? Mit Händen und Füßen? Nur beim Essen hatte ich “Kontakt” mit den Hotelbesitzern Anna und Iwan. Um genauer zu sein: Ich hatte Blickkontakt. Denn außer “Guten Tag!” (Добрий день!, Dobryy denʹ!) und “Danke!” (Дякую!, Dyakuyu!) konnte ich nichts sagen.

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